„Vieles ist uns gelungen, einiges auch noch nicht”
© Stefan Pajman/ballguide
MARKETING & MEDIA Redaktion 20.09.2019

„Vieles ist uns gelungen, einiges auch noch nicht”

Die Styria Media Group wird dieser Tage 150 Jahre alt. Vorstandsvorsitzender Markus Mair zieht Bilanz.

••• Von Chris Radda

Dieser Tage feiert die Styria ihr 150 Jahr- Jubiläum. Aus diesem Anlass bat medianet Styria-Vorstands-Sprecher Markus Mair zum Interview über die aktuelle Lage des Medienhauses.


medianet:
Herr Mair, dieser Tage begeht die Styria ein Jubiläum. Aus diesem Anlass auch die Frage: Wie geht es dem Medienunternehmen heute, welche Herausforderungen gilt es in 2019 meistern und was ist Ihnen bisher besonders gut gelungen?
Markus Mair: Uns ist es gelungen, vor allem in der Digitalstrategie der Styria wieder einen Schritt nach vorn zu kommen. Wir haben hier einen wesentlichen Step im Ausbau unserer Marktposition unternommen. Kommerziell haben sicherlich unsere Marktplätze einen wichtigen Teil beigetragen – und der Medienteil hat hier sicher noch einige Herausforderungen zu meistern. Aber auch hier tun wir viel, um unsere Position zu stärken.

Bei der Kleinen Zeitung arbeiten wir seit fast einem Jahr am Thema Paid Content, das im November schlagend werden wird. Da sind wir voll im Plan und es wird wichtig sein, hier eine gute Kommunikation aufzusetzen, um das Projekt zu einem Erfolg zu machen.
Es wird nicht ausbleiben, im Zuge der Digitalisierung auch den journalistischen Teil zu beleuchten – der Umgang mit Text, Bild, Video, also mit allen Möglichkeiten, Content zu produzieren wird sicher weiter im Fokus stehen. Allerdings ist das ein Thema, das nicht nur uns, sondern auch alle anderen in unserem Umfeld beschäftigt.
In Summe geht’s der Styria gut. Ökonomisch könnte es immer besser sein, aber in so einer Umbauphase geht es auch um andere Dinge.


medianet:
Werden Sie wieder in die Gewinnzone kommen?
Mair: Das wird jetzt alles am vierten Quartal liegen. Wir haben saisonale Budgets und gehen, wie die meisten Medienhäuser nach dem Sommer, mit einem Verlust ins Quartal hinein. Aber Sie wissen, wie kurzfristig unser Geschäft geworden ist. Rein operativ – abzüglich der Sondermaßnahmen, die noch mit dem WirtschaftsBlatt zusammenhängen – sollte dieses Jahr positiv ausgehen.


medianet: Wann würden Sie den Umbau ihres Hauses als beendet betrachten?
Mair: Das ist schwer zu sagen. Es kommt noch viel Neues nach, und das Neue ist oft klein und noch unsichtbar, denn da werden neue Wege in die Zukunft beschritten. Wir probieren viel, einiges läuft weniger gut, aber es gelingen auch viele Dinge. Das sind die Grundsteine, um später wieder ein starkes Portfolio zu haben. Es gibt Eckpfeiler wie eine Kleine Zeitung, willhaben, Die Presse, Vecernji List und unser Kleinanzeigenportal njuskalo in Kroatien, die eine Historie oder eine starke Markenbedeutung haben, und zu diesem Portfolio wird in den nächsten zwei, drei Jahren noch einiges dazukommen.

medianet:
Apropos Vecernji List und njuskalo: Wie läuft das Auslandsgeschäft?
Mair: Wir sind in Slowenien nur mehr digital unterwegs, die zwei Hauptportale sind operativ positiv unterwegs. In Kroatien haben wir eine andere Situation, weil wir ja sowohl in Print als auch digital die Position des Marktführers einnehmen. Natürlich sinken die Printauflagen, aber das ist in allen Ländern so. Kroatien weist aktuell ein leichtes Wirtschaftswachstum von zwei Prozent nach sieben Jahren Rezession aus. In Summe ist Kroatien verlegerisch und medienpolitisch hochinteressant. Ökonomisch sind wir aber noch nicht dort, wo wir hinwollen.

medianet:
Und wie sieht es ökonomisch in Österreich mit den einzelnen Marken aus?
Mair: Die Kleine Zeitung hat ihre Herausforderung, wenn auch auf einem ganz anderen Niveau als andere. Sie kann sich auch nicht ganz abkoppeln, hat aber hervorragende Mediadaten, etwa bei der Media-Analyse. Aber auch für solche Unternehmungen gilt, dass sie sich auf hohem Niveau weiterentwickeln müssen und das ist schon sehr anspruchsvoll.

