„6.000 Betrieben droht Schließung”
© Katharina Schiffl
HV-Geschäftsführer Rainer Will plädiert für eine „Reform-agenda”, die u.a. eine Senkung der Lohnnebenkosten, der Mehrwertsteuer auf Energie und einen Energiepreisdeckel miteinschließt.
RETAIL Redaktion 02.09.2022

„6.000 Betrieben droht Schließung”

Personalmangel, Inflation und Lieferengpässe: Laut HV-Blitzumfrage geht es Österreichs Händlern an den Kragen.

WIEN. Mit 9,3% hat die Inflationsrate in Österreich im Juli den höchsten Wert seit Februar 1975, also seit über 37 Jahren, erreicht. Naturgemäß macht die Teuerungswelle auch vor den heimischen Händlern nicht halt – wie es ihnen aktuell konkret geht, hat nun der Handelsverband in einer Blitzumfrage mit 197 Teilnehmern aller Größenklassen aus dem Kreis der 4.500 Verbandsmitglieder erfragt.

Die Ergebnisse sind beunruhigend: Gemäß Befragung sind vier von fünf Händlern (79%) aktuell von Lieferverzögerungen betroffen, 43% kämpfen mit Personalmangel, fast ebenso viele (42%) rechnen heuer angesichts des Kaufkraftverlusts in der Bevölkerung mit einem Verlust.

Insolvenzwelle am Anrollen?

14% der befragten Händler – also 27 von 197 – überlegen, ihre Geschäftstätigkeit bis Jahresende zu schließen. Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will rechnet hoch: „Es besteht unmittelbarer Handlungsbedarf, ansonsten werden 14 Prozent aller österreichischen Händler – bis zu 6.000 Betriebe – ihre Geschäftstätigkeit bis Jahresende einstellen müssen.” Zu den anhaltenden Liquiditätsproblemen infolge der Pandemie kämen nun sinkende Umsätze auf der Konsumentenseite; gleichzeitig müssten die heimischen Händler „massive Kostensteigerungen bei Strom, Gas, Mieten, im Einkauf und in der Logistik stemmen. Jeder zweite Betrieb rutscht dadurch auch heuer in die Verlustzone.”

Vorgeschmack auf 2023

Weil erst 2023 „alle Energiepreiserhöhungen bei den Konsumentinnen und Konsumenten schlagend” würden und gleichzeitig „die verfügbare Kaufkraft weiter sinkt”, sei 2022 nur ein Vorgeschmack auf das, was im Folgejahr „durch die Indexanpassungen in den Verträgen noch kommen wird”, alarmiert Will.

Ruf nach Reformagenda

Um der Probleme (halbwegs) Herr zu werden, verlangt der Handelssprecher ein Umdenken aufseiten der Bundesregierung: „Es muss eine ‚Reformagenda' rasch auf den Weg gebracht werden, anstatt ausschließlich mit Einmalzahlungen zu arbeiten. Wir fordern eine durchgängige Abgaben- und Gebührenreform sowie eine Senkung der Lohnnebenkosten zur Entlastung der österreichischen Unternehmen”, konkretisiert Will, der darüber hinaus für eine „ebenso dringende” Senkung der Mehrwertsteuer für Energie von 20% auf zehn Prozent eintritt sowie für die Einführung eines Energiepreisdeckels für Betriebe plädiert, „um die bevorstehende Kostenexplosion abzuwenden”. (red)

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