••• Von Gianna Schöneich
Es war einmal ein kleines Mädchen. Es träumte von der Zukunft, von Telefonen, mit denen man Fotos machen kann, von Autos, die nicht stinken, und Burgern ohne Fleisch. Als der Vater davon hört, kann er seine Kleine nur belächeln. Viele Jahre später – das Mädchen ist mittlerweile erwachsen – sitzen Vater und Tochter in einem Restaurant. Die junge Frau fordert den Vater auf, den veganen Burger zu probieren – was sie nicht weiß: er ist längst Stammkunde.
Wo einst ein McDonald’s den Wiener Bezirk Josefstadt säumte, befindet sich heute eine Filiale von Swing Kitchen – ein veganes Fast Food-Lokal. Es ist die vierte Filiale in Wien. Eröffnungen in Graz und Berlin stehen im Sommer und Herbst an.
Über die Eröffnung des Lokals in der Josefstadt vor einigen Wochen sagt Inhaberin Irene Schillinger: „Es ist gestartet wie eine Rakete – mehr kann man sich nicht wünschen. Der Standort hat unfassbares Potenzial.” Früher ist sie hier in die Schule gegangen. Und wieder: Es war einmal … Charly Schillinger, Ehemann von Irene Schillinger, entschied sich 1988 für die vegetarische, zehn Jahre später für die vegane Lebensweise. Auf die österreichische Hausmannskost kann er nur schwer verzichten – kurzerhand erfindet seine Frau diese auf rein pflanzlicher Basis komplett neu. In ihrem Gasthaus in Niederösterreich ersetzten sie fleischlastige Speisen sukzessive durch Veganes.
Klischees & Vorurteile
Vegan – ein Begriff, der Vorurteile und Klischees auf den Plan ruft; eine Herausforderung, mit der auch die Agentur beatframes konfrontiert war, die für den kompletten Markenauftritt von Swing Kitchen verantwortlich ist.
„Das war eines der ersten Dinge, die wir besprochen haben, als wir begonnen haben, mit der Swing Kitchen zu arbeiten. Die Marke sollte nicht nur durch das Thema ‚Veganismus' definiert werden, im Vordergrund stehen Qualität und Genuss. Wir wollen niemanden zwingen, vegane Burger zu essen. Wir sind offen für alle, wir haben ein wunderbares Angebot, wenn ihr es annehmen wollt – perfekt. Wenn nicht, verpasst ihr etwas”, so Maximilian Hecke, Geschäftsführer von beatframes.
Das Thema Veganismus wird nur sehr subtil behandelt, wie der Markenfilm mit dem kleinen Mädchen und ihrem Vater zeigt. Ölverschmierte Vögel oder gequälte Mastschweine wird man vergebens suchen. Der Agentur geht es um Markenaufbau und hochqualitatives Storytelling. „Der Spot zeigt – das Thema Veganismus ist in der Gesellschaft angekommen. Dogmatischer Verzicht oder Missionarisches haben mit der Marke Swing Kitchen nichts zu tun.”
Demografische Erweiterung
Mit dem Spot wollte man auch die Zweifler ansprechen, erklärt Matthias Neumayer, Co-Geschäftsführer von beatframes: „Unser Anspruch ist, die Marke Swing Kitchen emotional aufzuladen und langfristig unsere Zielgruppe demografisch zu erweitern. Es kommen immer mehr Leute, die sich bisher nicht mit veganem Lebensstil identifizieren konnten.”
Mehr als 80% der Swing Kitchen-Kunden sind keine Veganer. Die Atmosphäre, der Lifestyle und natürlich das Produkt würden die Menschen hierher ziehen. „Wir haben mehr weibliche als männliche Kunden. Sie sind zwischen 25 und 40 Jahre alt, besser verdienend mit höherem Bildungsgrad. Aber auch Pensionisten und Schüler nutzen das Angebot”, so Irene Schillinger über die Zielgruppe. Inhouse besitzt Swing Kitchen keine Marketing Unit: „Die Basis großer Marken ist immer Leistung, bei Swing Kitchen gibt es ein starkes Fundament und die notwendige relevante Differenzierung, auf der man aufbauen kann. Wir konzentrieren uns nicht nur auf reines Performancemarketing, sondern betreuen unsere Kunden langfristig und mit vollem Fokus auf die Markenbildung”, so Hecke.
Influencer Marketing spielt ebenfalls eine Rolle, vor allem im Bereich der Micro Influencer. Was die größeren Influencer betrifft, geschieht vieles auch von ganz allein. YouTuber wie JanaKlar haben sich der Swing Kitchen und ihren Burgern bereits angenommen.
Kein Plastik
Die Einrichtungen der Filialen sind hochwertig – Plastik wird man hier vergeblich suchen. Im Hintergrund tönen Swingklänge aus den Lautsprecherboxen – natürlich. Mit Fast Food hat die Swing Kitchen wenig zu tun. „Im Vordergrund steht unsere Manufaktur. Selbstgemachte Soßen und Patties – keine Industrieprodukte. Es steckt viel Knowhow und Liebe hinter unseren Produkten. Wir arbeiten ohne Plastik und ressourcensparend – dadurch wird der Gedanke an Fast Food ausgeblendet.”
Warum nicht konventionell?
Eine beliebte Frage beim Thema Veganismus – warum einen veganen Burger essen, wenn man doch zum konventionellen Fleischburger greifen kann?
„Warum entkoffeinierten Kaffee trinken? Warum alternative Antriebe für Autos? Man muss die Dinge nicht komplett neu erfinden, sie haben sich bewährt, man kann sie aber verbessern. Was schmeckt, ist erlernt. Deswegen schmeckt es bei Mami oder Omi am besten. Man kann das ändern. Die meisten Menschen wollen die Energie dafür nicht aufbringen. Deswegen ist es das Vielversprechendste, an gelernte Ernährungsmuster anzuknüpfen.”
Ab in die USA
Für Salzburg und Innsbruck möchte man auf Franchisenehmer setzen. In Großbritannien wird Swing Kitchen auch bald Fuß fassen: „Wir haben da sehr schnell eine sehr gute Chance bekommen”, so Schillinger. In den Vereinigten Staaten hat man sich die Markenrechte bereits gesichert. Ob man das zuvor gedacht hätte? „Ja. Das war von Anfang an unser Plan. In unserem Businessplan steht: Wir wollen innerhalb von vier Jahren international durchstarten.”
Expansion in die Welt
Das Marketing wird man an die neuerschlossenen Märkte anpassen müssen: „Man muss sich an den Gegebenheiten des Marktes orientieren. Der Markenkern wird international funktionieren, kulturelle Relevanz schaffen wir durch passenden Content”, erklärt Neumayer. Von dem veganen Fast Food der Swing Kitchen wird man noch einiges hören – ein in Österreich gestartetes Geschäftsmodell wird in die Welt expandieren, und Schillinger erklärt: „Es ist für mich die größte Freude, Menschen mit unserem Essen glücklich zu machen, und jede Speise, die bei uns konsumiert wird, ist ein Gewinn für den Gedanken.”