Einer wie keiner: FM4 feiert 30. Geburtstag
© Martina Berger
MARKETING & MEDIA Redaktion 17.01.2025

Einer wie keiner: FM4 feiert 30. Geburtstag

Dodo Roscic, seit 2022 Senderchefin von FM4, über die Wurzeln und die Zukunft des Jugendradiosenders.

••• Von Dinko Fejzuli

Kaum zu glauben, aber Österreichs Vorzeige-Jugendradiosender FM4 feiert im Jänner diesen Jahres seinen bereits 30. Geburtstag. Senderchefin Dodo Roscic erzählt im medianet-Interview, was FM4 immer noch besonders macht, wie er sich vom Rest der Radio-Anbieter abhebt und warum er weiterhin relevant bleiben wird.

 

medianet: Frau Roscic, FM4 feiert seine ersten 30 Jahre. Heute sind Sie selbst Senderchefin im Haus, aber was sind Ihre ganz persönlichen Erinnerungen an den damaligen Start von FM4?
Dodo Roscic: Davor gab es ja Blue Danube Radio und am 16. Jänner um 19 Uhr fand auf dieser Frequenz etwas vorher noch nie Dagewesenes statt, als Angelika Lang in der mittlerweile hinlänglich bekannten Szene als erste Moderatorin von FM4 den Kaugummi ans Mischpult klebte und mit wohlfeil gewählten Worten nicht mehr und nicht weniger als eine neue Radio-Ära einläutete und mit ‚Sabotage' von den Beasty Boys auch gleichsam die erste Hymne des Senders in den österreichischen Äther sandte. Es war großartig.

medianet:
Nicht nur in den österreichischen. Mit der Zeit hatte FM4 Fans bis nach München hinauf …
Roscic: FM4 hat sehr viele Freundinnen und Freunde in Deutschland, was uns sehr freut. Und ich bin auch stolz darauf, dass das ein österreichisches Produkt ist, um das uns in Deutschland viele regelrecht beneiden.

medianet: Was war denn eigentlich die Grundidee von FM4?
Roscic: FM4 hat sich aus einem Nukleus von musikbegeisterten Journalistinnen, die sich abseits des Mainstreams positioniert haben, ergeben. Die Idee des damaligen Hörfunkintendanten Gerhard Weiss war, dass man Menschen über die Ö3-Hörerschaft hinaus ein Angebot machen wollte. Der Gedanke dahinter war, für Menschen zu senden, die musikalisch, aber vielleicht auch thematisch, teilweise außerhalb des Mainstreams verhaftet sind. Diese sind logischerweise nicht die Mehrheit, aber es ist eine wichtige Gruppe und ein wichtiges zukunftsgerichtetes Milieu, in dem gesellschaftspolitische Themen ihren Anfang nehmen. Hier war es damals für den ORF wichtig, ein Angebot bereitzuhalten, und ich finde, dass dies bis heute wichtig geblieben ist.

medianet:
Wer genau sind denn nun die Hörerinnen und Hörer von FM4?
Roscic: Es sind im weitesten Hörerkreis gut eine Million Menschen und gut 310.000, die wir täglich erreichen und die ich als so etwas wie eine Wertegemeinschaft bezeichnen würde.

medianet: Ein Merkmal von FM4, und das wurde vom Vorgänger Blue Danube Radio übernommen, ist, dass ein Teil des Programms auf Englisch ist. Warum eigentlich?
Roscic: Das ist ein sehr wichtiger und definitiv identitätsstiftender Teil von FM4. Es gibt eine große Musik Mapping-Studie, aus der hervorgeht, dass die Menschen außer der Musikfarbe sich wegen der mehrheitlichen Fremdsprachigkeit für uns entscheiden. Und was auf den ersten Blick vielleicht wie ein Pferdefuß wirken mag, weil es nicht niederschwellig ist, da zum Teil in einer anderen Sprache, ist in Wahrheit ein Vorteil, der für die Hörerinnen und Hörer wichtig ist, weil er für sie unter anderem eine gewisse Offenheit ausdrückt.

medianet:
Und was hat Sie gereizt, sich vor über drei Jahren um die Führung genau dieses Senders zu bewerben?
Roscic: Für mich ist FM4 nicht nur eine der interessantesten, sondern auch eine der wichtigsten Marken des ORF. Ich selbst bin ja schon lange dabei und habe in dieser Zeit schon einiges gemacht. Ich war beim Radio, im Fernsehen, habe moderiert, war hinter den Kulissen, habe entwickelt, geschrieben und es war schließlich ein großer Wunsch von mir, bei einer so spannenden Marke wie FM4 Verantwortung übernehmen zu können.

