Rückrufe steigen
© Volkswagen
Mit den Nachrüstungen für Diesel-Autos des VW-Konzerns soll deren Stickoxid-Ausstoß deutlich reduziert werden.
MOBILITY BUSINESS Redaktion 29.10.2021

Rückrufe steigen

Aktuelle CAM-Studie: Wegen Sicherheitsmängeln müssen die Hersteller ihre Autos immer öfter in die Werkstätten rufen.

BERGISCH GLADBACH. Wegen Sicherheitsmängeln an Autos sind dem Branchenexperten Stefan Bratzel zufolge zwischen 2011 und 2020 allein in den USA 331 Mio. Fahrzeuge in die Werkstätten zurückgerufen worden – „das heißt, es wurden mehr als doppelt so viele Fahrzeuge zurückgerufen als im gleichen Zeitraum an Neuwagen verkauft wurden”. Fast 49 Mio. Rückrufe 2020 und im ersten Halbjahr 2021 „zeigen dabei keine Trendumkehr, sondern verstärken den Negativtrend”, schrieb er in einer Studie.

Verschiedene Ursachen

Das Risiko großer Rückrufaktionen sei durch marken- und modellübergreifende Plattformen und Gleichteile sowie globale Produktionsnetze erheblich gestiegen. „Dadurch kann ein spät entdeckter Fehler im einem Baukastenmodul zu millionenfachen Fahrzeugrückrufen führen”, erklärte Bratzel vor wenigen Tagen.

Ursachen für die wachsenden Qualitätsprobleme seien auch die zunehmende technische Komplexität der Autos sowie kürzere Entwicklungszeiten wegen des scharfen Wettbewerbs und hohen Kostendrucks. „Insgesamt ist bereits abzusehen, dass Probleme rund um das Batteriesystem sowie Softwareprobleme erheblich zunehmen werden”, warnte Bratzel.

Massive Airbag-Probleme

Das Center of Automotive Management (CAM) analysiert seit 2005 jährlich die Rückrufe der großen Autokonzerne am Beispiel USA. Der US-Markt sei wegen seiner Größe, der scharfen Sicherheitsrichtlinien und des hohen Klagerisikos ein aussagekräftiger Indikator für die Produktqualität der Autokonzerne, so die Studie.

Im ersten Halbjahr 2021 seien General Motors, Ford und Daimler mit zusammen 9 Mio. Rückrufen besonders hart betroffen gewesen; der Hauptgrund waren Airbag-Probleme. Ende August rief GM zudem alle Chevrolet-Bolt-Elektroautos wegen des Risikos von Batteriebränden zurück und bezifferte die Kosten dafür mit einer Mrd. USD (862 Mio. €).

Autos „wie Bananen”

Im Langzeitvergleich seit 2011 schnitt laut CAM-Studie Honda mit einer Rückruf-Quote von 332% schlecht ab, gefolgt von Mitsubishi, Fiat-Chrysler und Mazda. BMW (219%) lag ebenfalls über dem Durchschnitt. GM, Daimler (201%), Toyota, Ford und VW (173%) landeten im Mittelfeld. Die niedrigsten sicherheitsbedingten Rückrufquoten hatten Tesla, Jaguar-Land Rover, Volvo und Nissan.

Sicherheitstechnische Rückrufe seien allerdings nur die Spitze des Eisbergs. Die Produktherstellung mancher Autobauer gleiche einer Banane, sagt Bratzel: „Das Produkt reift erst beim Kunden”, kritisierte der Experte. (APA)

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