Mehr Kreditkarte, weniger Trinkgeld
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PilotversuchIn einigen Falkensteiner-Hotels wird automatisch ein Aufschlag von zehn Euro pro Nacht und Zimmer als Pauschal-Trinkgeld verrechnet.
DESTINATION Redaktion 13.01.2023

Mehr Kreditkarte, weniger Trinkgeld

Wie können Gastro- und Hotelmitarbeiter die Ausfälle von Trinkgeldern kompensieren?

••• Von Alexander Haide

WIEN. Im Restaurant oder im Hotel bequem mit Kreditkarte und der Handy-App bezahlen oder PayPal & Co. bei Delivery-Bestellungen nutzen – viele Menschen haben längst Bargeld gegen bargeldlose Optionen getauscht. Doch was die Bequemlichkeit des einen ist, ist der Verlust des anderen. Denn viele Gäste „vergessen” dabei auf das Trinkgeld – das allerdings ein integraler Teil des Einkommens von Kellnern und Hotelmitarbeitern ist. „Das Trinkgeld ist an sich generell weniger geworden”, ortet Peter Dobcak, Fachgruppenobmann der Gastronomie der Wiener Wirtschaftskammer.

Es gibt Handlungsbedarf

Auch Bernd Schlacher, mit seiner Motto-Group Gastro-Zampano in Wien, beobachtet seit dem Ausbruch der Coronapandemie eine Zunahme bei Kartenzahlungen. „In Österreich wurde schon immer wenig Trinkgeld gegeben”, so Schlacher. „Die Gäste müssten wissen, dass das Trinkgeld ein Zeichen der Wertschätzung an die Kellner ist. Da gibt es sicher einen Handlungsbedarf.”

Abhilfe könnte jenes Modell sein, das in den USA längst gang und gäbe ist: Der automatische Aufschlag der „Tips” auf die Restaurant- oder Hotelrechnung. „In Amerika ist man das so gewohnt, bei uns gibt man Trinkgeld auf freiwilliger Basis. Möchte man das automatisch auch bei uns aufschlagen, müssten alle Betriebe mitziehen und es würde sich auch die Frage nach der Höhe des Aufschlags stellen”, skizziert Schlacher.
Eine absehbare Lösung der „Trinkgeld-Klemme” sieht der Unternehmer nicht: „Es müsste jemand den ersten Schritt machen und es müssten alle Betriebe mitmachen.” Zudem ergäbe sich das Problem der Besteuerung, wenn Trinkgelder nicht mehr auf freiwilliger Basis gegeben werden.

Pilotprojekt bei Falkensteiner

Die Falkensteiner Hotelgruppe testet seit einem knappen Jahr ein neues Modell einer freiwilligen Trinkgeld-Pauschale in einigen ihrer Häuser und berichtet von sehr positivem Feedback der Gäste und Mitarbeiter. Dabei werden pro Nacht und Zimmer zehn Euro Trinkgeld auf freiwilliger Basis verrechnet. Konkret: Gäste werden bereits vor der Anreise und dann erneut beim Check-in über dieses Modell ausführlich informiert und können es ablehnen.

„Trinkgeld ist in Österreich nicht Teil des Gehalts, sondern wird freiwillig vom Gast an die Mitarbeiter gezahlt und ist ein Zeichen für die Zufriedenheit mit dem Service. Das soll auch so bleiben. Für unsere Mitarbeiter ist es jedenfalls eine wichtige Wertschätzung. Sie machen jeden Tag einen tollen Job und tun alles, damit sich unsere Gäste in ihrem Urlaub wohl fühlen”, unterstreicht Erich Falkensteiner, Aufsichtsratsvorsitzender der Falkensteiner Michaeler Tourism Group.
Otmar Michaeler, CEO der FMTG, kann auch bereits eine positive Bilanz ziehen: „Mehr als 80 Prozent unserer Gäste begrüßen die Möglichkeit des unkomplizierten Trinkgeldgebens und geben oft auch mehr als die zehn Euro pro Zimmer und Nacht.”
Über die gerechte Verteilung der Trinkgelder wacht ein eigenes Trinkgeld-Komitee, das sich ausschließlich aus Mitarbeitern zusammensetzt. Diese entscheiden gemeinsam, nach welchem Schlüssel aufgeteilt wird.

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