Österreicher fürchten sich nicht vorm Jobkiller KI
© APA/dpa/Matthias Bein
CAREER NETWORK Redaktion 18.04.2025

Österreicher fürchten sich nicht vorm Jobkiller KI

Randstad Österreich-CEO Bjørn Toonen attestiert den Arbeitnehmern eine Tendenz zur Vogel-Strauß-Taktik.

••• Von Alexander Haide

Alle Jahre wieder führt der internationale Personaldienstleister Randstad die Arbeitsmarktstudie „Employer Brand Research” durch und befragte dafür kürzlich mehr als 4.400 Arbeitnehmer in Österreich. Die Umfrage spiegelt die Attraktivität der 150 größten Arbeitgeber auf dem heimischen Markt wider, die mindestens zehn Prozent der Bevölkerung bekannt sind. Als Jahresschwerpunkt wurde heuer zusätzlich der Einsatz Künstlicher Intelligenz im Arbeitsleben untersucht, um den Status quo dieser Technologie am Arbeitsmarkt zu ermitteln und Rückschlüsse auf Trends zu ziehen. Für medianet analysierte Randstad-Österreich-Geschäftsführer Bjørn Toonen die Ergebnisse.


medianet:
Eine Erkenntnis der aktuellen Studie ist, dass sechs von zehn Österreichern kaum Auswirkungen durch KI auf Job und Leben sehen – ist das nicht sehr blauäugig gedacht?
Bjørn Toonen: Ich finde es gut, dass nicht jeder gleich in Panik verfällt. Es ändert sich viel, aber welche Auswirkungen das genau auf Jobs haben wird, ist noch schwer zu sagen. Wenn KI Verbesserungen der Produktivität bringen kann, wird sich einiges ändern.

Die Hälfte der Menschen hat bereits mit KI zu tun, die andere nicht und im Alltag arbeiten nicht viele Menschen mit KI. Ich bin jetzt seit vier Jahren in ­Österreich und mich hat die eher ablehnende Grundhaltung gegenüber Digitalem überrascht. Ich denke, man realisiert die Dimension hier noch nicht.


medianet:
Nur jeder 25. befürchtet, durch KI seinen Job zu verlieren. Wiegt man sich da nicht dennoch in einer falschen Sicherheit?
Toonen: Derzeit erwarten 67 Prozent Veränderungen im Beruf. Das ist noch immer wenig. Ich frage mich, ob das durch das Vertrauen in die eigene Anpassungsfähigkeit so gesehen wird, oder ob man hofft, dass es einen nicht betrifft.

medianet:
Können Sie abschätzen, wie viele Jobs durch KI wegfallen könnten?
Toonen: Bei Randstad beschäftigen wir uns intensiv mit diesem Thema, denn wir beschäftigen mehr als 600.000 Menschen weltweit. Für uns erlangt der Bereich der Umschulungen immer größere Bedeutung. Es ist klar, dass sich die Tätigkeiten verändern werden. Deshalb ist es wichtig, ausreichend Schulungen, Umschulungsmöglichkeiten und Weiterbildungen anzubieten. In diesem Bereich kooperieren wir in verschiedenen Ländern mit Arbeitsmarktagenturen. Wir konnten in meiner Heimat Holland schon vor Jahren beobachten, dass Mid-Office-Jobs, wie bei Steuerbehörden, Versicherungen und Banken automatisiert wurden und verschwunden sind. Das war erst der Beginn von dem, was mit KI auf uns zukommt.

medianet:
Ist die breite Masse der Österreicher digital ins Hintertreffen geraten?
Toonen: Da ist eine bestimmte Grundhaltung, dass Änderungen und der Verlust von Individualität befürchtet werden. Oder die Angst, was mit den persönlichen Daten passiert. Das ist meiner Meinung nach das Thema.

medianet:
In Holland ist Randstad auch für die Betreuung Langzeitarbeitsloser zuständig. Was kann Österreich lernen?
Toonen: Wir bekommen Geld dafür, damit sie so schnell wie möglich umgeschult und in Arbeit gebracht werden. Unser Zugang zu dem Thema ist wirtschaftlich darauf fokussiert, dass Betroffene einen Langzeitjob bekommen.

In diesem Bereich verpasst Österreich derzeit eine Riesenchance, denn unsere Branche der Personaldienstleister hat hier einen schlechten Ruf. Das ist schade, denn unsere Erfolgsquote ist unglaublich. Mit uns gäbe es einen Zugang zum Arbeitsmarkt, den es heute nicht gibt. Wir schicken Klienten nicht mit einem Bewerbungsschreiben los, sondern vermitteln sie an Unternehmen die wissen, dass sie der Expertise von Randstad vertrauen können.
In Holland kommen auch die besten Universitätsabsolventen als Mitarbeiter zu Randstad. Durch unsere internen Schulungen, das Onboarding und die Freiheit bei Entscheidungen und das Tragen von Verantwortung können sie später überall arbeiten. Wirklich überall.


medianet:
Was könnten Arbeitgeber tun, um Mitarbeitern die Angst vor KI zu nehmen?
Toonen: In erster Linie geht es um Offenheit und Transparenz. Man muss ganz klar kommunizieren, wohin die Reise geht. Was während der Reise passieren wird, wissen wir heute noch nicht, denn wo es bisher schrittweise Veränderungen gab, steigt die Geschwindigkeit von Veränderungen, wie bei der KI, heute exponentiell. Mitarbeiter sollen mitgestalten können.

Ein wichtiges Thema ist die Weiterbildung rund um KI und deren Einsatz im eigenen Job. Damit wird die Angst in ein Verständnis dafür übergehen, wie KI genutzt werden kann.
Ein anderes Thema ist die richtige Anerkennung von Leistungen. Der besonders langfristig wesentliche Aspekt ist, dass Mitarbeiter eine lange Zeit im Betrieb verbleiben. Die Zusammenarbeit von Mensch und KI wird in Zukunft auf jeden Fall neue Chancen eröffnen.


medianet:
Haben langzeitarbeitslose Babyboomer überhaupt noch eine Chance in einem KI-getriebenen Arbeitsmarkt?
Toonen: Es kommt darauf an, wie man im Leben steht. Wenn man flexibel ist, über Anpassungsfähigkeit verfügt und bereit ist, neue Dinge auszuprobieren und Innovationen anzunehmen, dann spielt das Alter keine Rolle. Deshalb passen alte Klischees nicht mehr. In vielen Unternehmen arbeiten heute vier Generationen. Sie zusammenzubringen ist sehr interessant, aber auch eine Herausforderung. Was mir in Österreich auffällt ist, dass es in der Managementebene vermehrt alte Männer gibt. Da hinkt Österreich gegenüber vielen Ländern hinterher.

medianet:
In Ihrer Studie haben Sie auch die Attraktivität von Arbeitgebern abgefragt und AVL List ist auf dem ersten Platz gelandet. Was macht AVL List besser als andere?
Toonen: Früher war ein attraktives Gehalt ausreichend. AVL List verfügt über ein Gesamtpaket zur Attraktivität. Dabei geht es Mitarbeitern heute um Innovationskraft, Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten, die Wertschätzung durch das Management, aber auch um die Sicherheit des Arbeitsplatzes. Die Generation Alpha wächst in einem sehr unsicheren Umfeld auf, deshalb erhält Sicherheit wieder einen großen Stellenwert.

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