Istriens Gold: Trüffeln
© Thorsten Bronner
Das idyllisch gelegene Städtchen Motovun liegt inmitten einer ertragreichen Trüffelgegend. Aber auch andere Orte im Hinterland geben optisch und kulturell viel her.
LUXURY BRANDS&RETAIL Günter Fritz 30.06.2023

Istriens Gold: Trüffeln

Abseits von Baden, Sport und Kultur – eine Trüffelsuche in Istrien ist ein besonderes Erlebnis.

Buzet. Pipo ist aufgeregt: Im Wald knackt und raschelt es, und schon sprintet er los in die Richtung, aus der das Geräusch kommt. Der schwarze Mischlingsrüde ist zwar in der Ausbildung zum Trüffelsuchhund bereits weit fortgeschritten und schnüffelt heftig herum, er befindet sich aber noch in der Pubertät und lässt sich dementsprechend leicht ablenken, wie Daniela Puh erklärt. Sie leitet gemeinsam mit ihrem Mann Marko Natura Tartufi in Mala Huba, nahe dem istrischen Städtchen Buzet. Unter dem Markennamen Pietro & Pietro vermarkten sie Trüffeln, die aus ihren eigenen Wäldern bei Buzet und Motovun stammen bzw. von 500 privaten Waldbesitzern zugekauft werden. Und sie stellen rund 40 hausgemachte Produkte her, in denen Trüffeln verarbeitet werden: von Salami über Käse, Öl, Kartoffelchips, Schokolade, Honig, Trüffelcreme bis zu Bier in Kooperation mit der istrischen Privatbrauerei San Servolo, das sich zu einem „echten Renner” entwickelt hat, so Daniela Puh: „Unsere Familien beschäftigen sich schon seit sechs Generationen, genauer seit 1932, mit der Trüffelsuche. Damals kaufte der Urgroßvater den ersten Hund, Reno, der im Laufe der Zeit ein ausgezeichneter Trüffeljäger wurde.”

In den Wäldern des Mirnatals

Ein solcher soll auch Pipo werden, mit dem wir im Buzestina-Mischwald im Mirnatal unterwegs sind; hier befindet sich der Pietro & Pietro-Trüffelpark, in dem wir Wissenswertes über den begehrten Knollenpilz – häufig ob seines Preises auch als schwarzes bzw. weißes „istrisches Gold” bezeichnet – erfahren; vor allem aber können wir selbst danach suchen: Über Waldwege, durch Gestrüpp und über einen Bach laufen wir Pipo und Hundeführer Davor Podbevšek im Buzestina-Wald hinterher, in der Hoffnung, dass er bald anschlägt. Das dauert nicht lange, doch dann stellt sich heraus, dass er auf ein Knacksen und ein Geräusch eines Tieres im Wald reagiert hat, dann wieder sind es andere Ablenkungen … Doch schlussendlich kommt der ersehnte Moment, und Pipo wird doch noch fündig. Eine ordentliche schwarze Trüffel ist es, die Davor dann mit einem speziellen Trüffelspaten aus der Erde holt. Und wir alle freuen uns mit dem Hundemischling, der für seinen Fund einen kleinen Belohnungshappen bekommt.
Dass in Istrien Hunde bei der Trüffelsuche zum Einsatz kommen – in Frankreich und Italien sind es Schweine –, hat mehrere Gründe: Schweine würden zwar besser riechen als Hunde, seien aber viel schwieriger zu bändigen, wenn sie einmal eine Trüffel entdeckt haben, schildert Daniela. Hunde könnten zudem viel einfacher in einer am Geländewagen angebrachten Box zu ihren Sucheinsätzen gebracht und auch besser trainiert werden.

