Offen für Neues und mutig sein, ins kalte Wasser springen, über den Tellerrand blicken, das ist das Motto von Eva Schwarzl, zuletzt Geschäftsführerin von WienIT. Die verheiratete Mutter zweier Kinder startete ihre Karriere bei der Volksbank Wien. Nach zwei Jahren als Unternehmensberaterin kam Schwarzl dann zu den Wiener Stadtwerken, war dort in verschiedenen Funktionen tätig und arbeitete zwei Jahre als Assistentin des Vorstandes in der Konzernleitung. Zuletzt bekleidete sie die Position der Bereichsleiterin Netzplanung, IKT und Kundenservice, bevor sie Geschäftsführerin der Wien-IT wurde. Schwarzl studierte an der Uni Graz und in Frankreich Betriebswirtschaftslehre, absolvierte ein Praktikum im Bankenbereich in Mailand und absolvierte einen MBA im Bereich Gesundheits-, Sport- und Eventmanagement in Krems.
medianet: Wie kamen Sie als Frau in den noch immer von Männern dominierten MINT- und IT-Bereich?
Eva Schwarzl: Wie es der klassische Zufall so will, war ich eigentlich externe Beraterin. Über die Beratungsschiene mit den Schwerpunkten Strategie und Organisationsentwicklung bin ich zu den Wiener Stadtwerken gekommen. Mich haben damals viele Menschen gefragt, wie ich zu einem städtischen Unternehmen des öffentlichen Dienstes passe. Genau aus diesem Grund hat es mich gereizt. Jedes Unternehmen muss sich wirtschaftlich ausrichten und zukunftsorientiert arbeiten. In diesem Bereich hat sich bei den Wiener Stadtwerken damals viel getan und der Prozess geht heute noch weiter. Ein paar weitere Zufälle haben mich dann in die Leitung von technischen Bereichen gebracht.
Innerlich war ich schon immer eine versteckte Technikerin, aber als ich studiert habe, waren Frauen in MINT-Fächern noch nicht so üblich. Deshalb habe ich mich für einen wirtschaftlichen Beruf entschieden, der mir viele Türen öffnete. Man muss in der heutigen Welt open-minded sein.
medianet: Sie nennen ‚offen für Neues und mutig sein, ins kalte Wasser springen, über den Tellerrand schauen‘ als Motto …
Schwarzl: Wenn man sich meinen Lebenslauf ansieht, erkennt man, dass ich immer wieder etwas anderes und Neues gewagt habe. Ich bin ein interessierter, neugieriger Mensch und sehr zukunfts- und lösungsorientiert. Wenn ein Problem auftaucht, habe ich hundert Ideen, wie man es lösen kann. Das überfordert meine Umgebung oft. Ich bin mit null Führungserfahrung in eine Führungsrolle mit 250 Mitarbeitern eingetreten. Das hat mich gereizt und es hat Spaß gemacht. Neue Herausforderungen, Veränderungen und Weiterentwicklungen sind genau das, was mir Freude bereitet. Das Leben soll Spaß machen und ewig das Gleiche zu machen, ist langweilig.
medianet: Eigentlich kommen Sie nicht aus dem Technikbereich, sondern aus dem Gesundheits- und Eventmanagement. Gibt es da Parallelen?
Schwarzl: Meinen MBA in Gesundheits- und Eventmanagement habe ich während der Karenz absolviert, davor studierte ich Betriebswirtschaft. Eventmanagement habe ich deshalb gewählt, weil dort das Leben pulsiert. Ein Event, das gut funktioniert, ist sehr straff organisiert. Diese Erfahrung konnte ich später mitnehmen, und umsetzen, wenn es darum geht, wie man in Meetings und Besprechungen agiert, und strukturiert vorgeht. Dabei habe ich Prozessmanagement und Strategie gelernt. Ein technisch angehauchter Beruf ist inhaltlich aber etwas ganz anderes.
Ich bin Betriebswirtin, gestaltungs- und zukunftsorientiert, und schaue gerne über den Tellerrand. Eigentlich kann ich in jedem Unternehmen tätig werden, denn Prozesse, Gestaltungsstrukturen und Weiterentwicklung finden sich in jedem Betrieb. Aber natürlich muss ich mich in dem gesamten Umfeld wohlfühlen und wiederfinden. Nur so kann ich dem Unternehmen einen Mehrwert bringen.
