Weniger verkaufen, aber mehr verdienen
© APA / AFP / Patrik Stollarz
MOBILITY BUSINESS Redaktion 03.06.2022

Weniger verkaufen, aber mehr verdienen

Die 16 größten Autohersteller haben im ersten Quartal trotz Absatzrückgängen Rekordgewinne eingefahren.

WIEN. Wer meinte, dass die Automobilbranche angesichts von Lieferkettenunterbrechungen, der anhaltenden Chipkrise und dem Krieg in der Ukraine unweigerlich in eine veritable Krise steuern wird, muss sich vorerst noch gedulden. Zwar haben die 16 größten Autokonzerne der Welt im ersten Quartal um elf Prozent weniger Fahrzeuge verkauft, als noch im Vergleichszeitraum des Vorjahres, bei Umsatz und Gewinn erzielten sie allerdings deutliche Zuwächse, wie eine aktuelle Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY zeigt.

Chinesischer Markt bricht ein

Demnach haben die Hersteller im ersten Quartal ihre Erlöse um sieben Prozent steigern können und einen operativen Gewinn von insgesamt 34,1 Mrd. € eingefahren – um 19% mehr als im ersten Quartal 2021. Der Wert entspricht dem höchsten je in einem Quartal erwirtschaftete Gewinn.

Die stärksten Absatzeinbußen verzeichneten die Unternehmen in China, wo die Verkäufe um 17% einbrachen und mit weiteren Rückgängen zu rechnen ist, wie Axel Preiss, Leiter Advanced Manufacturing & Mobility bei EY, erklärt: „Die strengen Lockdown-Maßnahmen in China setzen den Neuwagenabsatz massiv unter Druck. Zurzeit sind auch keine Lockerungen in Sicht, deswegen drohen am chinesischen Markt auch in den kommenden Monaten weitere Absatzrückgänge. Problematisch auch für europäische Betriebe ist die eingeschränkte Produktion vor Ort – die hat nämlich auch Folgen.”

VW ist Umsatz-Champion

Deutliche Absatzrückgänge gab es laut EY auch in den USA (minus 16%) und in Westeuropa (minus zwölf Prozent). Spitzenreiter beim Umsatz war Volkswagen mit Erlösen von 62,7 Mrd. €, dicht gefolgt von Toyota mit 62,2 Mrd. €.

Tesla hat die höchste Marge

Die höchsten Gewinne verzeichneten Volkswagen (8,3 Mrd. €), Mercedes-Benz (5,2 Mrd. €) und Toyota (3,6 Mrd. €). Bei den Gewinnmargen hatte hingegen erneut Tesla die Nase vorn: Der kalifornische Elektroautobauer erzielte eine Marge von 19,2% und lag damit vor Mercedes-Benz (15,0%), Volkswagen (13,3%) und BMW (10,9%).

Premiummodelle boomen

„Die hervorragenden Zahlen im ersten Quartal sollten nicht von der extrem angespannten Lage in der Autoindustrie ablenken”, erklärt Axel Preiss. „Tatsächlich sind die Lieferketten zurzeit eine große Bedrohung für die Branche. Die gute Umsatz- und Gewinnentwicklung ist vor allem auf die hohe Nachfrage zurückzuführen, wegen der die Hersteller zurzeit kaum noch ­Preisnachlässe gewähren müssen.”

Von dieser Ausnahmesituation profitieren vor allem Anbieter im Premiumsegment, so Preiss: „Hochpreisige Neuwagen verkaufen sich bestens, Premium-Anbieter fahren derzeit Traummargen ein.” Am Fokus auf Premiumfahrzeuge dürfte sich vorerst wenig ändern, erwartet Preiss, wobei sich die Schwerpunkte weiter von Verbrennern auf elektrifizierte Fahrzeuge verlagern.

Drohen stürmische Zeiten?

„Elektroautos werden zunehmend profitabel, und gerade in gehobenen Preisklassen kommen viele neue, attraktive Elektroautos auf den Markt”, so Preiss. Die Nachfrage und Preisbereitschaft sind hoch.”

Das Premiumsegment dürfte zudem am wenigsten unter der erwarteten weiteren Konjunkturabschwächung leiden, erwartet der EY-Manager: „Die Konjunkturprognosen sind derzeit alles andere als rosig. Steigt die Inflation, sinkt die Kaufkraft. Auch die Unsicherheit über die weitere Entwicklung etwa bei der Energieversorgung ist groß. Die Autohersteller sollten sich daher auf stürmische Zeiten vorbereiten.” (red)

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