Angespannte Zeiten treffen auf Chancen
© Messe München
FINANCENET REAL:ESTATE Redaktion 13.10.2023

Angespannte Zeiten treffen auf Chancen

Quo vadis, Immobilienbranche? Arnold Immobilien und EHL-Experten berichten von ihren Eindrücken auf der Expo Real.

••• Von Helga Krémer

Das schwache wirtschaftliche Umfeld auf den europäischen Immomärkten und die höchsten Zinsen seit mehr als zehn Jahren prägten auch die Stimmung bei der Expo Real. Besonders zurückhaltend sei die Branche laut EHL bei Investments, sowohl was den Start von Entwicklungsprojekten als auch den Erwerb von Bestandsobjekten anbelangt.

Außerdem auffällig: „Die Expo Real bestätigt in einer Zeit des Umbruchs, wie wichtig der persönliche Austausch für die Immobilienbranche ist”, erklärt Markus Arnold, CEO & Allein-eigentümer von Arnold Immobilien, der mit einem internationalen Team aus zehn Ländern und einem unverändert großen Messestand vor Ort vertreten war.
„Das Interesse ist generell vorhanden und zeigt sich auch in den über 450 Terminen, die wir vor Ort am Stand führen. In den Gesprächen bestätigt sich auch, dass, bedingt durch die aktuellen Herausforderungen, Objekte weiterhin deutlich länger und genauer geprüft werden”, meint Arnold und verweist auf die sehr verhaltene Stimmung speziell am deutschen Investmentmarkt. Wohingegen die Marktlage in den südeuropäischen Ländern deutlich besser ist als hierzulande. Sowohl Spanien, Portugal als auch Italien – Märkte, in denen Arnold Immobilien ebenfalls mit eigenen Niederlassungen vertreten ist – konnten die Investmentvolumina halten bzw. sogar ausbauen.
Arnold: „Die bisher auf der Messe geführten Gespräche geben Anlass zu vorsichtigem Optimismus, daher hoffen wir auf eine ähnliche Entwicklung wie nach der MIPIM in Cannes vergangenen März.” Dort habe man vielversprechende Verkäufe anbahnen können, von denen bereits viele abgeschlossen werden konnten. „Der Run auf handverlesene Top-Liegenschaften hat bereits begonnen”, so Arnold. Im besonderen Fokus stehen dabei Wohnimmobilien, solide Gewerbeimmobilien sowie attraktive Hotelinvestments.

EHL mit mehr Details

Im Bereich Office schlage sich die schwache Konjunktur aktuell etwas überraschend kaum in höherer Kostensensibilität der Büromieter nieder. „Mehr noch als unter der Konjunkturschwäche leiden die Unternehmen unter Recruitingproblemen und dem Mangel an kurzfristig verfügbaren, hochwertigen Büros an attraktiven Standorten, die beim Werben um gute Mitarbeiter eine wichtige Rolle spielen”, so Stefan Wernhart, Geschäftsführer der EHL Gewerbeimmobilien. „Übersiedlungswillige Unternehmen suchen derzeit selten größere, sondern fast immer qualitativ hochwertigere Flächen. Dafür werden auch zum Teil sehr beachtliche Mietpreise akzeptiert, und wenn gespart wird, dann eher an der Größe der Fläche.”

Wohnungen und Nachfrage

Neue Maßnahmen und Strategien erfordert der bereits stattfindende und sich weiter verschärfende Rückgang bei den Wohnungsfertigstellungen, auch auf internationaler Ebene.

„Die Leerstände bei Wohnungen sind im städtischen Bereich mittlerweile auf ein Rekordtief gefallen, es gibt also nur mehr einen geringen Puffer, um den aktuellen Nachfrageüberhang abzufedern”, sagt Karina Schunker, Geschäftsführerin der EHL Wohnen. „Es wird zu einer der wichtigsten Aufgaben, auch weiterhin genügend Wohnangebot verfügbar zu machen, trotz der aktuellen Herausforderungen am Markt.” Dies gelte an sich für ganz Europa, aber in Österreich sei die Situation doch noch deutlich schwieriger als in den meisten anderen Märkten.

Krisengewinner im Retail

Die hohe Inflation hat zu einem deutlich gestiegenen Preisbewusstsein und entsprechend geändertem Konsumverhalten geführt, das sich indirekt auch auf den Markt für Einzelhandelsflächen auswirkt. „Diskonter sind definitiv die großen Gewinner der aktuellen Situation, und dementsprechend verzeichnet das Segment der für Niedrigpreisanbieter geeignete Flächen die höchsten Zuwachsraten”, so Mario Schwaiger, Einzelhandelsspezialist bei der EHL Gewerbeimmobilien.

Ähnlich positiv die Entwicklung am anderen Ende des Spektrums, den absoluten Spitzenlagen: „Die globalen Luxuslabels leiden kaum unter der Kauf­krafterosion und diese betrachten das schwierige Umfeld daher eher als Chance, zu Flächen in Bestlagen zu kommen, auf die sie sonst vielleicht noch Jahre hätten warten müssen. Egal ob auf dem Kohlmarkt in Wien, der Maximilianstraße in München, der Champs Élysées in Paris oder der Via Condotti in Rom – hier findet die Krise nicht statt.”

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