Bei der Presse ist es so, dass mit der Schließung des WirtschaftsBlatt gewisse Maßnahmen gesetzt werden, wie etwa der journalistische Ausbau der Wirtschaftsseiten. Digital haben wir einen großen Aufholprozess, da müssen wir Gas geben. Bei den Magazinen, miss, Wienerin, Diva sind wir auf einem guten digitalen Weg und darauf legen wir auch den Fokus. miss ist ein Vorzeigeprojekt; die anderen ziehen nach und deshalb muss man auch dort permanent an vielen Themen gleichzeitig arbeiten, um die Position zu halten.
Die Sportwoche haben wir eingestellt, aber mit Sport aktiv haben wir große Freude, weil es sich gut monetarisieren lässt. Hier haben wir eine eigene Vertriebsschiene mit dem Sporthandel.


medianet:
Lassen Sie mich nochmals zum WirtschaftsBlatt zurückkommen. Dessen Einstellung hat Staub aufgewirbelt. Es gab hier eine stabile Leserschaft, keinen Einbruch bei den Abos, nur die Anzeigenerlöse sind runtergegangen. Ihnen wurde hier vorgeworfen, ein Bankerherz zu haben – statt eine andere Lösung, wie etwa einen Verkauf zu versuchen.
Mair: Da muss man sich anschauen, woher die Vorwürfe kommen. Ich möchte hier gar nicht mehr viel dazu sagen. Nur so viel: Uns ist die Einstellung sicher nicht leicht gefallen.

medianet:
Kommen wir zum allgemeinen Anzeigengeschäft: Nähern wir uns hier der Talsohle oder kommt noch Schlimmeres auf uns zu?
Mair: Wenn wir im Verkauf und von der Kreativität im Verkauf her unsere Möglichkeiten und unsere Kultur nicht verändern, dann rechne ich mit einer schrumpfenden Entwicklung. Aber es gibt so viele Dinge, die dem entgegen­wirken. Das haben wir noch lange nicht alles ausgeschöpft. Von neuen Werbeformen bis hin zum Zusammenspiel Print-Digital, da nutzen wir noch sehr viele Dinge gar nicht. Erst wenn ich alles ausgeschöpft habe und der Umsatz schrumpft weiter, dann muss ich die Entwicklung zu Kenntnis nehmen. Aber so weit sind wir noch lange nicht.

medianet:
Dennoch ist für Sie klar, dass die Zukunft der Medien im Digitalen liegt. Wie ist die generelle Strategie?
Mair: Im Digitalen geht es darum, die Möglichkeiten, die wir heute schon haben, voll auszunutzen. Nehmen wir das Beispiel Native Advertising mit der Medienmarke ‚miss', wo wir das konsequent betreiben. Hier benutzen wir etwa Facebook als primären Traffic-Treiber. Das ist jetzt nur ein mögliches Beispiel, derer gibt es viele und wir probieren es eben auch wirklich aus. Hier leisten unsere Vermarkter von der styria digital one sehr gute Arbeit.

medianet:
Kommen wir zu Ihrem Projekt Paid Content bei der Kleinen Zeitung. Damit sind Sie die erste große Zeitung, die das tatsächlich ausprobiert …
Mair: Wir haben das Projekt zwölf Monate lang vorbereitet und an dessen Ende steht das Ziel, Paid Content einzuführen. Dieser Weg ist gar nicht so einfach. Aber: Eine Zeitung, wie die Kleine mit einem so hohen Abo-Anteil hat sehr gute Realisierungschancen, auch, weil es eine hohe Loyalität gegenüber dem Medium gibt und wir hier selbstverständlich einen deutlichen Mehrwert bieten, der von den Leserinnen und Lesern auch erkannt wird.

