„LEH war für Erhöhungen nicht verantwortlich”
© Spar/Eva trifft. Fotografie
Hans K. Reisch
MARKETING & MEDIA Redaktion 22.03.2024

„LEH war für Erhöhungen nicht verantwortlich”

Spar-Chef Hans K. Reisch: Politik, Medien und Konsument gaben dem LEH zu Unrecht Schuld an Preiserhöhungen.

••• Von Christian Novacek

Es war ein schwieriges Jahr 2023, dennoch liefert Spar einmal mehr die makellose Bilanz dazu: Über alle Geschäftsfelder hat der Spar-Konzern 2023 erstmals einen Verkaufsumsatz von mehr als 20 Mrd. € erzielt.

Im österreichischen Lebensmittelhandel belief sich der Brutto-Verkaufsumsatz auf 9,88 Mrd. €, was gegenüber 2022 ein sattes Plus von rd. neun Prozent bedeutet.

Zwar sei der Zuwachs auch inflationsgetrieben und resultiere aus der Expansion, aber man sei auch stärker gewachsen als der Markt – was in Zeiten der Konsumzurückhaltung und eines vorgeblichen Zugs hin zum Diskont besonders bemerkenswert ist. Denn die Diskonter haben hierzulande schlechter abgeschnitten als erwartet oder, aus Spar-Sicht: befürchtet.
Spar-Vorstandssprecher Hans K. Reisch (seit November 2023 in dieser Rolle, nachdem sich Fritz Poppmeier aus gesundheitlichen Gründen zurückzog) nennt den möglichen Grund: „Unsere Stärke ist deren Schwäche. Wir entscheiden von Salzburg aus und manch andere von Deutschland aus. Wir sind sehr schnell bei den Konsumenten und in unseren Entscheidungen”, sagte er gegenüber der APA.

Die Nummer 1 im LEH

Das EBT des Konzerns lag, trotz starker Kostensteigerungen vor allem bei Energie und Personal, bei 221 Mio. €, was einer EBT-Marge von 1,5% entspricht. Im Lebensmittelhandel in Österreich lag das Umsatzwachstum (+9,2%) über dem Marktwachstum, das allerdings mit acht Prozent ebenfalls deutlich war. Die Marktführerschaft bleibt integer: Sie wächst, im übrigen passend zum 70-jährigen Firmenjubiläum, und steht jetzt bei 38,8%.

Das aktuell bestimmende Thema aus Konsumentensicht lautet natürlich auf die Teuerung. Der LEH ist hier mit hohen Lebensmittelpreisen stark in die Kritik geraten. Reisch verteidigt die Position des Handels im Zwist um die Treiber der Teuerungswelle: „Politik, Medien und Konsumenten machten zu Unrecht den Lebensmittelhandel für die Preiserhöhungen verantwortlich. Die Händler sind jedoch eindeutig nicht Verursacher, sondern selbst Betroffene der Teuerung, und auch der Wettbewerb in Österreichs Lebensmittelhandel funktioniert.” Letzteres habe nicht zuletzt die Bundeswettbewerbsbehörde in ihrer Branchenuntersuchung eindeutig festgestellt.

Versprochen, gehalten

Die Spar hatte – speziell in der Ära Gerhard Drexel – stets die Anwaltschaft für den Konsumenten für sich beansprucht. „Wir sind der Robin Hood der Konsumenten” wurde im Kontext zur Parole – gilt das noch? Offenbar ja: „Wir haben unseren Kunden versprochen, dass wir alle Preissenkungen, die wir von den Herstellern erhalten, so schnell wie möglich an sie weitergeben”, hält Reisch fest. Und weiter: „Dieses Versprechen haben wir auch gehalten und 2023 weit über 1.000 Produkte im Preis gesenkt und dabei wie bereits im Vorjahr auf einen Teil unserer Spanne zugunsten der Kunden verzichtet.”