Gesundheitsmanagement ist in der heutigen Zeit wichtiger denn je. Deshalb ist eine meiner Grundüberzeugungen, dass jeder für sich selbst verantwortlich ist. Wenn ich sportlich sein und meinen Körper fit halten möchte, dann muss ich dafür etwas tun. Wenn ich psychisch und physisch gesund alt werden möchte, dann muss ich jetzt, heute und jeden Tag aktiv sein. Das obliegt unserer Eigenverantwortung. Deshalb kann ich meine Ausbildung im Gesundheitsmanagement jeden Tag gut nutzen.
medianet: Drei wichtige Leitfäden zur Mitarbeiterführung?
Schwarzl: Fragen stellen und zuhören, proaktiv führen, aber kein Mikromanagement umsetzen und persönlichkeitsorientiert führen. Ich bin jemand, der situativ führt.
medianet: Wie gehen Sie mit Mitarbeitern angesichts der heute nötigen Flexibilität und der raschen Veränderungsnotwendigkeit und den damit verbundenen Ängsten um?
Schwarzl: Grundsätzlich bin ich ein Freund des Informierens, Kommunizierens und davon, Mitarbeiter frühzeitig ins Boot zu holen. Als Führungskraft weiß ich aber auch, dass ich niemals alle mitnehmen kann. Ich bin ein Mensch, der gerne begeistert, denn Motivation ist intrinsisch. Deshalb kann ich niemanden motivieren, sondern nur begeistern, damit sich der Betreffende selbst motiviert. Ich kann Mittel und Wege finden um den Mitarbeitern Dinge zu erklären, näherzubringen und ihre Sorgen einzubeziehen. Es wird aber immer zwischen 20 und 30 Prozent an Mitarbeitern gehen, die einen Weg nicht mitgehen können oder wollen. Das ‚Können‘ kann eine Führungskraft durch Schulungen verändern, das ‚Wollen‘ nur bedingt.
medianet: Gibt es das klassische Wiener Grantlertum noch, oder ist es am Aussterben? Wie gehen Sie mit diesem Typ Mensch um?
Schwarzl(schmunzelt): Das ist themen-, abteilungs- und führungsabhängig. Für mich ist es sehr reizvoll, so jemandem gegenüber zu sitzen. Ich bin ja gebürtige Grazerin und habe die Wiener Seele erst kennen- und vielfach schätzen gelernt. Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn jemand sich beispielsweise zu einer Sache nicht äußert, sondern ein Thema stillschweigt.
medianet: Sie sagen, dass Sie gerne etwas Neues wagen. Was könnte das in Zukunft sein?
Schwarzl: Grundsätzlich reizt es mich, in einem technisch orientierten, produzierenden Unternehmen zu arbeiten. Auf Basis meiner Ausbildung und meines bisherigen Werdegangs wird das vorrangig im kaufmännischen Bereich eines Unternehmens sein, bei dem ich mit dem Blick aufs Ganze die Weiterentwicklung mitgestalte. Da in jedem Betrieb neben den Mitarbeitern funktionierende Prozesse – möglichst lean gehalten – die Basis des Geschäfts darstellen, hat die Prozessweiterentwicklung gepaart mit der Digitalisierung eine große Bedeutung. In diesem Zusammenhang beschäftigt aktuell viele Unternehmen der sinnvolle Einsatz von KI. Da liegt noch ein spannender Weg vor uns. Meiner Erfahrung nach hat de facto fast jedes Projekt auch eine IT-Komponente.
Die IT wird mir also immer am Herzen liegen, genauso wie die strategische in die Zukunft gerichtete Organisationsentwicklung. Beispielsweise hat Gartner Research bereits vor Jahren erkannt, dass die IT aufgrund ihrer Bedeutung sehr nahe an der Strategie und am kaufmännischen Bereich angesiedelt sein sollte. Dies vor allem aus dem Grund, dass es sich dabei häufig um einen wichtigen Part handelt, in den ein Unternehmen investiert. Mich interessiert der Wertschöpfungsprozess, denn hier erkennt man, ob ein Unternehmen effizient und effektiv arbeitet.
Das ist eine spannende Herausforderung, die ich mir sehr gut vorstellen kann, da ich ein sehr technisch affiner, strukturierter, aber gleichzeitig sehr kreativer Mensch bin. Ich finde es spannend, Funktion und Design zu kombinieren, sei das bei einem neuen Produkt, einem strategischen Aspekt oder im Rahmen eines Projekts.