medianet:
Wie weit können Sie hier Content anbieten, den der Mitbewerb nicht hat?
Mair: Niemand wird für Content, den er gratis im Netz bekommt, bei uns etwas bezahlen. Die Leistung muss für den Leser klar erkennbar sein. Content ist ein Thema, das sich in allen Bereichen des Unternehmens abspielt – vom Management bis hin zum Leserservice.

medianet: Kommen wir zum Thema Bewegtbild – hier tut sich einiges am Markt, von Fellners oe24 bis zum aktuellen Neustart von Puls 24. Wie sieht es bei diesem Thema in der Styria aus?
Mair: Da haben wir noch einiges zu tun, um unserer Marktposition gerecht zu werden. Ich sehe das Thema ganzheitlich. Positiv ist, dass man kein Fernsehstudio mehr benötigt, um Bewegbild-Content zu produzieren. Das hat auch viel mit der Entwicklung des Equipments zu tun.

Wir müssen jetzt daran arbeiten, dass die Menschen damit umgehen können. Das ist ein Handwerk, das man lernen muss und es muss besser sein als das, was man allgemein unter dem Stichwort User-generated Content kennt – in der Redaktion wie auch im Verkauf.


medianet:
Aber Sie haben nicht vor, einen Fernsehsender zu gründen?
Mair: Aktuell nicht. Die Investitionen für derartige Dinge sind sehr hoch. Wir werden hier eher Bewegtbild-Content zukaufen.

medianet:
Wenn wir wieder auf den Gesamtmarkt zu sprechen kommen: Wir haben in Österreich etwas bessere Wirtschaftsdaten. Spüren Sie das auch im Geschäft?
Mair: Die besseren Wirtschaftsdaten spürt man nicht. Man spürt das vielleicht eher in einzelnen Branchen.

medianet:
Gibt es zu viele Medienmarken in Österreich?
Mair: Es gibt zu viele, die Ähn­liches machen. Das ist der Punkt.

medianet:
Wie sichert man hier das eigene Wachstum und den eigenen Erfolg ab, vor allem in Print?
Mayr: Ich würde Print und die anderen Bereiche gar nicht so sehr getrennt sehen. Es geht darum, wie sich eine Medienmarke entwickelt. Ja, es wird so sein, dass die Hauptprodukte in den kommenden Jahren kein wesentliches Umsatzwachstum generieren werden, aber um eine Medienmarke herum lässt sich Umsatz bauen. Da sieht man ja etwa bei der Presse: über Events oder Spezialprodukte etwa. Oder auch im Bereich Hörfunk. Hier kann ich wie die Antenne Steiermark bzw. Kärnten ein wachsendes Unternehmen haben, in dem man ein Zusatzportfolio betreibt – nicht nur, um die Marke zu stärken, sondern auch Umsatz damit zu generieren.

medianet:
Lassen Sie uns zum Schluss einen Blick auf das Gesamtunternehmen werfen. Sind hier weitere Aktivitäten etwa in den Auslandsmärkten geplant?
Mair: Zunächst geht es darum, die Hausaufgaben in jenen Märkten, in denen wir vertreten sind, zu erledigen und die vorhandenen Möglichkeiten zu nutzen. Das tun wir auch. Aber selbstverständlich überlegen wir etwa, wenn wir Aktivitäten in Kroatien setzen, wie weit diese auch in Serbien funktionieren könnten. Grundsätzlich sind wir derzeit aber in keiner Phase, in der regionale Erweiterungen ein Thema sind.

medianet:
Zu Beginn des Gesprächs haben Sie bei der Frage, wie das Jahr für die Styria ausgehen wird, auf das kommende Quartal verwiesen. Kann man eine Prognose machen, wie viel Sie heuer wieder verdienen können?
Mair: Wir haben noch satte drei Monate vor uns. Da würde ich mit der Prognose noch warten.

medianet:
Zum Abschluss eine Frage an Sie persönlich, auch wegen der durchaus turbulenten Phasen, die Sie als Styria-Chef bisher durchlebt haben. Wäre es da als Banker nicht bequemer gewesen?
Mair: Bequem ist es heute in keiner Branche. Es gibt im Nachhinein verschiedene Blickwinkel. Ich habe neue Menschen kennengelernt. Die Branche ist eine spannende und man hat viel Freude in dem Geschäft. Herausforderungen gibt an jeder Ecke, aber das gibt einem extrem viel Energie. Vieles ist uns schon gelungen, einiges aber auch noch nicht. So gesehen, habe ich noch einiges vor.

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