Auf der Suche nach Simplizität
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IT-VisionärMaik Klotz ist Gründer von paymentandbanking.com sowie Berater, Sprecher und Autor zu den Themen Banking, Payment und Retail. Sein Twitter-Name spricht Bände: @klotzbrocken.
DOSSIERS Andre Exner 08.09.2017

Auf der Suche nach Simplizität

Im Interview: Digital-Finanzexperte Maik Klotz über die Bedürfnisse der ­Generation Y bei Anlage und Vorsorge.

••• Von Andre Exner

WIEN/SIEGEN. Eine fundierte und persönliche Beratung ist auch für Millennials das A und O, sagt Finanzexperte Maik Klotz. Er erwartet viele neue ­Investmentprodukte, die speziell auf die Zielgruppe Gen Y zugeschnitten sind.

medianet:
Welche Strategie raten Sie Finanzunternehmen, wenn sie die Generation Y ansprechen möchten?
Maik Klotz: Zunächst ist es wichtig, zu wissen, dass man von Menschen spricht, die fest im Leben stehen: Auch die jüngsten Mitglieder der Generation Y sind bereits volljährig. Jeder zweite von ihnen verdient schon Geld, und zwar gar nicht wenig – in den USA liegt ihr Durchschnittseinkommen bei 75.000 Dollar pro Jahr. Die Hälfte von ihnen hat schon Eigentum, viele sind schon verheiratet oder haben Kinder. Was diese Zielgruppen eint, ist, dass sie mit dem Smartphone groß geworden sind:

medianet:
Wie kommen die Finanzanbieter an diese Generation Smartphone heran?
Klotz: Was ist bei GAFA, also Google, Amazon, Facebook und Apple, gemein? Ich glaube, der gemeinsame Schlüssel zum Erfolg ist die Simplifizierung komplexer Dinge. Ein Smartphone mit nur ein oder zwei Knöpfen ist in erster Linie nicht stylish, sondern einfach. Und die Generation Y erwartet diese Simplifizierung in allen Bereichen.

medianet:
Entsprechende ­Tendenzen gibt es ja bereits. Wo steht da die Finanz­branche?
Klotz: Da sind manche Branchen weit vorn, die Finanzbranche noch weit hinten! Dass viele Online-Banking-Seiten noch immer so aussehen wie vor zehn Jahren, und sich Bankkunden lange Codes wie die IBAN mit 22 Stellen merken müssen, zeigt, dass es viel Nachholbedarf gibt, und innovative Lösungen besonders gefragt sind.

medianet: Wird auch die Beratung künftig ‚digitalisiert'? Oder braucht es immer den ­Berater aus Fleisch und Blut?
Klotz: Was das angeht, sind auch Gen Y konservativ – schließlich geht es um viel Geld. Ein Ansprechpartner ist wichtig. Ein Chatbot kann keine fundierte Anlageberatung bieten oder eine komplexe Immobilienfinanzierung abwickeln. Mittelfristig wird es also weiterhin persönliche Beratung mit Qualität brauchen. Wenn es um Bezahlungen und kleinere Summen geht, sind einfache und mobile Lösungen aber ­extrem gefragt.

medianet:
Haben Produkte wie Aktien, Sparbuch, Investmentfonds usw. nach wie vor die größte Attraktivität, unabhängig vom Alter der Zielgruppe? Oder braucht es für die Generation Y neue Produkte?
Klotz: Auf der Metaebene bleiben die Produkte gleich. Der Prozess wird aber immer mehr in den Hintergrund gedrängt, und die Produkte werden immer unsichtbarer.

medianet: Wird es Produkte speziell für die Generation Y ­geben? Beispielsweise nachhaltige Anlageprodukte oder Investments über Crowdfunding?
Klotz: Wir werden neue Produkte sehen, davon bin ich überzeugt. Vieles wird auch von den eingangs genannten GAFA kommen, die inzwischen Banklizenzen beantragt haben, weil sie schon sehr viele Kunden und einen guten Brand haben.

medianet:
Wie wichtig sind Brand und Image gerade für die Generation Y in Geld­angelegenheiten? Müssen neue Lösungen automatisch von bekannten Namen kommen?
Klotz: Gerade der Erfolg von N26 zeigt es, dass es auch neue und unbekannte Anbieter schaffen können – Mitglieder der Generation Y sind experimentierfreudig und probieren neue Produkte gern aus, auch wenn etwa die App bei Nichtgefallen gleich wieder gelöscht wird. Daher rate ich Anbietern von Finanzprodukten, innovativ zu sein – es zahlt sich aus!

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