••• Von Katrin Pfanner
WIEN. Der Wiener Wirtschaftskreis – ein Think-Tank der Wirtschaftskammer Wien – hat sich mit Diabetes beschäftigt. Dessen Vorsitzender Rudolf Taschner ortete bei einer Pressekonferenz „sehr viel Luft nach oben”. So werden etwa mehr als doppelt so viele Amputationen wie im OECD-Schnitt in Österreich an Diabetikern durchgeführt. Bis zu 2,9 Mrd. € gibt Österreich jährlich für die Behandlung von Diabetikern aus.
Große Dunkelziffer
641.500 Diabetiker oder 6,6% der Bevölkerung zwischen 20 und 79 Jahren leben laut Daten der International Diabetes Federation in Österreich, rund 36% von ihnen sind nicht diagnostiziert. Andere Schätzungen gehen – so die Präsidentin der Österreichischen Diabetes Gesellschaft, Susanne Kaser – von 800.000 Diabetikern in Österreich aus, dazu kommen 350.000 mit einer Vorstufe des Diabetes. Auf rund 556 Mio. € pro Jahr belaufen sich etwa die Kosten, die allein in Wien für Diabetes benötigt werden. „Unglaublich viel Geld”, könne man laut dem Mathematiker Taschner durch Prävention der Krankheit sparen.
Risikofaktoren für Typ 2 Diabetes sind laut dem stellvertretenden Direktor der Wirtschaftskammer Wien, Alexander Biach, mangelnde Bewegung, schlechte Ernährung und psychische Belastung. In England, wo die Prävalenz der Diabetiker nur bei 3,9% liegt, gebe es vergleichsweise wenige Menschen, die nicht täglich Obst oder Gemüse essen, ebenso wie niedrige Werte bei der psychischen Belastung.
Kaser fordert sowohl einen in ELGA integrierten, elektronischen Diabetes-Pass als auch ein Diabetesregister, das unter anderem Infos zu Folgeerkrankungen der Patienten beinhalten soll – diese können, so Kaser, „fast alle Organe betreffen” und beinhalten etwa onkologische Erkrankungen, irreversible Nervenschäden und Fettlebererkrankungen. Im niedergelassenen Bereich gebe es wenige Spezialisten. Diabetiker haben auch in der Covid-19-Pandemie ein hohes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf. Jeder vierte Diabetiker, der in Österreich stationär wegen Corona behandelt wurde, verstarb, klärte Kaser auf.
Informationskampagne
In Wien-Favoriten ist ein Diabetes-Zentrum im Entstehen, das Spitalsambulanzen entlasten soll. Ein solches Zentrum brauche es laut ÖGK-Verwaltungsrat Martin Schaffenrath in jedem Bundesland. Die Bewegung ist für Sportunion-Präsident Peter McDonald das Präventionsmittel der Wahl. Er fordert deshalb etwa die verpflichtende Öffnung der Schulsportstätten für Sportvereine und eine Nachwuchssportgarantie in Pandemiezeiten. Biach denkt eine Informationskampagne in öffentlichen Telefonzellen an, die an Weltdiabetestagen stillgelegt werden sollen.