Die Pleiten-Ansicht im Rückspiegel
© A.C.I.C./Nadja Nemetz
FINANCENET Redaktion 21.02.2025

Die Pleiten-Ansicht im Rückspiegel

Jahresbetrachtung der A.C.I.C.: Insolvenzstatistik bietet einen Rückblick bis ins Jahr 2000.

••• Reinhard Krémer

Die Jahresbetrachtung der A.C.I.C. Insolvenzstatistik bietet einen Rückblick bis in das Jahr 2000 auf die Entwicklung der Insolvenzen in Österreich. Die höchsten Insolvenzzahlen zu Beginn der Jahrhundertwende wurden in den Jahren 2005 und 2009 erfasst. In den Folgejahren nahm die Anzahl an Insolvenzen kontinuierlich ab und blieb ab 2014, absolut betrachtet, unter dem Wert aus dem Jahr 2000. Nach einer lang anhaltenden Periode niedriger Insolvenzzahlen wurde mit dem Ende der Coronapandemie 2023 erstmals wieder der Insolvenzstand des Jahres 2000 erreicht.

Darauf folgte das zweite Rezessionsjahr 2024, dessen Insolvenzzahlen einen deutlichen Anstieg auf das Niveau des Jahres 2009 verzeichnen, welches damals von der Finanzmarktkrise geprägt war. In den Pandemiejahren 2020 und 2021 kam es zu einem deutlichen Rückgang an Insolvenzen, bedingt durch die staatlichen Corona-Förderungen.

Nach Corona wird’s bös …

Ab dem zweiten Quartal 2022 oszillierten die Insolvenzwerte über mehrere Quartale hinweg um die Werte des Jahres 2019 – erst im Q2/2023 wurden die Insolvenzzahlen aus dem Jahr 2019 nachhaltig überschritten. Mit dem Beginn des ersten Quartals 2024 stiegen die Insolvenzen beträchtlich an. Österreich wies über eine unglaublich lange Phase außergewöhnlich niedrige Insolvenzzahlen auf.

Diese Zeit wurde begleitet von noch nie dagewesenen Besonderheiten – gering ausfallende Zinsen und Geld, das nichts gekostet hat. Die Auswirkungen der niedrigen Insolvenzzahlen zwischen 2013 und 2023 in Kombination mit dem massiven Insolvenzrückgang im Jahr 2020 und 2021 sind seit dem zweiten Quartal 2023 zu spüren: „Wir erleben aktuell einen Rebound-Effekt. Dieser wird von weiteren Problemstellungen begleitet, die in den vergangenen Jahren nicht wahrgenommen wurden, beispielsweise der zunehmenden Deindustrialisierung Österreichs. Aus dem statistischen Bild lässt sich die Schluss­folgerung ziehen, dass wir die vergangenen guten Zeiten noch nicht mit schlechten Zeiten kompensiert haben – trotz einer verschlechterten wirtschaftlichen Lage geht es uns weiterhin gut”, so Peter Androsch vom Austrian Credit Insurance Counsel.

… und es ist noch nicht besser

Die Zahl der Insolvenzen von protokollierten Unternehmen in Österreich ist im Jahr 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 29,1% auf 3.628 gestiegen. Dies ist der höchste Wert seit 2020, wie eine aktuelle Untersuchung von Dun & Bradstreet zeigt.

Die Hauptgründe für diesen Anstieg sind die wirtschaftliche Rezession, hohe Inflation und steigende Verschuldung. Besonders das Ende staatlicher Unterstützungsmaßnahmen im Zuge der Covid-19-Pandemie hat viele Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten gebracht.

Abschwung an beiden Enden

In allen Bundesländern Österreichs stiegen die Insolvenzzahlen im Jahr 2024 an. Die höchsten Zuwächse bei Insolvenzen gab es an beiden Enden der Republik, nämlich im Burgenland (+55%) und in Vorarlberg (+52%). Auch Salzburg (+39%), Steiermark (+35%) und Niederösterreich (+31%) verzeichneten deutliche Steigerungen. Wien verzeichnete mit 1.647 Fällen einen Anstieg um 26%. In Kärnten war der Zuwachs mit elf Prozent am geringsten.

Immobilien hart getroffen

Die meisten Insolvenzen entfielen auf die Immobilienbranche, wo die Zahl der Fälle um 86% stieg.

Auch Unternehmen aus der Herstellung nicht haltbarer Erzeugnisse (+78%) und Architekturbüros (+65%) waren stark betroffen. Im Einzelhandel gab es 549 Firmenpleiten, im Gastgewerbe 411. Das Baugewerbe (+22%), der Maschinenbau (+44%) und die Personalvermittlung (+19%) verzeichneten ebenfalls mehr Insolvenzen.

Gründungen legten zu

2024 wurden 21.439 neue Unternehmen gegründet – sieben Prozent mehr als im Vorjahr. Die größte Zunahme verzeichneten Kärnten (+11%) und Ober­österreich (+10%), gefolgt von Vorarlberg (+9%) und Wien (+8%). Die geringsten Steigerungen gab es im Burgenland (+4%) und in Niederösterreich (+3%).

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