Denn tatsächlich hatte auch der Händler mit erheblichen Kostensteigerungen zu kämpfen, beispielsweise haben sich die Energiekosten um 70% gesteigert. Was sich in der Bilanz niederschlug: „Das Konzernergebnis ist daher von 264 Millionen in 2022 auf 220 Millionen in 2023 Euro gesunken”, konstatiert Reisch. Für 2024 zeichnet sich indes eine Stabilisierung der Preise ab.

Damit günstige Preise auch beim Konsumenten ankommen, u.a. dafür wurde im vergangenen Jahr die Spar-App eingeführt. Über die App werden Aktionen, wie beispielsweise die –25%-Joker, und diverse Gutscheine ausgespielt. Aktuell nutzen bereits über zwei Mio. Kunden die App. Die Angabe von persönlichen Daten ist für die Nutzung nicht notwendig. Für den Händler stellt die App eine Digitalisierung bestehender Werbekanäle dar.

Flächendeckend vertreten

Insgesamt gibt es in Österreich 1.556 Spar-Standorte, davon 1.048 Supermärkte, 49 Spar Gourmet, 83 Spar express-Tankstellenshops, 236 Eurospar, 72 Interspar-Hypermärkte, sieben Maximärkte und 61 von Interspar (inkl. Maximarkt) geführte Gastronomiebetriebe. Die Märkte werden permanent weiterentwickelt. Alle neuen Märkte werden zunehmend mit ESL (Elektronische Regaletiketten) ausgestattet. 2023 investierte Spar rund 750 Mio. € in die Zukunft des Unternehmens, neben der Digitalisierung in Expansion, Logistik und Nachhaltigkeit. Für 2024 ist eine ähnlich hohe Summe geplant.

Vor 70 Jahren, also zur Gründung der Spar Österreich, lagen die durchschnittlichen Verkaufsflächen im Lebensmittelhandel bei weniger als 100 m². In den 1990er-Jahren waren es dann ca. 240 m², 2010 ging es hoch auf 540 und seit 2022 auf 655 m². Zum Vergleich dazu verfügen die Spar-Märkte inklusive jener der Kaufleute über eine durchschnittliche Verkaufsfläche von 800 m².

Wachstumsträger Kaufleute

Von den genannten 1.556 Spar-Standorten in Österreich sind 665 selbstständige Kaufleute. Laut Reisch waren sie 2023 der interne Wachstumsführer mit einem Plus von zehn Prozent. Und auch die durchschnittliche Verkaufsfläche der Märkte der Spar-Kaufleute kann mit jener der Filialen mithalten.

Die Strukturverbesserung treibt Spar in allen Ländern voran. Besonderes Augenmerk liegt auf der Expansion in Kroatien, wo in Kukuljanovo ein neuer Interspar eröffnet wurde. In Kroatien überspringt Spar 2023 auch erstmals die Umsatzschwelle von einer Milliarde Euro. Expansionsbedingt investiert Spar in Kroatien rund 100 Mio. € in die Logistikstruktur – das neue Logistikzentrum in Klinča Sela (nähe Zagreb) mit einer Größe von 75.000 m² ist kurz vor der Fertigstellung.

Bezüglich aktueller Konsumententrends ist der Lebensmittelhandel ein kongenialer Gradmesser: Fast 9.000 Bio-Produkte, über 5.000 pflanzenbasierte und 1.200 Fairtrade-Produkte im Sortiment sind ein klarer Ausdruck für nachhaltigen Konsum als mittlerweile fest verankerter Megatrend.

Adäquat dazu die Spar-Eigenmarken: Spar Veggie verzeichnete 2023 eine deutlich zweistellige Steigerung der verkauften Menge und eine Umsatzsteigerung von +24%. Die zweitgrößte Umsatzsteigerung absolvierte S-Budget: Im Umfeld der Preisdiskussionen wuchs die günstigste Eigenmarke um 22%.

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