Der letzte Sirtaki in Athen
FINANCENET reinhard krémer 30.01.2015

Der letzte Sirtaki in Athen

Börsen-Roundup DAX legt nach EZB-Entscheidung eine Rallye aufs Parkett, Griechenland bricht als Wahlfolge ein

Börsenerfolge im Herzen Europas sollten weitergehen – Experte setzt auf die „Grande Nation”.

Wien. Dass die QE-Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) Jubel bei den Börsianern hervorrufen würde, hatten viele erwartet. Dass aber vor allem der deutsche Leitindex DAX so heftig reagieren würde, war wohl kaum vorhersehbar. Er startete eine achttägige Gewinnserie, die den Index phasenweise um bis zu zehn Prozent beziehungsweise knapp 1.000 Punkte nach oben katapultierte, und stieg erstmals über 10.800 Punkte. Dabei spielten der gestiegene US-Dollar, der günstige Ölpreis – die Aktie der Lufthansa war deswegen mit Kursgewinnen von 2,99 Prozent einer der Favoriten der Anleger – und zuletzt eben die Billionen-Geldspritze der EZB eine Rolle.

Kurssalven an den Börsen …

Beschwingt kletterte auch der FTSE-Index der Londoner Börse um fast acht Prozent in die Höhe. Da konnte sich der Pariser CAC 40 natürlich nicht lumpen lassen und setzte mit rund neun Prozent Zuwachs noch eins drauf. Den Vogel schoss aber zweifellos der Eurostoxx 50 ab: Er feuerte vom 6. bis zum 26. Jänner eine 14-prozentige Kurssalve ab. Sogar der heimische ATX wurde vom Klima angesteckt und legte in wenigen Tagen um rund fünf Prozent zu.

… Dämpfer aus Athen

Etwas Ruhe an den Märkten kehrte ein, als der Fall-Out der Griechenland-Wahl mit dem überwältigenden Sieg der linksgerichteten Syriza die Märkte zwar mit Verspätung, aber dann doch, erfasste. Aber während es im Herzen Europas eher gemäßigt über die Bühne ging, schien man in Griechenland den letzten Sirtaki zu tanzen: Der Börsen-Leitindex ASE in Athen brach vorübergehend um satte 7,42 Prozent auf 725,20 Punkte ein. Hintergrund für den Kurssturz könnten die vor der ersten Sitzung des neuen Kabinetts bekannt gewordenen Pläne der neuen Regierung zum Stopp von Privatisierungen sein.

Freundliche Rentenmärkte

Außerdem hatte der nach einem Blitz-Bündnis mit einer Rechtspartei zum Premier bestellte Syriza-Boss Alexis Tsipras in seinem Kabinett mit dem Ökonomen Giannis Varoufakis, einem scharfen Kritiker der Sparpolitik, die Zuständigkeit für Finanzen gegeben, was Investoren weiter beunruhigte. Die Turbulenzen erfassten aber nicht nur den Aktienmarkt: Eine heftige Reaktion zeigte sich in Athen auch im Handel mit griechischen Staatsanleihen, die abgestoßen wurden. Bei Papieren mit einer Laufzeit von zehn Jahren sorgten die Verkäufe im freien Handel für einen Anstieg der Rendite um 0,92 Prozentpunkte auf 10,15 Prozent – das gleiche Niveau wie vor der Ankündigung des EZB-Kaufprogramms von Staatsanleihen.„Interessant wird das griechische Wahlergebnis auch im Hinblick auf Portugal und Spanien, wo im September bzw. Dezember ebenfalls Parlamentswahlen abgehalten werden”, sagt Gudrun Egger von der Erste Group. „Sollte Griechenlands neue Regierung tatsächlich Erleichterungen beim Schuldendienst erreichen, dann könnte dies der spanischen Protestpartei Podemos weiteren Auftrieb geben, weil sie ebenfalls Forderungen nach Schulderleichterungen erhebt.” Weitere Turbulenzen an den Börsen scheinen dann fast schon garantiert.Trotz aller Turbulenzen sind die Aussichten für Europa nicht so schlecht: „Für den Euro rechnen wir mit einer Fortsetzung der Abwertung gegenüber dem US-Dollar”, ist Johannes Müller von der Deutschen Asset & Wealth Management überzeugt. „Dies ist eine Unterstützung für die Unternehmensgewinne in der Eurozone und damit für den Aktienmarkt. Der Rückgang der Renditen am Rentenmarkt war neben der Spekulation auf EZB-Maßnahmen hauptsächlich durch rückläufige Inflationsraten und Inflationserwartungen bedingt; da sich dieser Trend kurzfristig nicht umkehren wird, erwarten wir auch noch weiter freundliche Rentenmärkte.”

Frankreich im Fokus

Anleger sollten heuer Aktien gegenüber Anleihen und die Eurozone gegenüber dem Rest der Welt bevorzugen, meint Jean-Charles Mériaux, Chief Investment Officer des französischen Investmenthauses DNCA Finance: „Zudem sollten sie abseits der derzeit überteuerten großen Namen inves-tieren.” Mériaux bevorzugt patrio-tisch insbesondere französische Aktien, weil sie von internationalen Anlegern noch weitgehend vernachlässigt werden.

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