Unabhängigkeit bleibt oft nur Wunschtraum
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FINANCENET Redaktion 30.05.2025

Unabhängigkeit bleibt oft nur Wunschtraum

Barbara Potisk-Eibensteiner (l.), Post AG, und Patricia Kasandziev, bank99, präsentieren Finanzstudie.

••• Reinhard Krémer

Exakt 94% der Öster­rei­cher betrachten finanzielle Un­ab­hän­gig­keit als wichtig, doch nur die Hälfte erreicht diesen Zustand – so das Ergebnis einer repräsentativen Befragung von marketmind im Auftrag der bank99 unter rund 1.000 Personen ab 16 Jahren. Männer (59%) erreichen vollkommene Unabhängigkeit häufiger als Frauen (47%). Mehr als ein Viertel der Frauen (28%) gibt zudem an, maximal die Grundausgaben decken zu können. 60% der Personen in finanzieller Abhängigkeit möchten aktiv aus dieser heraus.

Für bestimmte Frauengruppen (mit Kindern, in ländlichen Regionen oder in Partnerschaften) wird Abhängigkeit eher akzeptiert, während der Wunsch nach finanzieller Selbstbestimmung bei jüngeren und älteren Frauen ausgeprägter ist. Österreicher schätzen ihren Umgang mit Geld mehrheitlich positiv ein (74%), ihre tatsächlichen Finanzkenntnisse jedoch deutlich schlechter (39%).

Männer überschätzen sich

Während Männer häufig dazu neigen, ihr Finanzwissen zu überschätzen, unterschätzen Frauen ihre Kenntnisse eher. Einen im Rahmen der Studie durchgeführten Wissenstest zum Thema Basisfinanzwissen beantworteten beide Geschlechter auf ähnlichem, sehr ausbaufähigem Niveau, auch wenn Männer etwas besser ab­schnitten.

Mehr als ein Drittel (36%) konnte nur die Hälfte der Fragen oder weniger richtig beantworten. Mit Blick auf die Bildungsabschlüsse zeigt sich: Erst mit einem höheren akademischen Abschluss (Uni bzw. FH) steigt das Wissen um Finanzen signifikant (45% vs. AHS / BHS / Kolleg: 24%). Nur ein Drittel der Befragten glaubt, dass Finanzwissen ihre finanzielle Situation verbessert – dabei ist es gerade dieses, das den Unterschied macht: Personen mit hohem Finanzwissen haben mehr Kontrolle über ihre Finanzentscheidungen (87%), sind motivierter, ihre Lage zu verbessern (94%) und können größere Investitionen planen (86%).

Finanzwissen ist Macht

Im Gegensatz dazu berichten Menschen mit weniger Finanzwissen von geringerer Unabhängigkeit (41%) und Kontrolle (75%) und haben weniger Vertrauen in ihre Investitionsfähigkeit (68%), auch wenn sie ebenfalls motiviert sind, ihre finanzielle Situation zu verbessern (86%).

Erfolgreiche Finanzbildung beginnt bei fundiertem Basiswissen, das ist auch den Österreichern bewusst: Wichtige Fähigkeiten sind in erster Linie ein reflektiertes Konsumverhalten (43%), ein gutes Geldmanagement (37%), Finanzplanung und Disziplin (35%) sowie langfristige Planung und Risikoeinschätzung (33%). Erst dann folgen Wissen zu Investitionen, Steuern, Versicherungen, Diversifikation, digitale Finanztools und Verhandlungsskills.
In Österreich erlangen die meisten Menschen ihre finanzielle Grundbildung durch die Familie (49%) – auch wenn das laut Studienergebnissen nicht zwingend zu hohem Finanzwissen führt. Vier von zehn Elternteilen sprechen im Alltag regelmäßig mit ihren Kindern über Geld. Taschengeld, kleine Sparziele, das Vorbildverhalten und das Vermitteln von Prioritäten zwischen Notwendigem und Wünschenswertem gelten als wichtige Lernansätze.

Learning by doing ist besser

An zweiter und dritter Stelle und durchaus erfolgreicher, sind „Learning by doing” (39%) und Banken (32%). Letztere sind eine wichtige Stütze in der Finanzbildung, bei Babyboomern und Alleinerziehenden setzt sogar etwa die Hälfte der Befragten auf sie.

Doch gibt es auch kritische Stimmen: Nicht alle haben Vertrauen in Banken (47%) oder es werden Angebote als zu kompliziert (26%) oder zu praxisfern (23%) empfunden. Manchmal sind bestehende Angebote kaum bekannt (22%), das sagen vor allem Frauen. Social Media wird noch wenig genutzt (8%) – mit Ausnahme der Gen Z (21%).

Geld noch immer Tabuthema

Über Geld zu sprechen ist noch immer ein Tabuthema (22%). Männer (27%) meiden es stärker als Frauen (18%). Besonders offen zeigt sich dagegen die Gen Z. Sechs von zehn Österreicher sprechen zumindest monatlich mit der Familie, vier von zehn mit Freunden über Geld und Finanzen. 19% empfinden Scham, kaum Finanzwissen zu haben – ebenso ein möglicher Faktor, das Thema zu umgehen. „Finanzielle Unabhängigkeit ist nicht nur ein persönliches Ziel, sondern eine gesellschaftliche Notwendigkeit. Besonders angesichts der Unsicherheiten im Pensionssystem. Wer heute aktiv handelt, sichert sich langfristig ab. Gerade in einer Karenz oder Teilzeitanstellung sollten Optionen wie das Pensionssplitting genutzt werden. Frauen dürfen ihre finanzielle Unabhängigkeit nicht dem Zufall überlassen”, sagt bank99-Vorstandsmitglied Patricia Kasandziev.

Kein Privileg der Bildungselite

Barbara Potisk-Eibensteiner, Finanzvorständin der Österreichischen Post AG, ist überzeugt, dass Finanzwissen darf nicht nur ein Privileg für Uniabsolventen sein darf: „Es ist entscheidend, dass Finanzbildung bereits früh in der schulischen Laufbahn integriert wird – um allen unabhängig von Herkunft oder sozialem Status die Fähigkeiten zu vermitteln, ihre finanzielle Zukunft aktiv und selbstbestimmt zu gestalten. Finanzbildung ist ein wesentlicher Faktor für finanzielle Unabhängigkeit, neben anderen Aspekten wie Sozialisation und Einkommen. Wer früh die Grundlagen versteht, hat später mehr Chancen.”

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