WIEN. Ist es sinnvoll und vielleicht sogar unbedingt notwendig, dass Kinder ab der ersten Klasse Volksschule programmieren lernen, wie es im Regierungsprogramm steht? Oder ist der digitale Rollout des Bildungsministeriums nur ein Unterrichtsangebot an die Wirtschaft, das sich bald überholt hat? Dieser Frage ging ein hochkarätig besetztes Podium im ExpertenClub des BFI Wien nach.
Nicht den Nerds überlassen
Gastgeber Franz-Josef Lackinger, Geschäftsführer des BFI Wien und Anbieter digitaler Kurse (Digi-Campus), steckte in seinem Eingangsstatement ab, was später auch von Podium und Publikum gespiegelt wurde: Einerseits habe die Schule genug zu tun mit der Vermittlung von Kulturtechniken.
Andererseits solle man die Digitalisierung nicht den Nerds überlassen und die Funktionsweise von PCs zumindest grundlegend verstehen. Wie digitale Kompetenzen im Unterricht integriert werden könnte, sei allerdings offen: „Denn umgesetzt ist das noch lange nicht.” Buchautor und Bildungskritiker Andreas Salcher glaubt etwa, dass die Zukunft der Schule im „Flipped Classroom” liegen wird: Die Schüler und Schüler erarbeiten sich den Unterrichtsstoff selbstständig und in kleinen Häppchen, etwa über Online-Lehrvideos, und besprechen im Unterricht die Ergebnisse. Menschliche Kreativität, die künstliche Intelligenz nutze, sei immer noch die stärkste Kombination, meint Salcher.
Menschliche Werte
Wer meine, dass man Lehrer auf Lernbegleiter oder Coaches reduzieren könne, der würde sich irren, widerspricht Paul Kimberger, oberster Lehrervertreter in der GÖD: „Wir müssen Kinder auf die Welt von morgen vorbereiten, nicht nur auf die Arbeitswelt: Es geht doch auch um menschliche Werte, um Moral, Ethik, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie – hier werden Pädagogen immer eine zentrale Rolle spielen”, meint Kimberger. „Wir brauchen keine kleinen Programmierer in Volksschulen.”