Wien. Juwelier Wagner ist nicht nur wegen des hochkarätigen Sortiments ein glanzvoller Vertreter der rund 157.000 österreichischen Familienunternehmen, sondern auch im Hinblick auf die Nachfolge, die oft ein Knackpunkt und potenzielle Konfliktquelle ist. medianet hat mit Hermann Gmeiner-Wagner und seinen Kindern Antonia und Felix, die den Traditionsbetrieb nun leiten, über den Generationenwechsel in der Chefetage gesprochen.
medianet: Haben Sie sich gewünscht, dass Ihre Kinder in das Familienunternehmen einsteigen bzw. es dann später auch übernehmen?
Hermann Gmeiner-Wagner: Die Berufswahl sollte unserer Meinung nach jeder für sich selber treffen können. Denn nur was man gerne macht, macht man auch gut. Wir haben daher die Berufswahl unseren beiden Kindern immer selbst überlassen und nie einen dezidierten Wunsch oder gar Druck in Sachen Nachfolge ausgeübt.
medianet: Wie haben Sie das empfunden? Gab es Erwartungen seitens Ihrer Eltern bzw. hatten Sie das zumindest gelegentlich so wahrgenommen? ?
Antonia & Felix: Gott sei Dank gab es diese nicht – ansonsten wären unsere Entscheidungen wahrscheinlich anders ausgefallen. Wir beide hatten wirklich eine komplett freie Berufswahl, und das war unserem Gefühl nach sehr wichtig so.
medianet: Es herrscht die Meinung, dass der Generationenwechsel bzw. der Einstieg der Nachfolgegeneration für Familienunternehmen oft eine kritische Phase ist. Wie sehen Sie das? Was sind potenziell die größten Konfliktquellen und wie kann man sie mildern oder vermeiden?
Gmeiner-Wagner: Gar nicht loslassen zu können für die ältere Generation und zu lange keine selbständigen Entscheidungen treffen zu dürfen für die jüngere Generation sind wahrscheinlich die größten Konfliktquellen. Wenn man sich aber dessen bewusst ist, kann man gut dagegensteuern. Nachdem unsere beiden Kinder nun schon seit acht bzw. sieben Jahren im Unternehmen arbeiten, hat sich die Zusammenarbeit seit langem gut eingespielt und die beiden haben im ‚Daily Business' bereits alle Aufgabenbereiche übernommen.
medianet: Ab wann haben Sie sich mit dem Nachfolge-Thema ernsthaft beschäftigt? Was wäre die Option gewesen, hätten Ihre Kinder kein Interesse gehabt?
Gmeiner-Wagner: Sowohl unsere Tochter als auch unser Sohn haben nicht mit dem Vorsatz im eigenen Unternehmen begonnen, dass sie immer dabei bleiben werden oder müssen. Daher haben wir uns nicht von Beginn ihres Einstiegs mit dem Thema der Nachfolge beschäftigt. Dies ist dann erst im Laufe der guten Zusammenarbeit gewachsen. Wäre kein Interesse seitens der nächsten Generation da gewesen, wäre auch ein Verkauf des Unternehmens denkbar gewesen.
medianet: Wenn Sie Ihren eigenen Eintritt ins Familienunternehmen mit dem Ihrer Kinder vergleichen, wo sehen Sie die größten Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten?
Gmeiner-Wagner: Als ich in unser Familienunternehmen eingetreten bin, hat meine Mutter sehr rasch Verantwortung und Entscheidungsfragen an mich abgegeben. Ich glaube, sie hat das damals als eine große Erleichterung empfunden. Der Unterschied ist, dass damals, Anfang der 1980er Jahre, das Unternehmen kleiner war, daher heute die Verantwortung viel größer ist. Kleinere und mittlere Entscheidungen werden derzeit von unserer Tochter und unserem Sohn getragen. Große Entscheidungen treffen wir nach wie vor gemeinsam.
medianet: Wann war Ihnen bewusst, dass das Familienunternehmen eine mögliche berufliche Option für Sie ist? ?
Antonia & Felix: Wir beide haben zwar Wirtschaft studiert, dachten aber zu dem damaligen Zeitpunkt noch nicht an einen Einstieg in das Familienunternehmen. Das hat sich dann erst nach Abschluss des Studiums entwickelt.
medianet: Wann haben Sie die Entscheidung getroffen, in das Familienunternehmen einzusteigen und welche Gründe waren dafür ausschlaggebend?
Antonia: Ich erinnere mich gerne an das gemütliche Sonntagsessen, bei dem mich mein Vater fragte, ob ich kurz bei der Entwicklung einer neuen Website helfen möchte. Ich dachte mir, das klingt spannend – also warum nicht. Bereits nach den ersten Tagen im Unternehmen war mir klar, ‚da bleibe ich'.
Felix: Bei mir war das ähnlich. Unser Vater fragte mich, ob ich spontan helfen könnte, weil dringende Unterstützung in der Warenwirtschaft benötigt wurde. Ich hatte Zeit – also war ich dabei. Auch mir hat es auf Anhieb so gut gefallen, dass die Entscheidung zu bleiben selbstverständlich war
medianet: Wie wichtig ist es Ihrer Meinung nach, berufliche Erfahrungen außerhalb des eigenen Unternehmens zu sammeln?
Gmeiner-Wagner: Das ist ein sehr wichtiges Thema und es ist für alle in Familienunternehmen Tätigen empfehlenswert, vor Eintritt ins eigene Unternehmen Erfahrungen in anderen Firmen zu machen. Beide unsere Kinder waren auch vorab in anderen Firmen beschäftigt
medianet: Zahlreiche Studien zeigen, dass Millennials und Gen Z in puncto Beruf und Kaufverhalten ganz anders ticken als die ältere Generation. Können Sie das bestätigen bzw. welche diesbezüglichen Beobachtungen machen Sie?
Gmeiner-Wagner: Das Aufwachsen mit Handy, Smartphone und EDV hat die junge Generation bestimmt stark geprägt und in vielen Bereichen auch das Kaufverhalten hin zum Online-Shopping beeinflusst. Da es in unserer Branche aber um sehr langlebige Dinge geht, die oft zu besonderen familiären Anlässen gekauft und geschenkt werden, spielt sowohl das Thema Vertrauen als auch das Thema des Kauferlebnisses an sich eine sehr große Rolle. Webshop und digital getätigte Einkäufe tangieren uns deshalb bisher nur am Rande.
Antonia & Felix: Es ist sicher so, dass es zwischen den Generationen Unterschiede in den Denk- und Verhaltensweisen gibt. Das merken wir zum Beispiel in der Zusammenarbeit, wenn wir beide die gleiche Ansicht zu einem Thema teilen, unsere Eltern aber eine andere. Diese Unterschiede gab es jedoch bestimmt auch schon zwischen den Generationen davor.
Auf das Konsumverhalten in unserer Branche sehen wir aber keine großen Veränderungen. Schöne Ereignisse wie Geburtstage, Jubiläen oder Hochzeiten, die man gerne mit seinen Liebsten feiert, gab es früher genauso wie heute. Und genau zu diesen Ereignissen kauft man lieber im Geschäft als online, da auch das Einkaufserlebnis an sich zu einer schönen Erinnerung wird.