Einheitliche Trends? – „Nichts Genaues weiß man nicht”
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IR-Präsident Georg Spiegelfeld (l.) und IR-Vizepräsident Andreas G. Gressenbauer erklären die neuen Immobilientrends.
FINANCENET REAL:ESTATE PAUL CHRISTIAN JEZEK 15.04.2016

Einheitliche Trends? – „Nichts Genaues weiß man nicht”

Zwischen Wohnungsnot und Leerstand – Der heimische Markt für Wohnimmobilien verzeichnet sehr heterogene Entwicklungen.

••• Von Paul Christian Jezek

WIEN. Auf dem österreichischen Immobilienmarkt häuft sich ein Sammelsurium gegensätzlicher Entwicklungen: „Silver Ager” verkaufen ihre Villen; Wohnungen im Hochpreissegment sind schwer verwertbar, hingegen herrscht im mittleren und unteren Segment in den Großstädten Wohnungsnot. Regionale Kleinstädte sind die Gewinner, sofern diese über eine ­öffentliche Anbindung verfügen.

Die Erhaltung der Bausubstanz von Zinshäusern könnte in 20 Jahren ein Problem werden. Im Osten ist es im Bereich rund um Gewerbeimmobilien ruhig, aber im Salzburger Tennengau entsteht mit dem Wissenspark das größte Bauprojekt Westösterreichs ...

„Silver Ager” sichern Wohlstand

In den nächsten Jahren werden in Wien und naher Umgebung verstärkt Villen auf den Markt kommen. Villenbesitzer, die schon in Pension sind und deren Kinder im Ausland leben und/oder kein Interesse am elterlichen Haus haben, meiden die hohen Sanierungs- und Investitionskosten, die zur Erhaltung notwendig sind. Die Werte­erhaltung des Hauses für die Familie rückt gegenüber dem persönlichen Wohlstand in den ­Hintergrund.

„Um ihren Wohlstand zu halten, planen viele, ihre Immobilie zu verkaufen und sich mit dem Geld in servicierte Residenzen einzukaufen oder einzumieten”, erkennt Immobilienring IR-Vizepräsident Andreas G. Gressenbauer einen neuen Trend. In Salzburg sei diese Entwicklung im Moment zwar noch nicht spürbar, aber das wäre nur eine Frage der Zeit.

Leerstand vs. Wohnungsnot

Über ein sehr großes Angebot verfügt der Markt der exklusiven Wohnungen im Bereich der 4 Mio.-€-Marke. „Hier sind Anfrage und Angebot nicht im Gleichklang”, sagt IR-Präsident Georg Spiegelfeld. „Es gibt nur sehr wenige Interessenten für hochpreisige Wohnungen, diese sind daher sehr schwer zu verwerten.” Verkäufer würden diese Wohnungen aber eher leer stehen lassen, um das Preisgefüge nicht zu stören. Auch Mietwohnungen jenseits der 2.000 bis 2.500 €-Grenze wären zurzeit nicht nachgefragt.

Spiegelfeld: „Im mittleren und unteren Bereich können wir in Wien und Graz bereits von einer extremen Wohnungsnot sprechen. Es werden nicht einmal halb so viele Wohnungen gebaut, wie benötigt werden.” Obwohl der starke Zuzug in Wien seit Längerem prognostiziert wurde, könne die gestiegene Nachfrage nicht kompensiert werden. Deshalb wünscht sich Spiegelfeld mehr Anreize, um privates Investment zu forcieren. „So könnten sich Bauträgergesellschaften gründen, die erschwingliche Wohnungen bauen.”
Eine verschärfte Situation zeigt sich in Salzburg; es wird geschätzt, dass es gleich viele leer stehende Wohnungen wie Wohnungssuchende gibt. Seitens der Politik gibt es deshalb Überlegungen zu einer Solidaritätsabgabe. Gressenbauer: „Salzburg Stadt verfügt über keine Bodenressourcen mehr. Es kann nur mehr an der Peripherie gebaut werden.” Aber auch dort seien Lebensqualität, Infrastruktur und Nahversorgung gut und private wie gewerbliche Bauträger aktiv.

