Energiewende in der Automobilbranche
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MOBILITY BUSINESS Redaktion 19.05.2023

Energiewende in der Automobilbranche

Die Energiewende und ihre Folgen für die Autoindustrie waren Hauptthema beim Wiener Motorensymposium.

••• Von Moritz Kolar

Die Kraftfahrzeugbranche will nicht länger Buhmann sein: Mehr als 80 Vorträge auf dem 44. Internationalen Wiener Motorensymposium zeigten daher „den Lösungswillen der Branche” zur Verringerung der Treibhausgasemissionen, wie Bernhard Geringer, Leiter des Instituts für Antriebe und Fahrzeugtechnik an der Technischen Universität Wien, in seiner Eröffnungsrede betonte.

Das ausgebuchte Symposium mit mehr als 1.000 hochrangigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus aller Welt fand ­kürzlich in der Wiener Hofburg statt.

Auf unterschiedlichen Pfaden

„Die Zukunft ist elektrisch”, sagte Christoph Starzynski, Leiter Entwicklung e-Drive und Electric Vehicle Architecture bei Mercedes-Benz. Alle Neuentwicklungen bei Mercedes ab 2025 werden einen rein elektrischen Antrieb haben, auch bei der Sportwagentochter AMG. Starzynski: „Wir haben einen klaren Führungsanspruch bei der Elektrifizierung und Digitalisierung. 2039 wollen wir komplett klimaneutral sein.” Auch die VW-Gruppe sieht für sich eine technologische Vorreiterrolle in der Elektro-Mobilität. Thomas Schmall, Technikvorstand des Autobauers, zeigte jedoch auch den enormen Aufholbedarf von Europa bei der Batterie, dem wichtigsten und teuersten Teil von Elektromobilen. Sie kommt heute zu mehr als 95 Prozent von asiatischen Herstellern, die sich auch den Zugriff zu den wichtigsten Rohstoffen wie Lithium, Nickel und Kobalt gesichert haben.

Batteriekapazitäten aufbauen

In Europa „müssen wir aufpassen, dass wir den Anschluss finden”, sagte Schmall. Keine leichte Aufgabe angesichts der enormen Förderungen im Rahmen des Inflation Reduction Act für Batterieproduktionen in den USA sowie der niedrigen Stromkosten in China, wie Schmall zeigte. Während die Batteriemodulkosten pro Kilowattstunde damit künftig in den USA und in China 127 USD (aktuell 115 €) betragen dürften, sind in Europa 178 bis 189 USD (162 bis 172 €) zu erwarten. VW investiere Milliarden in den Aufbau einer eigenen Batterieproduktion samt Zellentwicklung. Die erste Zellfabrik in Salzgitter, Deutschland, soll 2025 in Betrieb gehen.

Ende des Kleinwagens?

„Der noch höhere Preis von Elektro- gegenüber Diesel- oder Benzin-Versionen bedeutet für uns, dass es bis auf Weiteres kein batterieelektrisches Modell geben wird”, sagte hingegen Seat-Technik-Vorstand Werner Tietz. Seat-Kunden würden den höheren Preis für Elektroautos nicht akzeptieren. Außerdem „können wir nicht zeitgleich bei zwei Marken in die Elektrifizierung investieren, daher liegt der Fokus derzeit auf Cupra.”

Wayne Griffiths, Vorstandsvorsitzender von Seat und Cupra, kündigte an, dass die Marke Cupra bis 2030 voll elektrisch sein wird. Die von der EU vorgesehene neue Abgasnorm Euro7 sieht Griffiths kritisch. Sie bringe einen geringen Gewinn für die Luftqualität, verteuere aber Verbrennungsmotoren um rund 2.000 €. Kleinwagen, die meistgekauften Autos in Europa, könnten wegen Euro7 vom Markt verschwinden.

Toyota plant den Wunderakku

Auch Toyota sieht sich mit der Einführung des Prius, des ersten Hybridautos, vor 25 Jahren als Pionier des elektrifizierten Fahrzeugantriebs. Mehr als 20 Mio. Hybridautos hat Toyota seitdem verkauft, erzählte Gerald Killmann, Senior Vice President für Einkauf, Forschung und Entwicklung bei Toyota Motor Europe, in Wien. Die Hybrid- sowie Plug-in-Hybridtechnologie werde bei Toyota weiterhin eine wichtige Rolle zur Senkung der CO2-Emissionen spielen.

Durch die weitere Verwendung der preisgünstigen Nickelmetallhydrid- neben Lithium-Ionen-Batterien soll der Kaufpreis erschwinglich bleiben.
Zudem will Toyota um das Jahr 2025 eine Feststoffbatterie in einem Hybridauto auf den Markt bringen. Wegen ihrer hohen Sicherheit und Energiedichte (Verdoppelung der Reichweite) gilt sie als „Wunderakku”.
Die Serienreife gestaltet sich jedoch schwieriger als erwartet. Der japanische Autohersteller arbeitet außerdem an der nächsten Generation der Brennstoffzellentechnologie.

Natur als Vorbild

2030 umfasst das Verkaufsziel von Toyota acht Mio. elektrifizierte Fahrzeuge, darunter 3,5 Mio. batterieelektrische. Daneben entwickelt Toyota Verbrennungsmotoren für Wasserstoff oder CO2-neutralen Kraftstoff wie Bioethanol.

Killmann fordert eine Bereitschaft zur Diversifikation in der Energie- und Antriebstechnologie – und nimmt sich die Natur als bewährtes Vorbild: „Nicht ein Tier oder eine Pflanze, sondern die Vielfalt ermöglicht das Leben auf der Erde.”

Regenerative Energie

„Zuversichtlich nach vorne” blickte Stefan Hartung, Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH. Als einer der weltweit größten Autozulieferer gab sich Hartung in Wien ähnlich wie Vertreter asiatischer Autohersteller überzeugt: „Der Antrieb wird keineswegs überall gleich sein. Die Antriebe müssen den rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen der einzelnen Regionen entsprechen – und sie müssen bezahlbar sein.”

Helmut Eichlseder, Vorstand des Instituts für Thermodynamik und nachhaltige Antriebssysteme an der Technischen Universität Graz, sah in seiner Schlussrede „die Bereitstellung regenerativer Energie” entscheidend für alle Antriebe. Zusammen mit der dafür nötigen Infrastruktur sei das eine „Mammutaufgabe”.

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