Nachhaltigkeit als Banken-Strategie
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Breit gefächertFür die Studie Digital Banking Experience Report wurden Interviews mit 760 Führungskräften von Finanzinstituten in fast 30 Ländern zu aktuellen Prioritäten und zukünftigen Trends in der Branche geführt.
FINANCENET Redaktion 19.11.2021

Nachhaltigkeit als Banken-Strategie

Forrester-Studie: Die Institute entdecken die Nachhaltigkeit als strategischen Wettbewerbsvorteil.

••• Von Reinhard Krémer

HAMBURG/WIEN. Eine deutsche Studie lässt auch Rückschlüsse für den heimischen Markt zu: Nachhaltigkeit wird zum Top-Thema.

Die Finanzbranche in Deutschland leidet unter einem Reputationsdefizit beim Thema Nachhaltigkeit. Jedes zweite Institut arbeitet beispielsweise mit E-Commerce-Marktplätzen wie Amazon und Etsy zusammen oder plant eine Kooperation in einem digitalen Ökosystem.

Oft hakt es ganz oben …

Einige der Plattformen stehen allerdings immer wieder in der Kritik, beispielsweise ihre Arbeitsbedingungen.

Zudem fällt es den Instituten schwer, sich bei nachhaltigen Finanzierungen und Anlageprojekten glaubhaft zu positionieren – auch mangels Aufmerksamkeit in den Chefetagen: Noch im vergangenen Jahr bezeichnete nur jede fünfte Bank das Thema Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil, so die Befragung „What’s Your Edge? – Wettbewerbsvorteile im Entscheider-Check” des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag von Sopra Steria.

… aber Change is good

Das soll nun schlagartig anders werden: In erster Linie reagieren die Banken auf den wachsenden Druck vonseiten der Bankenaufsicht.

Es gibt die Aufforderung der EU-Bankenaufsichtsbehörde EBA zur Vorlage zehnjähriger Klimapläne. EZB-beaufsichtigte Institute müssen zudem 2022 einen so genannten Klimastresstest absolvieren.
In einem komplexen Verfahren geht es darum, die Treibhausgas­emissionen der Firmenkunden von Banken sowie die daraus entstehenden Risiken zu erfassen. 77% der traditionellen Banken und Sparkassen priorisieren das Risikomanagement. Digitalbanken legen den Schwerpunkt auf das Vertrauen auf Kundenseite.
Sie wollen so Boden gegenüber renommierten Instituten gutmachen: 72% der Digitalinstitute haben eine eigene Funktion oder ein Team für Nachhaltigkeit geschaffen, um das Thema unternehmensweit zu steuern, so der Digital Banking Experience Report.

Verankerte Strategie tut Not

Eine fest im Unternehmen verankerte Nachhaltigkeitsstrategie müssen vor allem traditionelle Banken noch aufbauen. „Nachhaltigkeit wird sehr bald ein Thema sein, das alle abdecken müssen. Viele Institute laufen Gefahr, dass sie sich nicht differenzieren können, weil sie das Thema nicht konsequent genug im gesamten Unternehmen ausrollen und keine passenden Geschäftsmodelle entwickeln”, sagt Robert Bölke, Management- und Strategieberater von Sopra Steria Next.

Kreditkarte aus Holz

Einige Neobanken gehen radikaler vor. Ein Beispiel ist die Tomorrow Bank aus Hamburg: Das Institut ordnet sein komplettes Angebot dem Thema Nachhaltigkeit unter – bis zur Kreditkarte aus Holz.

Ein Großteil der Banken in Deutschland behandelt das ESG-Thema vor allem als Pflichtaufgabe im Firmenkundengeschäft und als Randthema im Geschäft mit Privatkunden. Sie bieten Kontoinhabern beispielsweise Transparenz über ihr eigenes Kaufverhalten. In die Banking-App integrierte Rechner wandeln Ausgaben in CO2-Mengen um. Zudem können Kontoinhaber ihren CO2-Verbrauch ausgleichen, indem sie direkt aus der App heraus Klimaschutzprojekte unterstützen. Die Deutsche Bank möchte beispielsweise mit ihrem „CO2-Indikator” bis Jahresende 250.000 Kundinnen und Kunden von den Vorteilen des Instruments überzeugen.
„Die Banken sollten ihr Zugpferd im Wettbewerb, die Beratungskompetenz, auf ESG-Themen übertragen und Kunden konkrete Empfehlungen zum Anpassen ihres Lebensstils liefern”, so Bölke.

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