Zuversicht kehrt zurück in die Unternehmen
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FINANCENET Redaktion 15.03.2024

Zuversicht kehrt zurück in die Unternehmen

Aus Sicht internationaler CEOs bleibt die Weltwirtschaft turbulent, dem eigenen Unternehmen geht es besser.

••• Von Reinhard Krémer

Aus Sicht internationaler Unternehmens­chefs bleibt die Weltwirtschaft in turbulentem Fahrwasser: 76% der CEOs weltweit sind der Meinung, dass die Weltwirtschaft im Jahr 2024 kaum oder gar nicht wachsen wird. Ähnlich viele Unternehmens­lenker sind der Ansicht, dass Zinsen und Inflation hoch bleiben werden (78%). In der vorangehenden Umfrage hatten sich zu Jahresbeginn 2023 fast alle CEOs – 98% – so pessimistisch gezeigt.

In Bezug auf das eigene Unternehmen verspüren die meisten Manager aber deutlich mehr Optimismus als für die Weltwirtschaft: Fast zwei Drittel (64%) der CEOs weltweit rechnen mit einem Umsatzwachstum, nur sechs Prozent erwarten eine rückläufige Umsatzentwicklung. Die Chefs deutscher Konzerne sind im internationalen Vergleich deutlich zurückhaltender: Nur jeder zweite (51%) geht von einem Umsatzwachstum aus, immerhin 17% rechnen sogar mit weniger Umsatz.

Trübes Bild in Deutschland

Während außerdem in Deutschland 18% von einer sinkenden Marge ausgehen, sind das weltweit gesehen nur sieben Prozent der Unternehmen.

In den Vereinigten Staaten erwarten sogar nur fünf Prozent eine sinkende Marge; in Großbritannien sind es zwei Prozent, in China sogar nur ein Prozent der CEOs. Nur in Mexiko rechnen noch mehr CEOs als in Deutschland mit einer sinkenden Profitabilität – dort liegt der Anteil bei 22%.
Das sind Ergebnisse des aktuellen CEO-Survey von EY. Basis der Studie ist eine Umfrage unter 1.200 Vorstandsvorsitzenden weltweit. Die Umfrage wurde im Dezember 2023 und Jänner 2024 durchgeführt.
„Die Hoffnungen auf eine Konjunkturerholung scheinen weitgehend begraben. Die Pandemie und die weltweiten Lieferkettenunterbrechungen treten zwar immer weiter in den Hintergrund, doch die hohe Inflation, Unsicherheiten in der globalen Geldpolitik, steigende Kapitalkosten durch die Zinspolitik und die nunmehr bereits länger anhaltende Konjunkturschwäche zählen zu den Hauptsorgen der CEOs – und das alles vor dem Hintergrund einer immer sensibleren geopolitischen Lage mit der Wahl in den USA, dem Krieg in der Ukraine und die Krise im Nahen Osten”, sagt Gunther Reimoser, Country Managing Partner von EY Österreich.

Unsicherheiten am Horizont

Acht von zehn Befragten weltweit stimmen der Aussage zu, dass der Aufstieg populistischer Bewegungen auf der ganzen Welt die geopolitische Unsicherheit erhöhen und geschäftliche Herausforderungen wie politische Unsicherheit mit sich bringen würde.

Konnten viele Unternehmen 2023 durch die starke Nachfrage noch die hohen Einkaufspreise an ihre Kunden weitergeben, steht jetzt die Angst im Raum, dass das Pendel nun in Richtung Überkapazitäten und Preisschlachten ausschlagen könnte.

Kapitalmanagement und KI

Welche Strategien setzen CEOs vorrangig ein, um gegenzusteuern? Insbesondere ein effizienteres Management des Betriebskapitals (42%) sowie gleichauf den Einsatz von KI-Technologien zur Steigerung der Effizienz und Verbesserung der Unternehmensleistung (41%). Als Reaktion auf die geopolitische Instabilität setzen ebenfalls fast vier von zehn Betrieben (37%) außerdem auf die Anpassung der Präsenz auf bestimmten Märkten. Gleichzeitig verschieben 42% geplante Investitionen oder Veräußerungen. In neue Produkte oder Dienstleistungen zu investieren, plant dagegen nur ein Drittel (33%).

Klare Impulse sind nötig

„Es braucht klare Impulse, die für eine konjunkturelle Belebung sorgen könnten. Stattdessen sehen wir eine starke Verunsicherung aufseiten vieler Unternehmen, weil sich die politischen Vorgaben und Rahmenbedingungen ständig verändern. Fehlende Planungssicherheit ist aber Gift für langfristige Investitionen. Das gilt auch für den Wirtschaftsstandort Österreich”, so Reimoser.

Zudem würden Unternehmen durch eine überbordende Bürokratie ausgebremst. Viele bürokratische Hürden könnten durch eine umfassende Digitalisierung von Behörden und Verwaltung zumindest entschärft und dadurch Entscheidungen und Genehmigungsverfahren deutlich beschleunigt werden.

Nur 30% planen Übernahmen

Die ungewissen Konjunkturaussichten und die anhaltend hohen Zinsen führen dazu, dass Investitionen verschoben oder ganz abgesagt werden. Insbesondere das Interesse an Zu- und Verkäufen von Unternehmen bzw. Unternehmensteilen nimmt deutlich ab. Aktuell planen nur noch 30% der weltweit befragten Unternehmen mindestens eine Fusion oder Übernahme in den kommenden zwölf Monaten – vor einem Vierteljahr lag der Anteil bei 35%, vor einem halben Jahr sogar bei 59%.

In Deutschland ist der Anteil der Unternehmen mit entsprechenden Transaktionsplänen sogar auf 20% gesunken – und damit auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Erhebung im Jahr 2010.

Think twice before you act

„In der aktuellen Phase der Unsicherheit werden gerade große Investitionsvorhaben gründlich überdacht. Ganz große Transaktionen sind die absolute Ausnahme und wenn, dann eher bezogen auf Investitionen im Ausland. Die Mehrzahl der Unternehmenslenker wartet lieber ab, wie sich die Lage entwickelt – oder setzt auf Allianzen und Kooperationen mit anderen Unternehmen, wie es derzeit global 41 Prozent der CEOs tun. Diese verursachen weniger Kostenaufwand und bieten trotzdem oft Lösungen für technische Herausforderungen”, sagt der EY-Experte.

„Das wirtschaftliche und politische Umfeld zwingt Unternehmen derzeit tief in ein Spannungsfeld zwischen der Notwendigkeit, Kosten zu sparen, und dem Wissen, dass Investitionen in Digitalisierung und neue Technologien essenziell sind, um wettbewerbsfähig und zukunftsfit zu bleiben. So auch in Österreich”, meint Gunther Reimoser.

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