Eine Konjunktur à la „Wellblech”
© APA/Georg Hochmuth
IHS-Chef Helmut Hofer beim Pressegespräch am Donnerstag.
PRIMENEWS Redaktion 18.03.2016

Eine Konjunktur à la „Wellblech”

Österreich ist derzeit konjunkturell begünstigt durch die Sonderfaktoren Steuerreform, Flüchtlinge billiges Öl – in einem Quartal läuft es besser, in einem anderen schlechter.

WIEN. Österreichs Wirtschaft wächst heuer und nächstes Jahr wegen der gedämpften Weltkonjunktur etwas schwächer, als zuletzt gedacht. Das Wifo hat seine BIP-Prognose für 2016 und 2017 um je 0,1 Prozentpunkte auf 1,6% gesenkt, das IHS im gleichen Ausmaß auf 1,5%.

Wifo-Chef Karl Aiginger sprach von einer „Wellblech-Konjunktur”. Aiginger sieht Österreich derzeit konjunkturell begünstigt durch die Sonderfaktoren Steuerreform, Flüchtlinge und billiges Öl – in einem Quartal läuft es besser, in einem anderen schlechter. Auch der tiefe Euro und der EZB-Nullzins würden sich hilfreich erweisen. Ohne Sonderfaktoren läge das BIP-Wachstum nur bei knapp einem Prozent, wie Wifo-Ökonom Stefan Ederer am Donnerstag vorrechnete. Steuerreform und Flüchtlings-Ausgaben bzw. -Versorgung würden je 0,1 bis 0,2% zum BIP beitragen, in Summe ergebe das 2016 bis zu 0,4%.
Laut Aiginger herrscht in Europa „eine relativ breite Erholung”, die „aber schwach und holprig oder fragil” ist, weil sie von Quartal zu Quartal wechselt. Das für 2016 und 2017 angenommene BIP-Wachstum Österreichs von je 1,6% sei „doppelt so viel wie in den vergangenen Jahren”. Auch von der Erholung Ost­europas profitiere Österreich.

Zuzug „durchaus positiv”

Der Zuzug aus Mittel- und Osteuropa ist für den wirtschaftspolitischen Experten des IHS, Helmut Hofer, „durchaus positiv”, erlaube er doch Österreich ein stärkeres Wachstum. Die Liberalisierung der Arbeitsmärkte für den Osten sei „ein Potenzial; wenn man es nutzt, kann man mehr Jobs schaffen”, so Hofer. Laut Wifo dürfte die Arbeitslosenquote 2016 auf 9,5 und 2017 auf 9,8% steigen. Beim IHS ortet man einen Anstieg auf 9,4 sowie 9,8% – 2015 lag die Rate bei 9,1%. Von früheren Befürchtungen, dass die Zehn-Prozent-Marke überschritten wird, hat sich das Wifo mittlerweile verabschiedet. Auch 2015 sei der Anstieg nicht so stark wie erwartet gewesen, so Aiginger.

Die in Österreich um einen Prozentpunkt über der deutschen Teuerung liegende Inflation bezeichnete IHS-Experte Hofer als Gefahr für die heimische Wettbewerbsfähigkeit – dann, wenn dies in höhere Löhne und letztlich höhere Kosten für die Unternehmen eingehe.
Aiginger sorgt sich wegen der hohen Inflation um dadurch „begrenzte Konsum- und Wachstumsmöglichkeiten”. Grund dafür, dass die Inflation in Österreich mit 1,2% heuer und 1,8% 2017 dann schon das neunte und zehnte Jahr über jener in Deutschland liegen werde, seien „der öffentliche Sektor”, „direkt administrierte Preise” und „Verkrustungen.”„Mehr Wettbewerb” sei die wirksamste Maßnahme gegen die hohe Teuerung.
Die Steuerreform wird den Privatkonsum beleben, der nach zwei Jahren Stagnation auch 2015 kaum zulegte. Heuer sei durch mehr verfügbare Einkommen ein Plus um 1,4% zu erwarten, so das IHS; beim Wifo rechnet man sogar mit 1,8% Zuwachs. 2017 dürfte sich der ­Anstieg auf 1,2 (IHS) bzw. 1,4% (Wifo) verringern.
Die Exporte dürften – nach einer vorübergehenden Abschwächung in der ersten Jahreshälfte – laut Wifo wieder kräftig steigen, heuer erwartet man 2,7 und 2017 4,5% reales Plus bei den Warenexporten, das IHS rechnet mit 3,0 und 3,5% Zuwachs. (APA/red)

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL