Investitionen trotz sinkender Erträge
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HEALTH ECONOMY Ina Karin Schriebl 07.12.2017

Investitionen trotz sinkender Erträge

Für die Gesundheitswirtschaft war das ausklingende Jahr durchwachsen. Dennoch zeigt sich im Rückblick eine gestiegene Investitionslaune.

••• Von Ina Karin Schriebl

Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger hat vor Kurzem ein Wachstum von 4,2% für erstattete Arzneimittel prognostiziert. Die Entwicklung in der Grünen Box des Erstattungskodex, also jenem Bereich, der bewilligungsfreie Medikamente umfasst und in dem sich die meisten Generika befinden, zeigt für die ersten zehn Monate allerdings mit minus zwei Prozent eine rückläufige Entwicklung”, blickt Wolfgang Andiel vom Österreichischen Generikaverband auf ein düsteres Jahr zurück. Die Zahlen belegen für ihn, dass die Ausgabenentwicklung durch den Einsatz von Generika gebremst und auf einem leistbaren Niveau gehalten werden kann.

Die Pharmawirtschaft wird aufgrund des prognostizierten Gesamtwachstums gemäß dem Rahmen-Pharmavertrag rund zwei Prozent des Wachstums als Solidarbeitrag an die Kassen zurückzahlen. Die Ende März beschlossene ASVG-Novelle wird sich zudem auswirken: mit dem sog. Preisband, das die Preise wirkstoffgleicher Medikamente auf maximal 30% über dem günstigsten absenkt, und der neuen Generika-Preisbildungsregel, die Arzneimittelpreise künftig noch stärker gesetzlich regelt, kam die Branche ab Oktober zudem unter Druck. „Das hat wesentliche Auswirkungen auf den patentfreien Markt wie zum Bespiel eine Wettbewerbshemmung auf der Preisebene”, erklärt Andiel die Situation.
Die Effekte aus diesen rechtlichen Änderungen wirken sich direkt auf die Erträge der Generikaunternehmen aus. Dennoch werde von namhaften Unternehmen weiter investiert, zuletzt in Tirol, wo bei Sandoz 190 neue Arbeitsplätze in der Biosimilars-Produktion geschaffen wurden, schildert der Branchensprecher.

Starke Expansionspläne

Sandoz war zudem nicht der einzige Investor aus dem Pharmabereich: Trotz des überschaubaren Wachstums investiere die Branche kräftig in den Standort, berichtet auch Jan Oliver Huber, Generalsekretär der Pharmig. Allein heuer verstärkte MSD Animal Health mit einer Investition von 185 Mio. € und rund 400 neuen Arbeitsplätzen die Rolle der Industrie für und in Österreich. Böhringer Ingelheim investiert bis 2021 mit einer Biotech-Produktionsanlage 700 Mio. € in den Standort Österreich. Die Erweiterung der Novartis-Zellproduktion für Biopharmazeutika im tirolerischen Schaftenau signalisiere ebenfalls ein ungebrochenes Vertrauen in den Pharmastandort Österreich, sagt Huber. Weitere Investitionen kamen von Merck und Sigmapharm.

„Die Herausforderungen 2017 waren in jedem Fall zwei große Bereiche: ASVG-Änderungen und das Thema Serialisierung. Ersteres hat uns in 2017 einen Dämpfer hinsichtlich der Preisgestaltung beschert. Es ist ja bereits bislang der Fall, dass der Preis der Arzneimittel, die in den EKO aufgenommen wurden, als eingefroren galt. Es gab keine Anpassung an eine Inflation”, sagt Huber. Nun komme hinzu, dass mit einem sogenannten Preisband auch Preisobergrenzen in der Grünen Box eingeführt wurden, wiewohl die Arzneimittelpreise in Österreich ohnehin unter dem EU-15-Schnitt liegen. „Zweites Thema ist die Serialisierung: Ab Februar 2019 müssen alle Verpackungen rezeptpflichtiger Arzneimittel mit neuen Sicherheitsvorkehrungen versehen sein. Ziel ist es, das Eindringen gefälschter Arzneimittel in die legale Lieferkette zu verhindern. Die Pharmig ist hier, gemeinsam mit dem Generikaverband, federführend in der Information und Umsetzung entsprechender Maßnahmen”, schildert der Pharmig-Generalsekretär.

