Die dreiste Mär von der LEH-Bodenversiegelung
© APA/Helmut Fohringer
RETAIL Redaktion 15.12.2023

Die dreiste Mär von der LEH-Bodenversiegelung

Einkaufszentren wehren sich: Lediglich 0,3 Prozent der Bodenversiegelung entfallen auf die Shoppingcenter.

••• Von Oliver Jonke

Shoppingcenter und der Handel werden medial teilweise immer noch für die Flächenversiegelung verantwortlich gemacht, obwohl ihr Anteil daran in Wahrheit laut der aktuellsten Studie „Flächenverbrauch in Österreich” von Standort + Markt sehr gering ist.

„Mit den nun vorliegenden Fakten soll damit Schluss sein”, meint im medianet-Interview der Obmann des Austrian Councils of Shopping Places, Christoph Andexlinger, der gemeinsam mit dem Handelsverband die Studie in Auftrag gegeben hat.


medianet:
Fühlen Sie sich als Branche zu Unrecht als Treiber der Flächenversiegelung angegriffen?
Christoph Andexlinger: Das kann man wohl sagen. Mit der nun vorliegenden Studie sollte das aber ein für alle Mal erledigt sein. Ich freue mich, wenn diejenigen, die diese Fake News ständig verbreitet haben, nun mit gleicher Inbrunst die enormen Investitionen unserer Branche in Nachhaltigkeit und Klimaschutz vor den Vorhang holen – diese Anstrengungen bleiben nämlich oft unerwähnt.

medianet:
Worauf führen Sie es zurück, dass in Österreich beim Thema Flächenverbrauch Shoppingcenter so ins Kreuzfeuer geraten sind?
Andexlinger: Der Handel – vom Supermarkt, über Einkaufsstraßen, Retailparks und Shopping-malls – ist Teil des täglichen Lebens von uns allen. Daher liegt es nahe, dass das, was man jeden Tag sieht, als Basis für eine Wertung herangezogen wird; das ungleich Größere, das man hingegen nicht oder nur selten sieht, fällt dann bei der Fassung eines Urteils quasi durch den Rost. Mit der Studie ‚Flächenverbrauch in Österreich' wollen wir niemand anderen an den Pranger stellen. Vielmehr war es uns ein echtes Anliegen, den Blick auf die Fakten zu lenken und Licht in diese Black Box zu bringen. Daher haben wir die vorliegende Studie beim renommierten Institut Standort + Markt beauftragt.

medianet: Was ist das wichtigste Ergebnis der Studie, insbesondere in Bezug auf Shopping-malls?
Andexlinger: Sie zeigt klar auf – der Einzelhandel und die Shoppingmalls spielen bei der Flächenversiegelung in Österreich praktisch keine Rolle. Den Löwenanteil tragen mit rund 80 Prozent der Straßen- und der Wohnbau. Nur 1,3 Prozent der versiegelten Flächen im Land fallen auf den stationären Handel, davon lediglich 0,3 Prozentpunkte auf Shoppingmalls und Retailparks. In den letzten drei Jahren kam bei Shoppingcentern praktisch keine Neuversiegelung mehr dazu. Wenn Malls erweitern, dann vorrangig auf bereits versiegelten Flächen.

medianet:
Nicht nur die Bodenressourcen sind wichtig. Durch welche Maßnahmen reduziert die Shoppingcenter-Branche ihren Ressourcenverbrauch jetzt schon, welche weiteren Pläne gibt es?
Andexlinger: Wenn ich als Beispiel die SES, also jenes Unternehmen, für das ich tätig bin, erwähnen darf: Wir steigern die Energieeffizienz durch Umrüstung auf moderne LED-Beleuchtung, frequenzgesteuerte Belüftung, durch Wärmetauscher, Grundwasserpylone, hocheffiziente Klimatisierungssysteme. Die Effektivität all dieser Maßnahmen messen wir durch den Einsatz von Energie- und Umweltmanagementsystemen. Und wir errichten jährlich Tausende Quadratmeter an Photovoltaik-Anlagen zur Eigenstromerzeugung. Im Salzburger Europark haben wir durch entsprechende Maßnahmen in den letzten zehn Jahren den mengenmäßigen Energieverbrauch um 40 Prozent reduziert. Und in unserem Innsbrucker Sillpark betreiben wir als einziges europäisches Shoppingcenter sogar ein eigenes Wasserkraftwerk – und das seit mehr als drei Jahrzehnten.

medianet: Klimaerwärmung ist auch ein aktuelles Top-Thema, wie geht die Branche damit um?
Andexlinger: Der Schluss, dass wir unsere Verantwortung für eine enkeltaugliche Zukunft nun nicht wahrnehmen müssten, ist natürlich nicht zulässig. Die Handelsimmobilienbranche nimmt das Thema seit vielen, vielen Jahren sehr ernst und investiert massiv. Dabei wird sowohl ein Schwerpunkt auf die Reduktion des Energieverbrauchs gelegt als auch auf die Umstellung auf erneuerbare Energiequellen stark hingearbeitet. Auch die Forcierung einer komprimierten Bauweise oder die kluge Dachflächennutzung gehören zu diesem ‚Fitness-Programm'. Und obwohl wir nur für 0,3 Prozent der versiegelten Flächen in Österreich verantwortlich sind: In Zeiten der Klimaerwärmung müssen alle einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten – selbstverständlich auch wir.

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