••• Von Reinhard Krémer
Die meisten westlichen Aktienmärkte liegen seit Jahresbeginn satt zweistellig im Plus. „Der japanische Nikkei nähert sich der 25 Prozent-Marke, und der S&P 500 hat in den letzten Tagen neue Jahreshochs erreicht und damit den Aufwärtstrend bestätigt”, sagt Dieter Aigner, Geschäftsführer der Raiffeisen KAG. Trotzdem ist die Stimmung unter den Anlegern ziemlich schlecht. „Umfragen zeigen, dass viele Fondsmanager eine vorsichtige Strategie wählen. Informationen aus den Derivatemärkten zeigen uns, dass die Marktteilnehmer mehrheitlich auf sinkende Kurse setzen. Und viele Marktstrategen großer Häuser raten ihren Kunden zu einer Reduktion der Aktienquote”, so Aigner.
Diese Stimmung – oder das Sentiment – ist ein Einflussfaktor für die kurzfristige Einschätzung der Aktienmärkte. Dabei gilt: Je besser die Stimmung, desto wahrscheinlicher ist eine Korrektur. Je schlechter die Stimmung, desto eher sollte man kaufen.
Indikatoren verkehrt lesen
Es handelt sich also um einen Kontraindikator. „Das sind Informationen, die man mit umgekehrten Vorzeichen lesen muss. Insofern bestärkt uns das aktuell negative Sentiment in unserer positiven Einschätzung für die Aktienmärkte und in der davon abgeleiteten Übergewichtung von Aktien in den gemischten Fonds”, erklärt der Experte.
Es gibt allerdings noch weitere Argumente für eine gute Marktentwicklung in den nächsten Wochen und Monaten.
Die Inflation hat begonnen zu fallen und wird weiter zurückgehen. Die Notenbanken können daher in absehbarer Zeit auf weitere Zinsanhebungen verzichten.
Die Ertragslage der Unternehmen ist weiterhin gut, auch wenn aktuell die Wachstumsdynamik fehlt. „Und schließlich hält sich auch die Wirtschaft trotz des Gegenwinds höherer Zinsen gut, auch wenn es in Teilbereichen schon Rückgänge gibt. Insgesamt sprechen viele dieser Argumente nicht nur für Aktien, sondern auch für Anleihen”, sagt Dieter Aigner.
Anleihen heuer nur mau
Hier war die Entwicklung seit Jahresbeginn jedoch eher verhalten. „Das wird sich allerdings mit großer Wahrscheinlichkeit ändern. Sie sollten in der zweiten Jahreshälfte wesentlich besser performen als in der ersten”, sagt der Geschäftsführer der Raiffeisen KAG.
Die Renditen von Staatsanleihen tendierten zuletzt weiterhin seitwärts. Risikoprämien von Euro-Staatsanleihen (Italien, Spanien etc.; Anm.) taten dies ebenfalls. „Wir sehen insbesondere bei italienischen Papieren und auch bei US-Staatsanleihen Chancen und haben uns entsprechend positioniert. In Summe rechnen wir kurzfristig mit einer Risk-off-Phase an den Credit-Märkten, wovon Staatsanleihen relativ profitieren sollten”, sagt Aigner.
Unternehmensanleihen kühl
An den Credit-Märkten sind die Risikoprämien bei Euro-Investmentgrade-Anleihen im Mai moderat gestiegen, während Euro-High-Yield-Spreads sich kaum änderten. „Die zunehmend restriktivere Kreditvergabe, schwache PMIs und entsprechend zurückhaltende Investitionspläne des Unternehmenssektors deuten auf eine Abkühlung der wirtschaftlichen Dynamik und eine höhere Risikoaversion an den Finanzmärkten hin”, meint der Raiffeisen-KAG-Geschäftsführer. Vor allem in der Euro-Zone überraschten Konjunkturdaten im Mai stark negativ.
Aktien zeigen Muskeln …
Die internationalen Aktienmärkte präsentierten sich zuletzt sehr fest. „Im Bereich der Konjunkturvorlaufindikatoren sehen wir weiterhin ein zweigeteiltes Bild: Schwäche im verarbeitenden Sektor bei gleichzeitig sehr guter Aktivität im Dienstleistungsbereich. Trotz der freundlichen Kapitalmarktstimmung dürfte die Positionierung der Investoren unverändert vorsichtig sein”, rät Aigner.
… Lateinamerika ist günstig
Auch bei den Aktienmärkten der Schwellenländer sind dieses Jahr Technologieaktien die Gewinner – und das mit großem Abstand. „Die relative Performance gegenüber entwickelten Aktienmärkten kann das aber nicht retten, der Abwärtstrend ist weiterhin voll intakt. Die Bewertungssituation stellt sich nach wie vor recht positiv dar, ist aber wohl der niedrigen Wachstumsdynamik geschuldet. Insbesondere Aktien aus Lateinamerika wirken günstig”, so der Experte.
Die Rohstoffmärkte präsentierten sich zuletzt schwächer. Dies lag vor allem an der sehr schwachen Preisentwicklung im Energiebereich.
Rohstoffmärkte schwach
Auch die Reaktion auf die erneute Förderkürzung fiel auf den Märkten sehr verhalten aus. „Des Weiteren präsentierte sich der Bereich Edelmetalle zuletzt etwas schwächer, wobei die neuerlichen Renditeanstiege belasteten”, fügt Dieter Aigner hinzu.