Langjähriges Training

„Drei Jahre trainieren wir die Hunde für die Trüffelsuche, dann erst zeigt sich, ob sie gut genug sind”, sagt die Natura Tartufi-Chefin. Dies geschieht in mehreren Schritten: Schon im zarten Alter von wenigen Wochen werden die Hundebabys auf den Trüffelgeschmack gebracht, indem die Zitzen der Muttertiere mit Trüffelöl bestrichen werden. So saugen die Welpen ihre spätere Fähigkeit buchstäblich mit der Muttermilch auf. Im Alter von sieben bis acht Monaten kommen sie dann erstmals im Wald mit Trüffeln in Berührung und werden mit der Suche vertraut gemacht. Für jede aufgespürte Knolle gibt es einen in Trüffelöl getränkten Brothappen zur Belohnung. Trüffelhunde – meist Weibchen – sind übrigens alles andere als billig: Zwischen 3.000 und 10.000 € kostet so ein Hundebaby im Schnitt, je nach Trüffelsuch-Stammbaum kann es aber auch mehr sein. Gut ausgebildet sind sie jedenfalls ihr Geld wert: Kostete doch zum Zeitpunkt unseres Besuchs im Oktober letzten Jahres ein Kilo schwarzer Trüffel 1.195 €, die selteneren weißen Trüffel gar 3.971 €.
Dennoch: Das unvergleichliche Aroma der knapp unter der Erdoberfläche wachsenden Knollenpilze muss man mögen. „Mit Trüffeln ist wie mit Gewürzen: Entweder man mag den Geschmack oder nicht”, sagt Daniela Puh, die sich nicht über mangelnde Nachfrage seitens der Feinschmecker beklagen kann: Während in den 1970er-Jahren ihr Vater noch nach Italien fahren musste, um die istrischen Trüffel dort in Restaurants zu verkaufen, werden sie heute per DHL-Luftfracht binnen 24 Stunden weltweit frisch exportiert – bis in die USA, nach Singapur, Japan und Australien. 4.000 bis 5.000 kg Trüffeln vermarktet Natura Tartufi pro Jahr, davon sind 400 bis 1.000 kg weiße Trüffel, je nach klimatischen Bedingungen.
2021 sei „ein sensationelles Jahr” gewesen, 2022 dagegen „aufgrund der Trockenheit nicht so gut”, so Daniela Puh: „Trüffeln sind für uns nach wie vor ein großes Mysterium”, sagt Daniela. Trüffeln wachsen bevorzugt in der Nähe von Eichen und einigen anderen Bäumen wie Buche oder Hasel und in Istrien in einer Erde, die der im Piemont ähnelt. Wenn das Wetter passe, dann gebe es wie bei Steinpilzen, die ähnliche Bedingungen brauchen, einen Wachstumsschub. Man wisse noch immer nicht genau, wie lange sie bis zur Reife brauchen, aber nach ausgiebigen Regenfällen wahrscheinlich nur fünf bis zehn Tage, so die Natura Tartufi-Chefin. „Mein Vater hat immer gesagt, beim Festessen zu Weihnachten können wir darüber reden, wie das Jahr tatsächlich gelaufen ist.”

Ein nicht alltäglicher Genuss

Trüffelsuchen kann man in Istrien übrigens zu jeder Jahreszeit – vielleicht mit Ausnahme von Jänner und Februar, wenn das Wetter zu ungemütlich ist. Die begehrten Knollen wachsen jedenfalls mehr oder weniger das ganze Jahr über; zwischen September und Anfang Jänner speziell die begehrten weißen Trüffeln, in den übrigen Jahreszeiten vor allem die schwarzen.
Und wer bei Daniela und Marko Puh eine Trüffelsuche bucht – zum durchaus wohlfeilen Preis von ca. 55 € pro Person –, bekommt dafür nicht nur ein kleines Abenteuer, sondern auch ein kulinarisches Erlebnis in Form einer delikaten Verkostung ausgewählter Trüffelprodukte – samt dem eingangs erwähnten Trüffelbier und einer großen Portion Rührei mit reichlich weißen Trüffeln als Höhepunkt. Ein wahrlicher Genuss, in den man nicht alle Tage kommt.


Istrien Tourismus: www.istra.hr
Natura Tartufi:
www.pietroandpietro.com

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