Wie die Grenzen verschwimmen

Regionale Kleinstädte, mit Bahnanschluss, guter Nahversorgung und einem attraktiven Schulangebot verzeichnen vermehrt einen Zuzug der Wiener. „Homeoffice und dezentrales Arbeiten nehmen dem Pendeln den Schrecken”, erklärt Spiegelfeld den Trend.

Ist eine öffentliche Anbindung vorhanden, stellt auch die tägliche Fahrt zum Arbeitsplatz nach Wien kein Problem dar. „Regionale Städte sind lebenswert und bieten leistbaren Wohnraum”, so Spiegelfeld. Deshalb würde die Grenze zwischen Stadt und Land immer mehr verschwimmen und urbaner Lifestyle Einzug in ländliche Regionen halten.

Bausubstanz Zinshaus erhalten

Viele Wiener Zinshäuser wurden in den vergangenen Jahren von Grund auf saniert, die Wohnungen parifiziert und verkauft. Gerade in den Wiener Zinshäusern gibt es nun viele Miteigentümer, und Spiegelfeld befürchtet, dass sich in 20 oder 30 Jahren massive Probleme daraus ergeben könnten: „Häuser, die heute super saniert und schön sind, könnten bei der nächsten notwendigen Investition ein Problemfall werden. Wohnungskäufer sind Miteigentümer am gesamten Objekt. Bei einer Kreditaufnahme muss die Mehrheit der Eigentümergesellschaft zustimmen, und das kann schwierig werden. Wir brauchen dringend Lösungen, um einen Wertverfall zu vermeiden.”

In Salzburg sei die Situation laut Gressenbauer anders: „Die Gebäude sind in erster Linie aus dem 17. und 18. Jahrhundert und haben eine andere Eigentümerstruktur. Es gibt oft nur eine kleine Anzahl an Miteigentümern, welche die Wohnungen zudem meist selber nützen.” Solche, die als Mietwohnungen genutzt werden, würden des Öfteren leer stehen, da die Eigentümer mit den vorgegebenen Nutzungsbedingungen (Widmungen, Garagen, etc.) nicht einverstanden sind.

Ein Blick auf die Gewerbeimmos

„Im Osten Österreichs ist die Situation ruhig”, erklärt Spiegelfeld. Es gäbe zwar größere Übersiedlungen in neue Gebäude, etwa durch Zentralisierung von Organisationen, aber kaum Neubau. Erst für 2017 sieht Spiegelfeld wieder das Entstehen neuer Flächen.

Im Handel herrsche zwar ein Verdrängungswettbewerb, aber grundsätzlich sei die Welt hier „noch in Ordnung”. In Salzburg liege der Leerstand bei rund fünf bis sieben Prozent, berichtet Gressenbauer. Es würden keine großen Einheiten gebaut, da in Salzburg keine Flächen vorhanden sind.
Das Interesse internationaler Investoren an Österreich und im Speziellen an Wien ist noch immer ungebrochen – vor allem Bürohäuser und Fachmarktzentren sind nach wie vor gefragt. „Fachmarktzentren nur auf die grüne Wiese zu stellen, ist vorbei”, erklärt Gressenbauer. In Salzburg werde nur nahe von Ballungszentren in entsprechende Größen mit guten Ankermietern investiert.

Weniger DINKS, mehr Singles

Waren im Westen Österreichs bei der IR-Maklerbefragung im ersten Quartal 2015 noch vorwiegend DINKS (= Double Income, no Kids) und Familien auf Wohnungssuche, hat sich das im ersten Quartal 2016 völlig geändert. „Der Anteil wohnungssuchender Singles hat sich innerhalb eines Jahres beinahe verdoppelt”, so Gressenbauer.

Im Osten Österreichs stieg der Anteil, basierend auf einem bereits hohem Niveau, nur leicht.
Interessant und fast unerwartet entwickelt sich ein neues Kundensegment bei den IR-Maklern: Zunehmend mehr Studenten verlassen sich nicht mehr auf Soziale Netzwerke, sondern suchen im Netz oder wenden sich direkt an Makler. Spiegelfeld: „Vor allem Auslandsstudenten, die zum Studium nach Österreich ziehen, lassen sich bei der Wohnungssuche von lokalen Immobilienmaklern helfen.”

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