Corona erfindet den Handel neu
RETAIL Redaktion 17.04.2020

Corona erfindet den Handel neu

Zwar ist vieles ungewiss, aber gewisslich wird die Coronakrise das Konsumverhalten ändern.

Kommentar ••• Von Christian Novacek

Die Sprüche, die ich dieser Tage überhaupt nicht hören kann, lauten auf: „Geht nicht gibt’s nicht!” und: „Jede Krise ist auch eine Chance!” Jene, die sich beim großen Crash 1929 aus dem Fenster gestürzt haben, wollten sicher nicht nur die Chance nützen, spontan fliegen zu lernen. Kurzum: Was derzeit im Handel abgeht, ist eine Vernichtungswalze und in welchen Belangen sie die Branche umpflügt, bleibt zwar abzuwarten – indes ist klar, dass die Veränderungen, die nun kommen mögen, keine kleinen sein werden.

Was wahrscheinlich passieren wird, ist eine Schärfung der Handelsprofile. Diskont wird aufgrund der zum Schlechten veränderten materiellen Situation der Konsumenten mehr gefragt sein, der Niedrigpreis mehr zählen als Bio. Was vielleicht nicht passieren wird: Die Rückkehr zum Business in gewohnter Form. Vor Corona wurden Trends losgetreten, die in nachhaltiger Weise bewusstes Konsumieren einforderten. Das erstreckte sich, abgesehen von der Produktpalette, ebenso auf Verpackungsformen. Bei Obst und Gemüse wurde der Ruf nach unverpackter Ware laut – nach Covid-19 wird die bestens einfolierte Tomate eventuell wieder mehr geschätzt.

Neue Kräfteverhältnisse

Was sich nach der Krise ebenfalls geändert haben könnte, ist die Aufteilung der Marktanteile im LEH. Spar war schon vor der Krise auf der Überholspur und hat in der Krise bis jetzt alles richtig gemacht. Bei Rewe wurde die Bekanntgabe der Bilanz auf nächste Woche verschoben, daher ist es prinzipiell vermessen, darüber zu spekulieren. Ich mach’s möglichst dezent (siehe Tabelle Seite 58), aber erlaube mir eine Grundsatzfrage: Was sind die Gründe, im Supermarkt einkaufen zu gehen? Der Preis ist es nicht. Die überwältigende Frische leider auch nicht. Bleibt die Nähe. Die Flächendichte in Österreich war schon immer praktisch. Aber gerade jetzt haben einige gelernt, dass E-Commerce Vorteile hat, etwa was das Schleppen von Getränken betrifft. Sprich: Die Nähe allein wird als Top-Argument fürs Einkaufen im Supermarkt bald mal schwächeln.

Die gute Nachricht: Infolge liegt es an den Händlern. Wer es schafft, bei Frische und in der Sortimentsqualität über Lippenbekenntnisse hinaus attraktiv zu sein, wird nach Corona die Nase vorn haben.

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