Das Minus hinter der Rekordzahl
MARKETING & MEDIA Redaktion 22.10.2021

Das Minus hinter der Rekordzahl

Das Geldvermögen der Österreicher ist auf ­einen Höchstwert gestiegen. Zwangsläufig.

Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider

 

RÜCKBLICKEND. Sie hatte auch gute Seiten, die Pandemie. Händewaschen wurde trendy, sich krank in die Arbeit zu schleppen, geriet aus der Mode, die Generation 70+ eignete sich aus der Not heraus recht passable IT-Kenntnisse an, und halb Österreich verfügt inzwischen über ein epidemiologisches Halbwissen, das vor drei Jahren noch Staunen und Bewunderung hervorgerufen hätte. Jetzt rennen wir damit eher „mit dem Schüwi”, wie die Oberösterreicher sagen (Schüwi = Schippel = Schar; durchschnittlich sein).

Neu dazurechnen auf der Plusseite dürfen wir jetzt, laut einer aktuellen Meldung der Nationalbank, den in der Krise aufgepoppten Wohlstand wider Willen. Das Privatvermögen der Österreicherinnen und Österreicher erreichte nämlich im diesjährigen Sommer einen neuen Höchststand. Die verfügbaren Mittel beliefen sich im Vorjahr auf fast 39 Milliarden Euro. Direkt vom Einkommen weggespart haben die heimischen Sparefrohs 32 Milliarden; der Rest setzt sich aus Krediten und – am anderen Ende des Spektrums – aus Erbschaften zusammen. Das gesamte Geldvermögen im Lande stieg damit auf beeindruckende 800 Milliarden Euro. Das sind knapp 100.000 Euro in finanziellen Veranlagungen bzw. Bargeld pro Mann, Frau, Kind und Kegel im Lande, um es in eine greifbare Zahl zu verwandeln.
Die Gründe dafür liegen im „historischen Einbruch des privaten Konsums”, schreibt die OeNB in ihrem Report. Sie erinnern sich: Die Verkaufsschlager im heimischen Handel waren eine Zeit lang Klopapier, Linsen und Nudeln – damit feiert man keine rauschenden Konsumfeste.

Der Wissenschafter Steven Taylor (er hat ein Buch über die Psychologie von Pandemien geschrieben) klärte das Toilettenpapier-Mysterium im vergangenen Frühjahr: Durch die unzähligen Bilder von Einkaufswagen voller Klopapier­rollen in den Sozialen Medien sei es „zu einem Symbol für Sicherheit in den Köpfen der Menschen ­geworden”. Negative Begleiterscheinung des neuen finanziellen Biedermeiers waren Kurzarbeit und explodierende Arbeitslosenzahlen. ­Möge also der Konsum fröhliche Urständ’ feiern!

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL