Technologie ist schon lange keine Kostenfrage mehr
© Goldbach Austria
MARKETING & MEDIA Dinko Fejzuli und Alexander Baldissera 27.05.2016

Technologie ist schon lange keine Kostenfrage mehr

„Produkte, die Big Data-Vorteile in sich haben, schaffen Wachstumschancen”, so Goldbach-Chef Maurizio Berlini im medianet-Talk.

••• Von Dinko Fejzuli und Alexander Baldissera

WIEN. Goldbach Austria vermarktet und vermittelt Werbung in privaten elektronischen und digitalen Kanälen. Der Fokus liegt dabei auf TV, Digital-out-of-Home, Online, Mobile und Multiscreen. Zum TV-Portfolio zählen DMAX, N24, Viva, Nickelodeon und Comedy Central. Das Online-Angebot umfasst knapp 200 unterschiedliche Websites und ca. 65 mobile Werbeträger. Welche weiteren Partner folgen und wie man seine Position als Vermarkter weiter ausbauen kann, erfährt medianet im Gespräch mit ­Maurizio Berlini, Managing Director der Goldbach Austria.

medianet:
Herr Berlini, bevor wir über das laufende Jahr und Ihre Pläne sprechen – wie war 2015?
Maurizio Berlini: Es war ein spannendes Jahr. Das Online-Geschäft ist zwar nur leicht gewachsen, dafür haben wir im TV-Segment neue Sender wie N24 dazubekommen, wir sind also auf Wachstumskurs. Auch im mobilen Bereich konnten wir uns vergrößern.

medianet:
Die Strategie der absoluten Diversifikation ist jetzt Ihre Stabilität?
Berlini: Ja, man muss einfach ständig innovativ sein. Wir haben auch bereits vor zehn Jahren gesagt, dass wir kein reiner Vermarkter von Inventaren sind. Wir versuchen vielmehr, diese zu bündeln und neue Produkte zu schaffen. Es braucht einen Mehrwert, sonst hat man in der Medienbranche ­eigentlich keine Existenzberechtigung.

medianet:
Wie etwa?
Berlini: Das können Serviceleistungen, Bündelungen, Technologie oder aber auch die Kosteneffizienz im Betrieb sein.

medianet:
Hat Österreich als kleiner Markt hier Bestand gegen ausländische Plattformen?
Berlini: Es ist schwierig, da die Monetarisierung heute anders erfolgt und Global Player andere Aussichten als etwa lokale Unternehmen haben. Große Player wie Google oder Facebook haben ein anderes Economy of Scaling-Model als jemand, der Content produzieren muss, Entstehungskosten und Möglichkeiten stehen in keiner Relation. Je lokaler, desto schwieriger. Gegenmittel sind Innovation und die Etablierung von kooperativen Modellen am Markt.

medianet:
Ihnen ist es als Vermarkter gelungen, Dachangebote mit unterschiedlichen Websites anbieten zu können.
Berlini: Zu einem gewissen Grad sind wir auch der größte unabhängige Vermarkter in Österreich, und ich habe uns immer als potenzielles ‚Podium' gesehen. Wir haben die nötige Technologie und bedienen die komplette Wertschöpfungskette. Außerdem sind wir keinem Medienhaus verpflichtet und so gesehen ein interessanter Partner für Kooperationsmodelle. Zumal es für alle Marktteilnehmer schwieriger wird, mit der Digitalisierung mitzuhalten – denn Technologie ist auch keine reine Kostenfrage mehr, sondern ein Know-how-Faktor. Und die Nachfrage der internationalen Player an derartigen Bündelungs­effekten zwecks Kostenminimierung steigt.

medianet:
Das Fernsehgeschäft läuft in Österreich gerade sehr gut. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung, und wie kann Goldbach ­davon profitieren?
Berlini: Am Ende des Tages entscheidet immer noch der Kunde, was ihm gefällt oder nicht. In der TV-Bewegtbildwerbung weiß man, dass man Resultate erzielen kann. Das gibt dieser Mediengattung einen großen Vertrauensvorsprung.

Die Gattung TV profitiert auch davon, dass Print, klassische Außenwerbung und Radio an Wertschätzung und Effektivität beim Werbekunden verlieren. Dennoch ist der TV-Markt in Österreich unterrepräsentiert und der Print-Markt noch immer sehr stark; langsam kommt aber der Shift.


medianet:
TV profitiert ja auch innerhalb der Gattung durch den nonlinearen TV-Konsum. Dort sind bessere TKPs zu erzielen als im ­linearen TV.
Berlini: Angebot und Nachfrage regeln den Preis, und die Nachfrage der klassischen In-Stream-Werbung ist höher als das Angebot. Die Preissituation ist stabil, und ich glaube, dass es auch hier einen Shift vom klassisch-linearen hin zu den neuen digitalen Mediennutzungsformen gibt.

medianet:
Was lernt man als ­Vermarkter daraus?
Berlini: Dass neue Marktmöglichkeiten da sind. Wer flexibler, schneller und mutiger damit umgeht, wird seine Position verbessern können.

medianet:
Im Performance- und Interactive-Geschäft gibt es viele Strömungen aus dem Ausland. ­Sehen Sie dies als Gefahr für unseren kleinen Markt?
Berlini: Nein, wir können da genauso mitspielen. Vom angloamerikanischen Raum geht viel aus, weil dort auch die Rahmenbedingungen besser sind. Aber im Moment herrscht eher eine Goldgräberstimmung.Allerdings: Nicht die Goldbuddler, sondern die Hersteller der Geräte zum Goldbuddeln profitieren.

medianet:
Apropos Konkurrenz. Sie wünschen sich in Bezug auf den heimischen Markt, dass die Rivalitäten zwischen den Medienhäusern etwas mehr zurückgestellt werden könnten.
Berlini: Ja, es sollten sich alle zusammentun und über den Tellerrand schauen. Wir als Goldbach Austria sind kein großer Player, aber wir können uns als neutraler Dienstleister anbieten, um unseren Beitrag zu leisten.

medianet:
Wachsen die Werbeetats im digitalen Bereich eigentlich wieder?
Berlini: In den Bereichen, in denen wir tätig sind, steckt definitiv Wachstumspotenzial. Ich bin froh, dass wir auf dem Boot sitzen und mit dem Wind segeln, die Digitalisierung wird uns die nächsten Jahre mit Sicherheit begleiten.Wir haben unsere Segel auch von Anfang an richtig eingestellt.

medianet:
Und wie läuft das ­Geschäft 2016 für Goldbach?
Berlini: Viele Bereiche wie Bewegtbild, Mobile und der digitale Sektor wachsen generell. Auch Produkte, die Big Data-Vorteile in sich haben, schaffen uns Wachstumschancen, weil wir eben genau das anbieten können. Am 1. Mai wurde mit N24 Austria ein weiterer TV-Sender gelauncht und DMAX Austria entwickelt sich hervorragend. Digital- out-of-Home wird als Ergänzung zur klassischen Außenwerbung gebucht, hier bedienen wir auch große ausländische Kunden von Österreich aus. Das Know-how hinter den Disziplinen Performance Marketing, Search, E-Mail und Display ist ebenfalls ein relevantes Geschäftsfeld für uns, auch wenn Performance Marketing für sich – wie früher gedacht – kein Perpetuum Mobile ist.

medianet:
Werden Sie auch heuer wieder wachsen können?
Berlini: Ja. Manchmal sind die Erwartungshaltungen schon sehr groß. Wir haben es aber noch jedes Jahr geschafft, sie zu erfüllen, und das wird auch heuer möglich sein.

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