Mode als schützende Hülle
© Thirza Schaap
Die Niederländerin Li Edelkoort zählt zu den bekanntesten und einflussreichsten Trendforscherinnen. Zu ihren Kunden zählen führende Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen – von Mode und Kosmetik über Architektur bis Mobilität.
LUXURY BRANDS&RETAIL irmie schüch-schamburek 07.04.2023

Mode als schützende Hülle

Cooler Ausblick: Wickelkinder und Winterschlaf sind laut Li Edelkoort die Trendthemen für die Wintersaison 2024/25.

Paris. Das Leben in der verheerendsten Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg, wie es Li Edelkoort betitelt, fordert seinen Tribut. Es bringt die Gesellschaft aus dem Gleichgewicht, hinterlässt tiefe Konfliktnarben und psychische Probleme, insbesondere bei den jüngsten Generationen. Darauf reagieren Design und Mode, indem sie sich in einen Schutzmodus einschwingen, um Menschen symbolisch zu heilen, zu umsorgen und sie zu „pucken” (engl. swaddling). Bei dieser Wickeltechnik werden Säuglinge in den ersten Lebensmonaten eng in ein Tuch eingebunden, um ihnen das Gefühl der Sicherheit zu vermitteln.

Das Bedürfnis nach solch behütender Umhüllung wird sich laut Edelkoort in einem überwältigenden Revival der Strickwaren widerspiegeln. Sie sind nicht mehr nur ein Beiwerk, sondern man wird sich von Kopf bis Fuß, von morgens bis abends damit umhüllen.
Fluffige und feine Wollqualitäten sind ebenso dabei wie funktionale Hightech-Garne, elegante Seidenmischungen und für abends metallisch-schimmernde Qualitäten. In der Herbst/Winter-Saison 2024/25 liegt ein stärkerer Fokus auf Naturmaterialien, doch auch recycelte Textilien bleiben weiter ein Thema.

Chic in mehreren Schichten

Der Winterschlaf (engl. Hibernation), der Tiere vor gefährlichen Umweltbedingungen schützt, war eine weitere Inspirationsquelle für die Prognose der Trendexpertin. Modisch manifestiert er sich in Pullovern, Strickjacken und Ponchos, die dem Körper helfen, emotionalen Stress zu bekämpfen und weniger (Heiz)Energie zu verbrauchen.
Wir konditionieren uns für das Überleben in sprichwörtlich kalten Zeiten, heizen weniger, werden im Verbrauch von Ressourcen sparsamer, hüllen uns – modisch durchaus raffiniert – in mehrere Kleidungsschichten. Dazu werden Schals, Handschuhe, gestrickte Socken, Mützen oder Sturmhauben sowie Stiefel bzw. pelzgefütterte Hausschuhe getragen.
Weiche Silhouetten und Oversized-Teile vermitteln Geborgenheit. Selbst bei mildem Wetter präsentiert sich der Look winterlich, mit leichten „bold”-Materialien, die sich den Temperaturen anpassen.
Bequemlichkeit bleibt ein wichtiges Thema, aber der Stil komfortabler Kleidung ändert sich – Sportschuhe, Jogginghosen und Hoodies sind endgültig out.

Pastells & Naturfarben

Neben Strick und Heavy Jerseys spielen winterliche Wollstoffklassiker wie Fischgrät, Salz & Pfeffer, Tweed und Cord eine wichtige Rolle – in besonders kuscheligen Qualitäten, mit Federn, Fransen oder delikaten Stickereien versehen.
Die Farbpalette definiert sich vor allem durch sanfte, organische Pastellnuancen, mit vielen Schattierungen von Winterweiß, Grau und Beige sowie Kupfertönen. Gedämpfte Candy Colors, die an die Kindheit erinnern, beispielsweise Jade, Rosé, Babyblau, Flieder oder Aprikose fungieren als farbliche Wohlfühl-Tools. Aktivierende Farbvitamine wie Honig, Fuchsia, Pistazie, Kaki, Kürbis, Klatschmohn, Bordeaux oder Olivgrün, insbesondere die warmen, lebendigen Farben des herbstlichen Laubwalds, sind willkommene Stimmungsaufheller und werden mit den Neutrals kombiniert.

Fauna & Flora

Die Muster in der Mode, bei Accessoires sowie im Interieur-Design sind von der Pflanzenwelt inspiriert, ergänzt durch abstrakte Camouflage-Designs, die ihren Ursprung oft in tierischen Tarnungsoptiken haben, insbesondere jenen von Reptilien.
Generell wird sich der Trend, weniger, aber qualitativ hochwertigere und nachhaltige Waren zu kaufen, weiter intensivieren, prophezeit Li Edelkoort. Selbst der billige Mass Market wird dies spüren, da „Wegwerfkleidung”, die nur wenige Male getragen und dann entsorgt wird, auch bei dieser Kundenschicht out ist.

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