Österreichs Firmen sind aus Stahl und Teflon
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FINANCENET Redaktion 30.04.2020

Österreichs Firmen sind aus Stahl und Teflon

Die Mehrheit der heimischen Unternehmen fühlt sich für die Krise gut gerüstet – ein Fünftel ist sogar optimistisch.

••• Von Reinhard Krémer

Corona hat das Land und seine Bürger fest im Griff – auch die Wirtschaftstreibenden. Wenngleich die Intensität der Auswirkungen für die meisten unerwartet war, fühlt sich die Mehrheit der heimischen Unternehmen gut für Ausnahmesituationen wie diese gerüstet: Fast zwei von drei Unternehmen (65%) geben an, auf Geschehnisse wie den Ausbruch von Covid-19 gut oder sogar ausgezeichnet vorbereitet zu sein, nur acht Prozent fühlen sich nicht gewappnet.

Nach eigenen Angaben sind vor allem Industrie- und große Unternehmen mit über 200 Mio. € Umsatz gut gerüstet. Jedes zweite Unternehmen (51%) hat bereits vor der Pandemie Krisenpläne zur Bewältigung von Krisen eingesetzt.

Wenig Frühwarnsysteme

Je 46% setzten bei Krisen auf Risiko-Evaluierung und Risk Management, 43% auf Krisenstäbe. Frühwarnsysteme waren hingegen nur bei etwa jedem neunten Unternehmen (11%) etabliert.

Auch Pandemien sind auf dem Krisenradar einiger Betriebe bereits aufgetaucht – 15% der Befragten verfügten schon vor Ausbruch der Coronakrise über einen Maßnahmenplan im Falle einer Epidemie.
Bei Finanzunternehmen hatten sich sogar 55% auf Pandemien vorbereitet. Diese Ergebnisse lieferte eine Umfrage der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY bei 123 Unternehmen in Österreich mit mehr als 50 Mitarbeitern.
Während jedes zehnte der befragten Unternehmen stärkere Aktivitäten und vermehrte Nachfrage durch Covid-19 verzeichnet, musste jedes siebte (14%) temporär schließen. Besonders betroffen vom Stillstand durch vorübergehende Schließungen sind die Branchen Handel und Konsumgüter – jeder vierte Händler (24%) muss zeitweilig zusperren – sowie kleinere Unternehmen mit bis zu 50 Mio. € Umsatz.

Maßnahmen greifen …

Knapp die Hälfte der Unternehmen (46%) musste bereits erste interne Sparmaßnahmen und Kürzungen umsetzen; besonders hoch ist der Anteil in der Industriebranche (52%), bei Finanzdienstleistern (18%) ist er am geringsten. Die gute Nachricht: Voraussichtlich wird kein einziges befragtes Unternehmen Insolvenz bzw. Konkurs anmelden müssen.

… Umsatzrückgänge drücken

Gut drei von fünf heimischen Unternehmen (63%) verzeichnen derzeit Umsatzrückgänge als Folge der Covid-19-Krise, insgesamt vier von fünf Unternehmen (80%) rechnen mit Umsatzeinbußen für das gesamte Geschäftsjahr 2020.

Der Umsatzeinbruch, der von den Befragten erwartet wird, ist massiv – im Durchschnitt erwarten die befragten Unternehmen Umsatzeinbußen von 18%. Überdurchschnittlich hoch ist der Anteil derer, die mit Umsatzverringerungen für heuer rechnen, in der Industrie (83%) sowie bei Unternehmen mit Jahresumsätzen von weniger als 200 Mio. €.
Höchst problematisch ist die Rückläufigkeit von Anfragen und Bestellungen, mit der jedes zweite Unternehmen (54%) konfrontiert ist. 37% konstatieren Probleme mit der Lieferkette bzw. Produktions- oder Auslieferungsstopps.

Cyberattacken drohen

„Lediglich jedes sechste Unternehmen geht derzeit davon aus, angesichts der Covid-19-Krise das Umsatzniveau des Vorjahres halten zu können. Selbst wenn in der zweiten Jahreshälfte erfreuliche Zahlen geschrieben werden, wird es äußert schwierig, bereits eingefahrene Verluste wieder auszugleichen. Denn neben internen und organisatorischen Schwierigkeiten gibt es auch zunehmende Risiken von außen, zum Beispiel Cyberattacken, die zusätzlich Probleme bereiten. Für Cyber-Kriminelle sind Unternehmen in Ausnahme- oder Krisensituationen äußerst verlockend”, sagt Erich Lehner, Managing Partner Markets bei EY Österreich. Doch nicht alle heimische Unternehmen haben derzeit mit Umsatzrückgängen zu kämpfen: Sieben Prozent schreiben seit Ausbruch der Corona-Pandemie ein Umsatzplus – vier Prozent richten sich verstärkt nach der momentanen Nachfrage und produzieren neue bzw. abgeänderte Produkte, die derzeit besonders gefragt sind.

Ein Fünftel ist optimistisch

Der Optimismus ist demnach nicht bei allen Unternehmen eingetrübt: Jedes fünfte (20%) ist weitgehend positiv gestimmt und rechnet nicht mit Umsatzeinbußen durch Covid-19.

Um auch in Zukunft für eine Krise dieses Ausmaßes gerüstet zu sein, sehen zwei Drittel der Unternehmen (66%) das Vorantreiben von Digitalisierungsprojekten als wichtig bzw. ganz besonders wichtig.
Auch der Investition in flexible Arbeitsstrukturen, z.B. Teleworking, wird große Bedeutung zugeschrieben (für 62% wichtig bzw. ganz besonders wichtig). Nachdem Cyber-Angriffe in aller Munde waren, sind auch hohe Cyber-Security-Standards künftig für jedes zweite Unternehmen (52%) wichtig bzw. ganz besonders wichtig.

Lehren aus der Krise ziehen

„Bereits jetzt sollten sich Unternehmen nicht nur intensiv darüber Gedanken machen, wie sie ihr Unternehmen möglichst unbeschadet aus der Krise lenken, sondern auch, was sie künftig an ihren Prozessen verbessern und wie sie die Resilienz steigern können. Aus Fehlern lernt man – aber ebenso aus erfolgreich überwundenen Hürden. Covid-19 hat schon jetzt zu einem starken Digitalisierungsschub geführt ”, sagt Gunther Reimoser, Country Managing Partner von EY.

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