Zielrichtung Net Zero in der Industrie
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INDUSTRIAL TECHNOLOGY Redaktion 05.11.2021

Zielrichtung Net Zero in der Industrie

PwC ruft zum Kampf gegen die Erderwärmung auf; Kearney hat Praxistipps zur Dekarbonisierung parat.

••• Von Helga Krémer

GLASGOW / WIEN. Während die Welt­klimakonferenz (COP26) im schottischen Glasgow tagt, verdeutlicht der PwC Net Zero Economy Index die Dringlichkeit für mehr Engagement im Kampf gegen die Erderwärmung. Denn nach dem kurzweiligen Rückgang der weltweiten Emissionen infolge von Covid-19 gestaltet sich das im Pariser Klimaabkommen beschlossene 1,5-Grad-Ziel als herausfordernd: Laut Index ist dafür eine um das Fünffache höhere Dekarbonisierungsrate erforderlich.

Die Ergebnisse des Net Zero Economy Index zeigen, dass eine Dekarbonisierungsrate von 12,9% erforderlich ist, um die weltweiten Emissionen bis 2030 um die Hälfte zu reduzieren und um das Net-Zero-Ziel bis zur Mitte des Jahrhunderts zu erreichen. Diese Quote ist fünf Mal so hoch wie die letztes Jahr erzielte (2,5%) und um ein Achtfaches schneller als der weltweite Durchschnitt im Laufe des 21. Jahrhunderts. Die Zeitschiene werde zur Einhaltung des im Pariser Klimaabkommen verankerten 1,5-Grad-Ziels benötigt, um die verheerenden Folgen des Klimawandels abzuwenden, so die PwC-Experten.

Pandemiebedingter Rückgang

Um 4,3% ging der globale Energiebedarf im Jahr 2020 zurück und führte zu einer Reduzierung der energiebedingten Emissionen um 5,6% – ausgehend vom Niveau von 2019 – sowie zu einem Rückgang der weltweiten Emissionen insgesamt. Als Folge lag die weltweite Dekarbonisierungsrate bei 2,5%. Erfreulich, aber zu wenig, denn diese atypische Reduktion des Energiebedarfs und der Emissionen liege laut des Unternehmensberaters weit hinter den Fortschritten, die nötig sind, um ein Ansteigen der Temperatur um mehr als 1,5°C zu verhindern.

Politik versus Klima

„Der ‚Emissions-Gap' wächst trotz der derzeitigen Bemühungen von Unternehmen und Regierungen”, sagt Thomas Steinbauer, Corporate Responsibility und Net Zero Leader bei PwC Österreich, und erklärt: „Einfach ausgedrückt bedeutet das, dass die bis zum heutigen Tage gesetzten Maßnahmen bei Weitem nicht ausreichen, um dem Ausmaß und der Dringlichkeit der globalen Klimakrise gerecht zu werden. Um das Net-Zero-Ziel zu erreichen, werden Transformationen in allen Industriebereichen erforderlich sein.”

Auch im Zuge der Konjunkturabschwächung im Jahr 2020 habe kein Land in der G20-Gruppe die Dekarbonisierungsrate von 12,9% erreicht, die erforderlich wäre, um die Erwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken. Obwohl sich die Mehrheit der G20-Staaten ambitionierte Klimaziele gesetzt hat, müssen diese erst in klare politische Maßnahmen umgewandelt werden, um die erforderlichen Veränderungen zu erreichen. Für das Erreichen des Net-Zero-Ziels bis zur Mitte des Jahrhunderts ist laut dem PwC-Experten Steinbauer eine Zusammenarbeit zwischen Politik, sämtlichen Branchen und über die gesamte Industrie hinweg erforderlich.

Prioritäten setzen

„Viele Unternehmen haben die Notwendigkeit, etwas zu tun, erkannt, sie messen dem Thema aber noch zu geringe Priorität auf ihrer strategischen Agenda bei”, erklärt Guido Hertel, Partner bei Kearney und Co-Autor der Studie „Decarbonization in industrial goods firms”. Die Studie basiert auf der Befragung von 100 Führungskräften produzierender Unternehmen in Deutschland, den USA und China. „Die Zahl der Unternehmen, die sich zu Initiativen verpflichten, liegt deutlich unter dem erforderlichen Niveau. Damit bleibt viel CO2-Einsparungspotenzial ungenutzt – das ist aus ethischer und unternehmerischer Sicht unverständlich”, so Hertel weiter, „denn früher oder später werden alle Unternehmen mit der regulatorischen Not­wendigkeit konfrontiert sein, ihre Emissionen zu berücksichtigen.”

Praktische Empfehlungen

Industriegüterhersteller sind in der Lieferkette besonders gut geeignet, die Chancen der Dekarbonisierung zu nutzen. Während ihre Geschäftstätigkeit bereits ein guter Ausgangspunkt zur Reduzierung der CO2-Emissionen ist, liegt der mächtigere Hebel in den Auswirkungen auf der Lieferkette ihrer Kunden und der Endkunden. Um Unternehmen im Dekarbonisierungsprozess zu unterstützen, hat Kearney drei praktische Empfehlungen entwickelt:
• Mit der Identifikation gewinnbringender CO2-Emissionsreduktionen, z.B. durch den Wechsel zu CO2-neutralen oder erneuerbaren Energiequellen, schnelle Erfolge realisieren.
• Lieferketten klimaneutral entwickeln, z.B. mit Einbeziehung des CO2-Fußabdrucks in die Lieferantenauswahlkriterien, Verlängerung der Produktlebensdauer für ausgereifte Technologien und Identifizierung von Ersatzstoffen für Rohstoffe mit einem hohen CO2-Fußabdruck .
• Und schließlich: das Geschäftsmodell anpassen. Veränderungen und damit Verbesserungen seien Kearney zufolge in den Bereichen „Strategie” – etwa mittels Optimierung des Unternehmensportfolios hin zu CO2-minimierten Produkten und Produktdesign –, aber auch in der „Fertigung”, z.B. durch Wiederaufarbeitung von Produktionsabfall sowie im Bereich „Demontage und Entsorgung”, etwa mit der Bereitstellung energieeffizienter, modularer Upgrade-Optionen, anzustreben.

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