Haushalte mit Kindern kaufen Weihnachtsgeschenke anders
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RETAIL Redaktion 18.12.2025

Haushalte mit Kindern kaufen Weihnachtsgeschenke anders

LINZ. Weihnachtseinkäufe werden in Analysen häufig aus der Perspektive einzelner Käufer betrachtet. Die ökonomische Realität ist jedoch komplexer. Eine aktuelle repräsentative Analyse des Instituts für Handel, Absatz und Marketing (IHaM) der Johannes Kepler Universität Linz zeigt: Weihnachtseinkäufe entstehen eingebettet in soziale und ökonomische Beziehungsgeflechte innerhalb von Haushalten. Besonders deutlich wird dies im Vergleich von Haushalten mit Kindern und Haushalten ohne Kinder.

Weihnachtseinkäufe sind keine Einzelentscheidungen
In der Analyse des Konsumverhaltens liegt der Fokus meist auf der Person, die den Einkauf durchführt. Rund um Weihnachten greift diese Perspektive jedoch zu kurz. Kaufentscheidungen entstehen im Zusammenspiel mehrerer Haushaltsmitglieder, die unterschiedliche Rollen übernehmen – von der Anstoßgebung über Einflussnahme bis hin zur finalen Kaufentscheidung.

In Haushalten mit Kindern wird dies besonders sichtbar. Kinder bringen Wünsche und Erwartungen ein und wirken als zentrale Einflussfaktoren. Erwachsene strukturieren Budgets, Zeitpunkte und Einkaufskanäle. Weihnachtseinkäufe sind damit Ausdruck koordinierter Entscheidungen innerhalb eines ökonomisch-sozialen Systems – nicht das Ergebnis isolierter Einzelakte.

Kinder erhöhen die Planungstiefe
In Haushalten mit Kindern wird die Vorweihnachtszeit deutlich strukturierter vorbereitet. Rund die Hälfte der Haushalte mit Kindern plant bereits im September, wer welche Geschenke erhalten soll, während dies in Haushalten ohne Kinder nur auf etwa ein Drittel zutrifft.

Mit dem eigentlichen Einkauf beginnen Haushalte mit Kindern zwar nicht unbedingt früher, nutzen jedoch Aktionstage gezielter. Besonders Black Friday hat sich als relevanter Einkaufsanlass etabliert: 47 % der Haushalte mit Kindern kauften an diesem Tag, gegenüber 25 % der Haushalte ohne Kinder. Auch am Marienfeiertag am 8. Dezember haben Haushalte mit Kindern häufiger eingekauft (33 % gegenüber 20 %). Die Gründe liegen in mehr Ruhe und gemeinsamer Zeit am Feiertag. Zeitliche Verfügbarkeit, gemeinsame Einkaufsgelegenheiten und Angebotsstrukturen wirken als Gatekeeper der Einkaufsentscheidungen in Familien.

Die Wahrnehmung des Einkaufs unterscheidet sich ebenfalls. Während in Haushalten mit Kindern Spaß und Freude überwiegen (55 %), empfinden Haushalte ohne Kinder den Einkauf häufiger als stressig (57 %).

Einfluss, Budget und Online-Käufe
Haushalte mit Kindern verschenken häufiger Gutscheine (54 % gegenüber 40 %) und kaufen Weihnachtsgeschenke deutlich öfter online (59 % gegenüber 44 %). 53 % der Haushalte mit Kindern bestellen bei Amazon, Haushalte ohne Kinder nur 37 %. Auch die asiatische Plattform Temu wird stärker genutzt (28 % gegenüber 15 %). Dies spiegelt die erhöhte Preissensibilität in Haushalten mit Kindern wider, in denen mehr Wünsche, mehr Einflussfaktoren und begrenzte Budgets zusammentreffen. Plattformen werden damit Teil der Kaufentscheidungen im Beziehungsgeflecht Familie.

54 % der Haushalte mit Kindern geben an, lokal einkaufen zu wollen, bestellen in der Praxis jedoch online. Solche Widersprüche ergeben sich aus Aushandlungsprozessen innerhalb des Haushaltsverbunds.

Mehr Beteiligte führen zu höheren Ausgaben
Die Ausgaben unterscheiden sich deutlich: Haushalte mit Kindern geben im Durchschnitt rund 420 Euro für Weihnachtsgeschenke aus, Haushalte ohne Kinder rund 360 Euro. Bei Kindern wird zu Weihnachten kaum gespart. Diese Unterschiede zeigen sich quer durch alle Einkommensschichten. Weihnachten erweist sich damit als koordiniertes Konsumereignis, bei dem mehrere Einflussfaktoren zu höheren Ausgaben führen.

Resümee
„Die Analyse zeigt klar, dass sich Haushalte mit und ohne Kinder im Weihnachtskonsum systematisch unterscheiden. In Haushalten mit Kindern ist der Geschenkeeinkauf stärker geplant, zeitlich gebündelt und deutlich häufiger an Aktionstage sowie Online-Kanäle gekoppelt. Diese Unterschiede lassen sich nicht durch Einkaufspräferenzen einzelner Haushaltsmitglieder erklären, sondern ergeben sich insbesondere aus der Dynamik mehrerer Beteiligter im Haushalt“, erläutert Dr. Ernst Gittenberger vom Institut für Handel, Absatz und Marketing.

„Weihnachten macht sichtbar, dass Konsumentscheidungen nicht isoliert getroffen werden, sondern in ökonomisch-sozialen Systemen entstehen. Kinder übernehmen dabei eine zentrale Rolle als Einflussfaktoren, während Erwachsene zwischen Ansprüchen, Budgets und Bequemlichkeit vermitteln. Für Handel und Marketing heißt das: Wer Nachfrage, Einkaufskanäle und Preisreaktionen realistisch einschätzen will, muss die ganze Familie in den Blick nehmen – nicht nur jene Person, die den Einkauf durchführt.“ (red)

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