Großhandel unter Druck

Der vollsortierte Großhandel spüre den Druck in der Pharma-branche ebenfalls sehr stark, berichtet Andreas Windischbauer von der Phago. 2017 sei der Großhandel von den massiven Preissenkungen betroffen, vor allem Arzneimittel unter der Rezeptgebühr wurden weiter gesenkt, wodurch bereits die Hälfte der Packungen nicht einmal mehr kostendeckend zu distribuieren sei. „Verschärfend dazu sehen wir einen verstärkten Trend zur Direktbelieferung von hochpreisigen Medikamenten, was eine massive Schmälerung unseres Umsatzes mit sich bringt. Unser Umsatz mit öffentlichen Apotheken ist in den ersten drei Quartalen nur um 1,7 Prozent gestiegen, die Wertschöpfung für den Großhandel war negativ. Das ist sogar unter der Inflationsrate von rund zwei Prozent” , bemängelt Windischbauer die Entwicklungen.

Die Großhandels-Spanne liege bei jeder zweiten Krankenkassen-Packung, die vom Großhandel ausgeliefert wird, bereits jetzt unter dem Wert einer 68 Cent Standard-Briefmarke. „Demgegenüber müssen unsere Mitgliedsunternehmen Investitionen in Millionenhöhe leisten, um die ständig steigenden gesetzlichen Anforderungen wie etwa die Umsetzung der EU-Fälschungsrichtline per 2019 zu bewerkstelligen”, führt Windischbauer weiter aus. Somit werde die Ertragssituation nur durch massive Rationalisierungsmaßnahmen bestenfalls Vorjahresniveau erreichen.
Die Interessensvertretung der Medizinprodukte-Unternehmen, Austromed, berichtet, dass für die neuen EU-Verordnungen für Medizinprodukte und In-vitro- Diagnostika umfangreiche und langjährige Vorarbeiten notwendig waren. Beide Verordnungen sind letztendlich am 25. Mai in Kraft getreten. Mit dem Wegfall der beiden österreichischen „Benannten Stellen” sei die heimische Medizinprodukte-Branche auf Zertifizierungen durch ausländische Institute angewiesen. Das bedeute eine massive Verschlechterung für viele Start-ups sowie Klein- und Mittelbetriebe, die durch diesen Standortnachteil im internationalen Wettbewerb zurückzufallen drohen. Österreich braucht rasch wieder eine Benannte ­Stelle, fordert die Austromed.

Sinkende Honorare

Unter Druck sind auch die privaten Krankenhäuser: „Die Kosten steigen klar schneller als die Erträge, da tut sich eine immer größere Schere auf. Die Gründe liegen zum einen in einem seit Jahren stetig sinkenden LKF-Punktewert (Leistungsbezogene Krankenanstaltenfinanzierung). Zum anderen steigen die Personalkosten im Gefolge der KA-AZG-Regelungen und für Berufsgruppen, die aufgrund ihrer Qualifikationen am Markt sehr gesucht sind und bei denen es vermehrt Bedarf gibt, etwa gut ausgebildete Mitarbeiter für den OP-Bereich”, resümiert Julian M. Hadschieff, Vorstandsvorsitzender der Premiqamed Group und Branchenobmann in der WKO. Dennoch wird auch hier investiert: Im Oktober 2017 wurde der mit rund 9 Mio. € dotierte Um- und Zubau der Privatklinik Graz Ragnitz gestartet. Investitionen flossen 2017 auch in die Privatklinik Goldenes Kreuz und in die Privatklinik Confraternität. „Insgesamt konnten die Betriebe der Premiqamed Group 2017 eine sehr positive Entwicklung des Leistungsspektrums verzeichnen”, zeigt sich Hadschieff zufrieden.

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