Wenn Straßen zum Lebensretter werden
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MOBILITY BUSINESS Redaktion 14.06.2024

Wenn Straßen zum Lebensretter werden

Aktueller Dekra Verkehrssicherheitsreport zeigt: Eine gut ausgebaute Straßeninfrastruktur kann Leben retten.

Um sicher von A nach B zu kommen, braucht es unter anderem eine funktionierende, sichere Verkehrswegeinfrastruktur. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO werden aktuell bis zu 50 Mio. Menschen jährlich bei Straßenverkehrsunfällen verletzt, rund 1,2 Mio. davon tödlich. „Die Ursachen sind vielfältig. Oft spielen aber die Gestaltung und der Zustand der Straßeninfrastruktur eine negative Rolle – als mitverursachende Faktoren oder indem sie die Unfallfolgen vergrößern”, so Jann Fehlauer, Geschäftsführer der Dekra Automobil GmbH, vor wenigen Tagen bei der Vorstellung des Dekra Verkehrssicherheitsreports 2024 „Verkehrsräume für Menschen” in Berlin.

Komplexe Herausforderungen

Mehr denn je steht demnach die Straßeninfrastruktur im Spannungsfeld unterschiedlichster Ansprüche. Hinzu kommt der rasante Wandel im Mobilitätsverhalten in vielen Teilen der Welt. Weiterentwicklungen in den Bereichen Sensorik, Rechnerleistung und Akkukapazität haben neue Mobilitätsformen hervorgebracht oder bisherige revolutioniert. Der Wandel vollzieht sich dabei schneller, als Anpassungen der Infrastruktur möglich sind.

Sicherheit steht im Fokus

„Angesichts dieser komplexen Herausforderungen sind die sorgfältige Planung und Umsetzung entsprechender Maßnahmen wichtiger denn je, um Unfälle möglichst ganz zu vermeiden oder zumindest ihre Folgen zu minimieren”, so Fehlauer.

Die Anforderungen an die Straße sowie den zugehörigen Seitenraum hängen dabei von vielen Parametern ab – etwa vom Zweck der Straße, von der erwarteten Verkehrsstärke und vom Modal Split, also der Nutzung der Straße mit verschiedenen Verkehrsmitteln.
Nicht zuletzt spielt es auch eine Rolle, wer die Kosten für Planung, (Um-)Bau und Unterhalt trägt, wie es im Dekra-Report heißt. „Aber egal, ob Infrastruktur für den Mischverkehr ausgelegt ist, wie Orts- und Landstraßen, oder ob sie bestimmten Gruppen an Nutzenden vorbehalten ist, wie etwa Fußgängerzonen, Radschnellwege oder Autobahnen: Die Sicherheit muss immer im Fokus stehen”, betonte Fehlauer.

Road Safety-Plan der UN

Dass es in diesem Punkt noch eine Menge zu tun gibt, zeigt ein Blick auf die Statistik. Zwar sank in der EU die Zahl der Verkehrstoten zwischen 2010 und 2021 um 32,8% von 29.600 auf 19.900. Im Jahr 2022 erhöhte sich die Zahl aber wieder auf knapp 20.600, für 2023 geht die EU von rund 20.400 Verkehrstoten aus. Eine Prognose über die weitere Entwicklung ist momentan kaum möglich. „Aus heutiger Sicht dürfte aber das von der WHO wie auch von der EU selbst gesteckte Ziel, die Zahl der Verkehrstoten im Zeitraum 2021 bis 2030 zu halbieren, schwierig zu erreichen sein”, führte Fehlauer aus. Er verwies in diesem Zusammenhang auf den „Global Plan for the Second Decade of Action for Road Safety 2021-2030” der Vereinten Nationen.

Ambitionierte Zielvorgaben

Darin sind zwölf freiwillige Leistungsziele festgelegt, von Bedeutung in Sachen Infrastruktur sind dabei insbesondere die Ziele 3 und 4. Gemäß Zielvorgabe 3 sollen bis 2030 alle neuen Straßen für alle Verkehrsteilnehmenden technische Standards erfüllen, die der Verkehrssicherheit Rechnung tragen oder eine Drei-Sterne-Bewertung oder besser erreichen. Und laut Zielvorgabe 4 sollen bis 2030 mehr als 75% der Fahrten auf Straßen erfolgen, die technische Standards für alle Verkehrsteilnehmenden erfüllen und der Verkehrssicherheit Rechnung tragen.

Global betrachtet, erreicht in diesem Punkt aktuell jedoch nur etwa ein Fünftel der Straßen für zu Fuß Gehende, Radfahrende und Aufsassen motorisierter Zweiräder mindestens das Drei-Sterne-Rating.

Eigenes Handeln entscheidend

Der Report listet in weiterer Folge auch einige weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit auf. Bei allen Optimierungsmaßnahmen dürfe aber nach Ansicht des Dekra Automobil-Geschäftsführers eine wesentliche Maßgabe nicht vergessen werden: „Um gefährliche Situationen möglichst erst gar nicht entstehen zu lassen, sind und bleiben verantwortungsbewusstes Verhalten, die richtige Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und ein hohes Maß an Regelakzeptanz unerlässlich.”

Blick nach Österreich

„Aus dem jährlichen, sehr umfassenden Dekra Verkehrssicherheitsreport ergeben sich auch für uns in Österreich ganz wesentliche Erkenntnisse, Forderungen und Schlussfolgerungen für den so wichtigen Stakeholder-Dialog mit allen relevanten Playern im Verkehrsbereich. 2023 starben 390 Menschen auf Österreichs Straßen, und damit entsprechend unserer aller gemeinsamer ‚Vision Zero' – null Verkehrstote bis 2050 in der EU – genau 390 zu viel”, zieht Helmut Geil, Geschäftsführer von Dekra in Österreich, seine persönliche Bilanz. Weiters zitiert hier Geil den Beitrag des Geschäftsführers des Kuratoriums für Verkehrssicherheit, Christian Schimanofsky. Die Gestaltung der Infrastruktur sei entscheidend, um die Unfallschwere zu senken und die Sicherheit für alle – insbesondere der ungeschützten Verkehrsteilnehmenden – zu erhöhen. (red)

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