Oft trügt der Schein
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Karim Taga: „Außerdem benötigen die Betriebe dringend ­breitflächig schnelles Inter­net: Rund ein Drittel sitzt hier immer noch vor ‚leeren Gläsern'.”
INDUSTRIAL TECHNOLOGY Redaktion 28.05.2021

Oft trügt der Schein

Der Digitalisierungsindex für Österreich liegt nahezu unverändert bei 35 von 100 Punkten. Trotz Corona-Schub.

WIEN. Ein Jahr Corona-Pandemie hat die Digitalisierung der österreichischen Unternehmen offenbar bei Weitem nicht so stark beschleunigt wie angenommen. Zwar hätten Großbetriebe, die Industrie, ferner einzelne Branchen wie Bildung, Kultur, Kommunikationswirtschaft und Tourismus einen wahren Digitalisierungsschub erhalten, doch – wiewohl Vorreiter – machten sie nur einen kleinen Teil des Gesamtbilds aus.

In anderen schwer betroffenen Branchen – Handel, Handwerk oder Logistik – hätten nur wenige durch weitere Digitalisierungsschritte den Betrieb aufrechterhalten. Im Handel etwa habe gerade einmal jedes zehnte Unternehmen verstärkt auf neue Online-Absatzkanäle gesetzt. Zu diesen Ergebnissen kommt der vom Telekommunikationsanbieter Drei bei Arthur D. Little Austria und marketmind in Auftrag gegebene neue Digitalisierungsindex 2021 für Österreich.

Großbetriebe werden besser

Für diesen aktuellen Digitalisierungsindex wurden vom Marktforschungsunternehmen marketmind 811 Unternehmen befragt – repräsentativ über alle Branchen und Betriebsgrößen für ganz Österreich; die Strategie- und Innovationsberatung Arthur D. Little Austria analysierte die Daten.

Der Index errechnet sich aus fünf Einzelfaktoren – von der IT-Ausstattung und Vernetzung, über Online-Präsenz und -vertrieb bis zur Arbeitsweise. Auf einer Skala von eins bis hundert misst er den Digitalisierungsgrad des Unternehmens. Heimische Großbetriebe erreichten dabei zuletzt einen durchschnittlichen Fortschrittsgrad von 54 Zählern, um 11 Punkte mehr als noch 2019. Bei Kleinstunternehmen hat sich der Wert mit 34 Zählern kaum verändert. In Summe ist damit der Digitalisierungsindex für Unternehmen in Österreich 2021, gegenüber vor der Pandemie, nur marginal von 34 auf 35 Punkte gestiegen.
Einen Digitalisierungssprung legte der Bereich Bildung hin, Anbieter von „Erziehung und Unterricht” hätten gezeigt, wie schnell Digitalisierung gehen könne. Nach einem Jahr Pandemie habe der Bildungssektor ein überdurchschnittliches Digitalisierungsniveau erreicht. Der am schwächsten digitalisierte Sektor ist, noch immer, das „Gesundheits- und Sozialwesen”. Digitale Transformation sei zwar auch hier angestoßen worden, aber schwächer als angenommen.

Aufholbedarf bei den Kleinen

Zweifelsohne habe laut Drei-CEO Rudolf Schrefl Corona in Österreich für einen Digitalisierungsschub gesorgt, jedoch: „Die knapp 20 Prozent der Betriebe, die man in Österreich grundsätzlich als digitalisiert bezeichnen kann, sind aber mit wenigen Ausnahmen Großbetriebe. Vielen Klein- und Kleinstbetrieben hat die Pandemie schwer zugesetzt.” Beim weiteren Ausbau setzt Drei auch auf die Unterstützung der Politik. „Die heimischen Telekombetreiber werden in den kommenden Jahren für die Anbindung der österreichischen Unternehmen an schnelles Internet drei Mrd. Euro investieren. Dafür benötigen wir faire rechtliche Rahmenbedingungen, die den 5G- Ausbau beschleunigen und nicht behindern”, so Schrefl.

KMU brauchen Unterstützung

Unternehmer wünschten sich bei der Digitalisierung vorrangig Umsetzungsberatung, eine schnellere Internetverbindung und verbesserte rechtliche Rahmenbedingungen. Speziell KMU könnten durch Unterstützung in diesen Bereichen Wissenslücken schließen und technische Rückstände verkleinern, so die Analyse. „ICT-Anbieter sollten eine flächendeckende, leistungsfähige Infrastruktur schaffen und ihre Angebote auf die Bedürfnisse von KMU zuschneiden. Die öffentliche Hand sollte existierende Initiativen weiter fördern und gleichzeitig neue innovative Programme einführen”, empfiehlt Karim Taga, Managing Partner von Arthur D. Little Austria. (hk)

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