Ärztekammer rüstet für Kampagne gegen Politik
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HEALTH ECONOMY Redaktion 17.11.2023

Ärztekammer rüstet für Kampagne gegen Politik

Die Gesundheitsreformpläne stoßen der Ärztekammer sauer auf. Sie fürchtet deutliche Beschränkungen und plant nun den Widerstand.

••• Von Martin Rümmele

Die Ärztekammer wehrt sich mit heftiger Kritik an Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) gegen dessen Reformpläne. In einer Kammer-Aussendung am Montag wurde Rauch als „Totengräber des solidarischen Gesundheitssystems” tituliert, der sich auf Kurs in den Abgrund befinde. In ihrer Sorge um den Verlust der Stellenplankompetenz oder des Mitspracherechts bei Gesamtverträgen, aber auch im Widerstand gegen die Wirkstoffverschreibung, eine gesetzliche Codierungspflicht der Krankheitsbilder der Patienten sowie die eCard- und ELGA-Pflicht für Wahlärzte ab 2026 legte die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) erneut nach. Sie warnte unter anderem vor einem „Ausverkauf des Gesundheitssystem an Investoren”.

Millionen für Kampagne

Ärztekammer-Chef Johannes Steinhart versuchte das gemeinsame Reformvorhaben von Bund, Ländern und Sozialversicherung als Plan zum Aufkündigen der Sozialpartnerschaft umzudeuten. Und er drohte mit einem vertragslosen Zustand, bei dem die Patienten die Ärztehonorare selbst bezahlen müssten und nur einen Teil von der Kasse zurückbekämen. Denn, so Steinhart: „Wenn die Regierung meint, einen Vertrag ohne Einbindung der Ärztinnen und Ärzte machen zu können, werden wir aus diesem aussteigen.” ÖÄK-Vizepräsident Harald Mayer warnte vor einer „Zerschlagung aller bewährten Strukturen der Gesundheitsversorgung”, sah die Privatmedizin befeuert und überlastete Spitalsambulanzen geflutet.

Man werde sich wehren, wenn die Mitsprache der Ärzteschaft beschnitten werden solle, drohte Steinhart. Allein die Wiener Kammer hat acht Mio. € für Protestmaßnahmen locker gemacht. Davon sind drei Mio. € schon länger für die Proteste der Wiener Spitalsärzte (inklusive Demo am 4. Dezember) vorgesehen. Vergangene Woche kamen fünf weitere Mio. € dazu, wovon zwei Mio. € für die Anliegen der Spitalsärzte und drei Mio. für die niedergelassenen Ärzte vorgesehen sind. Unter anderem soll damit eine mediale Kampagne samt Inserat finanziert werden. Weitere Landeskammern schließen sich mit nocheinmal 5 Mio. € an. Denn letztlich geht es auch um die Frage, ob sie künftig überhaupt noch einen Platz im System haben.
Die ÖVP hat sich am Dienstag nach der Kritik der Ärztekammer klar hinter Gesundheitsminister Rauch gestellt, und zwar in Person von Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky. „Die nun plötzlich auftauchende Kritik kommt nicht nur viel zu spät, sondern macht den gleichen Fehler wie in der Vergangenheit: Die Bürgerinnen und Bürger müssen im Mittelpunkt unseres Gesundheitswesens stehen und nicht Einzelinteressen”, sagte Tursky in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA. Die Pläne würden vielmehr „große Chancen” für die „weitere Digitalisierung des Gesundheitswesens” darstellen. Transparenz und Kundenorientierung sei „nichts, vor dem man sich fürchten muss”. Die „Blockadepolitik” im Gesundheitswesen müsse beendet werden.

Alle gegen die Ärzte

Tatsächlich hat es die Ärztekammer gleich mit mehreren Gegnern zu tun, die durchaus unterschiedliche Interessen verfolgen. Was Bundesländer, Spitalsträger, Bund und Sozialversicherung eint, ist lediglich der Ansatz, die Ärztekammer in ihrem Einfluss beschneiden zu wollen. Die Schuld am bisherigen Reformstau geben alle eben der Ärzteschaft. In den vergangenen Jahren sei „zu Recht” kritisiert worden, dass im Gesundheitswesen größere Schritte bei der Digitalisierung gemacht werden müssten; immer wieder sei in diesem Zusammenhang „mehr Mut” eingefordert worden. „Genau diesen Mut beweist die Bundesregierung mit Bundesminister Johannes Rauch mit dieser Reform”, sagt Tursky. Tatsächlich lenken alle Beteiligten auch vom eigenen Unvermögen ab, Reformen bisher umzusetzen. In jedem Fall dürfte sich der Konflikt zuspitzen.

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