Heimische Konjunktur wittert Frühlingsluft
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FINANCENET reinhard krémer 01.06.2018

Heimische Konjunktur wittert Frühlingsluft

Dienstleistungssektor bremst sich auf hohem Niveau ein – die Industrie und die Bauwirtschaft blühen.

••• Von Reinhard Krémer

Gute Nachrichten für des erste Quartal: Die heimische Wirtschaft prosperiert in weiten Teilen, Industrie und Bauwirtschaft blühen, melden die Analysten der UniCredit Bank Austria. Im Dienstleistungssektor kündigt sich eine Wachstumsverlangsamung auf hohem Niveau an; nur das Einzelhandelsklima bleibt trotz guter Rahmenbedingungen trüb.

Wachstumspotenzial

Aber der Reihe nach: „Die Unternehmensbefragungen der ersten vier Monate 2018 zeigen ein überwiegend freundliches Konjunkturbild: Noch im April wurden in allen großen Industriebranchen hohe Geschäftsvertrauenswerte gemessen, obwohl ein Teil der Industrie den Wachstumshöhepunkt bereits überschritten haben dürfte”, fasst Günter Wolf, Ökonom der UniCredit Bank Austria, den aktuellen Branchenüberblick zusammen.

Österreichs Industrie befindet sich also im Frühjahr 2018 weiterhin in einer Phase des Aufschwungs. Nachdem der Sektor bereits 2017 ein überdurchschnittlich starkes Produktionsplus von 4,7% erreicht hatte, hat sich das Wachstum auf über sechs Prozent in den ersten zwei Monaten 2018 beschleunigt.

Produktion wenig schwächer

Voraussichtlich wird das Produktionswachstum im weiteren Jahresverlauf nur wenig schwächer. Derzeit kann der Sektor erneut mit einem Jahresergebnis im Bereich von fünf Prozent für 2018 rechnen.

Die wesentliche Wachstumsstütze bleibt die robuste Investitionskonjunktur in Europa, die von der hohen Kapazitätsauslastung vieler Industriebranchen angetrieben wird. Für das erste Halbjahr 2018 berichtet die Industrie im EU-Durchschnitt Auslastungszahlen, die erstmals wieder das Vorkrisenniveau von 2007 erreichen.
In Österreich selbst liegt die Kapazitätsauslastung noch darüber; infolgedessen bleibt das Wachstum der Investitionsgüternachfrage im Inland nach dem Rekordplus von rund acht Prozent im Vorjahr auch 2018 lebhaft. Zudem profitieren die baunahen Industriesparten, vor allem einzelne Bereiche der Stahl- und Metallwarenerzeugung, der Kunststoffverarbeitung und der Elektroindustrie, zumindest noch in den nächsten Monaten von der dynamischen Baukonjunktur.

Bau mit hohem Umsatzplus

Im weiteren Jahresverlauf verlieren dann die Bauinvestitionen voraussichtlich an Wachstumstempo, wobei keine Nachfragerückgänge zu befürchten sind.

Österreichs Bauwirtschaft beendete das Jahr 2017 mit einem ungewöhnlich hohen Umsatzplus von 7,4% nominell. Das Wachstumstempo ist in den ersten Monaten 2018 hoch geblieben, und das Geschäftsvertrauen der Unternehmen bis April weiter gestiegen. Im April 2018 haben im Rahmen der Konjunkturerhebung sogar mehr Unternehmen als je zuvor ihre Auftragslage über dem normalen Niveau liegend eingestuft. Ausschlaggebend waren die wesentlich besseren Auftragsbeurteilungen im Tiefbau.
Im Hochbau und den hochbaunahen Baugewerben waren die Unternehmen in den Einschätzungen der Auftragslage im April zurückhaltender als in den Vormonaten.

Strahlende Sonne am Bau

„Das sonnige Bauklima sollte sich zumindest in der ersten Jahreshälfte 2018 nicht stärker eintrüben. Dafür sprechen die unverändert günstigen Rahmenbedingungen für Bauprojekte, wie die starke Nachfrage in vielen Bereichen und die vorteilhaften Finanzierungskonditionen”, sagt Wolf.

Voraussichtlich verliert die Bauwirtschaft aber in der zweiten Jahreshälfte an Dynamik und wird im Gesamtjahr 2018 schwächer als im Vorjahr wachsen, vor allem weil die Zuwächse im Wohnbau in Österreich ihren Zenit überschritten haben dürften. Österreichs Großhandel profitiert im Frühjahr 2018 weiterhin von der lebhaften Industrie- und Exportkonjunktur. In den ersten Monaten des Jahres verbuchten vor allem die Sparten Maschinen-, Baustoff- und Pharmagroßhandel überdurchschnittlich kräftige Zuwächse.

Einzelhandel trüb, aber …

Deutlich langsamer wachsen die Sparten im Großhandel mit konsumnahen Gebrauchsgütern – eine Entwicklung, die sich in den vergleichbaren Einzelhandelssparten fortsetzt. Das Umsatzplus im Einzelhandel (ohne Tankstellen) von 1,2% real im ersten Quartal 2018 stammt überwiegend vom Lebensmittelhandel. Hingegen haben die guten Rahmenbedingungen die Unternehmen im Nicht-Nahrungsmittelhandel noch nicht erreicht. In Summe ist das Branchenklima im Einzelhandel im April trüb geblieben.

… Stimmung schwappt über

Der gesamte Sektor sollte aber im weiteren Jahresverlauf noch von der sehr guten Konsumentenstimmung profitieren und in Summe das schwache Umsatzwachstum des Vorjahres von 0,6% real übertreffen, meinen die UniCredit Bank Austria-Experten.

2017 ist der Umsatz im Dienstleistungssektor um 3,8% nominell gestiegen, ähnlich rasch wie zuletzt 2008. „2017 profitierten fast alle größeren Dienstleistungssparten von der sehr guten Konjunkturentwicklung im Produktionsbereich. Überdurchschnittliche Wachstumsraten verbuchten einmal mehr das Beherbergungs- und Gaststättenwesen und die Anbieter freiberuflicher und technischer Dienste”, sagt Wolf. Im Frühjahr 2018 ist das Branchenklima im Dienstleistungssektor sonnig geblieben. Die Dienstleistungskonjunktur dürfte bisher wenig vom hohen Wachstumstempo des Vorjahres eingebüßt haben.

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