Wien lockt – und die Betriebe kommen auch
© Moocon/Walter Oberbramberger
INDUSTRIAL TECHNOLOGY PAUL CHRISTIAN JEZEK 26.08.2016

Wien lockt – und die Betriebe kommen auch

International aktive Unternehmen wie Boehringer oder Hoerbiger wissen den Wirtschaftsstandort zu schätzen.

••• Von Paul Christian Jezek

Mehr als acht Jahrzehnte waren die Hoerbiger Ventilwerke in Wien Simmering zu Hause, einem der traditionsreichsten Industriebezirke Wiens. Vor vier Jahren wurde die Entscheidung getroffen, die bisher auf drei Standorte verteilten rund 500 Mitarbeiter der Forschung und Entwicklung, der Produktion, von Marketing und Vertrieb sowie IT und Management an einem neuen Standort in der Seestadt Aspern unter einem Dach zusammenzuführen.

Im Fall Boehringer wiederum ist die Inbetriebnahme für 2021 geplant; bis dahin werden in Wien 400 neue, hochqualifizierte Arbeitsplätze im Bereich der Biopharmazie geschaffen und während der Projekt- und Baustellenphase viele weitere. medianet sprach mit Philipp von Lattorff, General­direktor von Boehringer Ingelheim Wien, Johann Hipfl, Konzernleitung bei Hoerbiger, sowie mit Gerhard Hirczi, Geschäftsführung der Wirtschaftsagentur Wien.


medianet:
Boehringer Ingelheim investiert sehr viel Geld in Wien – wie geht es denn mit der neuen Anlage voran?
Philipp von Lattorff: Ab dem kommenden Jahr wird auf unserem Firmengelände in Wien Meidling und dem Areal südlich des Werksgeländes bis hin zur Südbahn eine der modernsten biopharmazeutischen Produktionsanlagen mit dazugehörigen Betriebsgebäuden entstehen. Derzeit befinden wir uns in der Detailplanung und rechnen mit Beginn der Bauarbeiten im ersten Quartal 2017.

medianet:
Auch für Hoerbiger beginnt in Aspern ein neues Kapitel in der Firmengeschichte …
Johann Hipfl: Der neue Hoerbiger-Standort bietet mit seiner campusartigen Architektur und einer hochmodernen Produktion ein höchst attraktives Arbeitsumfeld. Erstmals sind alle Mitarbeiter aus bisher drei Standorten in Wien unter einem Dach vereint.

Durch dieses zeitgemäße Arbeitsumfeld, durch die Nähe zu den Forschungseinrichtungen der Stadt und die leichte Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln binden wir ­Talente und Fachkräfte nachhaltig an unser Unternehmen.


medianet:
Immer mehr internationale Unternehmen siedeln sich in Wien an – 2015 wurde mit 175 Unternehmen erneut ein Rekord gebrochen. Was bedeutet das für Wien?
Gerhard Hirczi: Internationale Unternehmen bringen frischen Sauerstoff in die Wiener Wirtschaft – und davon profitiert Wien in vielerlei Bereichen. ­Allein die wirtschaftlichen ­Effekte, die die Ansiedlungen auslösen, sind enorm.

Sind die Unternehmen erst einmal in Wien verortet, geht unsere Zusammenarbeit weiter. Die intensive persönliche Betreuung ist wichtig, um ein weiteres Wachstum der Unternehmen am Standort Wien zu ermöglichen. Ein Erfolgsbeispiel hierfür ist das Unternehmen Lukoil, das am Ölhafen Wien die ehemalige OMV-Produktionsstätte für Schmiermittel übernommen und weiter ausgebaut hat.


medianet:
Wien hat sich im Wettbewerb um die neue Anlage gegen Singapur, Dublin und ­Biberach durchgesetzt. Was bringt die neue Anlage für den Standort Wien?
Von Lattorff: Mit der Entscheidung, in Wien eine großtechnische biopharmazeutische Produktionsanlage für Zellkulturtechnologie zu errichten, ist es uns gelungen, den Standort Wien nachhaltig abzusichern. In den kommenden fünf Jahren investieren wir mehr als eine halbe Mrd. Euro in dieses Projekt.

Für die Projektphase suchen wir derzeit Mitarbeiter für Produktion, Engineering, Quality und Infrastruktur. In der Anlage werden ab 2021 modernste Arzneimittel hergestellt werden.


medianet:
Was erwarten Sie vom neuen Standort?
Hipfl: Erfolgreiche Forschung und Entwicklung bilden das Fundament, das wir durch die langjährige Zusammenarbeit mit Universitäten und Fachhochschulen gelegt haben. Am neuen Standort werden wir diese nun durch die bestehende Nähe kontinuierlich ausbauen.

Der neue Standort wird langfristig die Wachstumsstrategie von Hoerbiger unterstützen, die eine Verdoppelung der Unternehmensleistung in den nächsten zehn Jahren vorsieht.


medianet:
Und Boehringer?
Von Lattorff: Zu den größten Herausforderungen des Projekts zählt einerseits ein gutes Verkehrskonzept, das auch eine bessere öffentliche Anbindung unseres Standorts im 12. Bezirk vorsieht; hier setzen wir stark auf die Kooperation mit der Stadt Wien und den ÖBB.

Auch die zeitgerechte Rekrutierung mehrerer Hundert hoch qualifizierter Mitarbeiter wird durchaus herausfordernd für uns.


medianet:
Warum ist Wien ein attraktiver Standort?
Hirczi: Wie bei vielen Dingen, macht es die Mischung. Dass Wien mit über 190.000 Studierenden einen großen Pool an qualifiziertem Personal bietet, aus dem die Unternehmen schöpfen können, überzeugt in vielen Entscheidungsprozessen.

Auch junge Unternehmen finden am Wiener Mix aus Kultur und Innovation Gefallen und machen Wien immer mehr zur als Start-up-City. Die Szene ist aktiv wie nie zuvor und zieht vor allem technologieaffine Gründer und Jungunternehmer an, die in Wien einen idealen Nährboden für die Entwicklung ihrer ­Geschäftsidee finden.

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