medianet:
Woran erkennt man den bisherigen Fußabdruck der Dodo Roscic bei FM4?
Roscic: Ich hoffe, es ist eher ein Fingerabdruck (lacht). Ich glaube, wir haben, ohne den Markenkern zu verlassen, die Qualitäten des Senders einfach besser in die Auslage gehoben.

medianet: FM4 ist nicht nur on Air, sondern auch off Air bei etlichen Musik-Events unübersehbar. Wie wichtig ist die physische Präsenz bei den Hörerinnen und Hörern draußen, vor Ort?
Roscic: Ja, Marken müssen heute 360 Grad, digital und auch in den Sozialen Medien präsent sein. Aber: In unserem Fall und für das Genre, für das wir stehen, nämlich auch Live-musik oder Festival-Radio, ist es wahnsinnig wichtig, auch bei analogen Touchpoints wie beim Novarock, beim FM4 Frequency oder bei neu geschaffenen Festivals wie dem Lido Sounds in Linz präsent zu sein. Deshalb ist auch das FM4-Geburtstagsfest, das ja mittlerweile auch ein kleines Festival ist, extrem wichtig für uns. Überall dort belegen wir, abseits von unserem On Air-Programm, unsere Musikkompetenz.

medianet: Dann bleiben wir gleich bei der Bedeutung von FM4 für die heimische Musikszene. Worin genau liegt sie nun?
Roscic: FM4 spielt, und das nicht wegen einer Quote, sondern aus Überzeugung, 40 Prozent österreichische Musik on Air. Und das Interessante ist, dass Musikerinnen und Musiker, die FM4-affine Musik machen, überdurchschnittlich viel live spielen. Das ist aber auch ein wirtschaftlich wichtiger Faktor, denn an so einem Live-Act hängen ja viele andere dran, wie Tontechniker und Tontechnikerinnen, Veranstalter und Veranstalterinnen und so weiter. Diese Tatsache wird auch von einer Studie zur Wertschöpfung der Musikwirtschaft in Österreich untermauert, die belegt, dass die Musikwirtschaft in Österreich komplett unterschätzt wird. Hier ist FM4 eine verlässliche Partnerin der österreichischen Musikschaffenden und somit auch der Veranstaltungsbranche.

medianet:
Dies könnte sich, je nachdem welche Regierung Österreich künftig bekommt, ändern. Denn vor allem die FPÖ möchte das Angebot des ORF, und das könnte auch FM4 betroffen, deutlich reduzieren …
Roscic: Ich werde keine medienpolitischen, aktuell stattfindenden Debatten kommentieren. Da bitte ich um Ihr Verständnis.

medianet:
Dann lassen Sie uns einen Blick auf die nächsten 30 Jahre von FM4 werfen. Woran arbeiten Sie hier?
Roscic: Wir arbeiten weiterhin daran, unsere Marke unter dem großen Druck auch der Streamer und der Angebote von Social Media als 360-Grad-Marke interessant und relevant zu halten und zwar mit unseren Inhalten, damit wir die Userinnen und User eben auch dort erreichen, wo sie sich befinden.


medianet:
User ist ein gutes Stichwort. FM4 hatte zu Beginn nur Hörerinnen und Hörer, die sind quasi mit dem Sender mitgealtert. Woher kommt der Hörer-Nachwuchs?
Roscic: Mitgealtert sind unsere Hörerinnen und Hörer ganz bestimmt und das ist auch gut so. Sie sind mit den neuen technischen Ausspielwegen logischerweise auch zu Usern geworden. Die Jungen zu erreichen, ist gar nicht so einfach und da geht es allen traditionellen Medien gleich. FM4 bemüht sich sehr, online und auf den Socials Touchpoints relevante Inhalte anzubieten und ich finde, es gelingt uns sehr gut.

medianet:
Was wäre Österreich ohne FM4?
Roscic: Österreich ohne FM4? Nicht auszudenken! Es wäre auf jeden Fall sehr finster. Es wäre auch um vieles ärmer, was die junge, wache heimische Kulturszene von Musik bis Film, von Comedy bis Literatur betrifft.

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