Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider
NICHTS ALS DIE WAHRHEIT. Die US-Strafverfolgungsbehörde FBI hat laut Reuters mit Lügendetektortests begonnen, um interne Presseinformanten auszuräuchern. Der Einsatz der „Polygraph Tests” fügt sich nahtlos in die härtere Gangart der Trump-Regierung gegen Whistleblower ein. Das Justizministerium hatte davor die Möglichkeiten erweitert, Journalisten hinsichtlich vermuteter Leaks vorzuladen und US-Geheimdienstchefin Gabbard will „aggressiv gegen aktuelle Leaker vorgehen”, gegen „Kriminelle”. Präsident Trump setzt kritische Medien mit Klagen und selektiven Pressebriefings unter Druck. Parieren sollen sie.
Weltweit bedrohen autoritäre Regime und wirtschaftlicher Druck die freie Berichterstattung. Nicht nur Figuren wie Trump und Ungarns Viktor Orbán versuchen, unabhängige Medien zu schwächen. Dabei steht viel auf dem Spiel. Die Kombination aus einer Bevölkerung, die dazu tendiert, die Filter der (linken? woken?) Presse gegen nachhaltige Eigenrecherche in den mit wirren Theorien gefüllten Filterblasen einzutauschen, und repressiver Politik entfaltet eine toxische Wirkung, die weit über das Trockenlegen der ohnehin zunehmend dürren Presselandschaft hinausreicht. Wo eine freie Berichterstattung unterdrückt wird, stirbt die Demokratie.
Irritierend ist auch das nicht enden wollende Vertrauen in Wahrheitsmaschinen. Lügendetektoren sind nur graduell verlässlicher als Daumenschrauben und Streckbänke. Die Ergebnisse der Polygraphen sind unbefriedigend, die Trefferquoten bestenfalls mittelmäßig. Wer die eigene Lüge glaubt, besteht, wer entspannt vor sich hinfabuliert, ebenfalls. Wer nervös ist, wird auffällig und die Fragetaktik beeinflusst die Ergebnisse maßgeblich. Das Psychologenpaar, das den Polygraphen in den 1920ern entwickelte, erfand übrigens auch „Wonder Woman” und ihr „Lasso der Wahrheit”, mit dem sie Geständnisse von Ganoven erzwingt. 100 Jahre später lebt der Mythos weiter. Der von Wonder Woman und jener des Polygrafen.
