Die Preissensitivität ist generell weiterhin hoch
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RETAIL Redaktion 24.11.2023

Die Preissensitivität ist generell weiterhin hoch

Der Drogeriefachhandel spürt die Teuerung, aber auch ein wachsendes Qualitätsbewusstsein.

••• Von Georg Sohler

Die Inflation ist hierzulande anhaltend hoch. Mag sein, dass die Teuerungen mittlerweile weniger rasant sind, mehr Geld im Börsel zu haben, ist aber nach wie vor schwierig. Diverse Kollektivvertragsverhandlungen zeigen, dass dies auch die Arbeitgeber betrifft. Sie bieten zum Teil deutlich weniger, als die Angestellten wollen – eine knifflige Situation für alle Beteiligten. Aktuell müssen die Menschen reagieren und sich überlegen, wofür sie ihr Geld ausgeben. Wo es sich offensichtlich anbietet: bei Drogerie- und Parfümerieprodukten. Der medianet-Rundruf in der Branche bestätigt diesen Umstand, aber zeigt auch andere, interessante Entwicklungen.

„Die Preissensitivität ist generell weiterhin hoch. Unsere dm-Eigenmarken bieten in der Kaufentscheidung eine attraktive Alternative”, erklärt etwa Christian Freischlager, Mitglied der dm-Geschäftsführung. Der bekannte Drogeriemarkt schloss das Geschäftsjahr 2023 mit Ende September aber übrigens mit einer erfreulichen Bilanz ab; diese zeigt, dass es zehn Prozent mehr Kunden pro Tag und Filiale gibt, auch die Preisentwicklung bei dm sei zudem stabil. Die Teuerung lag im hauseigenen Warenkorb in den letzten 24 Monaten bei durchschnittlich 3,7%, die Inflation im Vergleich dazu bei 7,8%. Darüber hinaus hat man selbst reagiert: Im März und Juli 2023 wurden in zwei Preissenkungswellen insgesamt 630 Marken-Produkte über zwölf Prozent preisgesenkt.

Trends in der Branche

Bipa verzeichnet wiederum einen vermehrten Griff zu den Eigenmarken. Rewe-Pressesprecher Paul Pöttschacher erklärt sich das so, dass „die Produkte sowohl mit hoher Qualität als auch günstigen Preisen bei unseren Kunden punkten”. Das betreffe alle Produktkategorien, von Wasch-, Putz- und Reinigungsmittel, über Pflegeprodukte bis hin zu Produkten der dekorativen Kosmetik sowie Nahrungsergänzungsmittel und Medizinprodukte. Er ist sich sicher: „Wir bieten für jeden Bedarf das richtige Produkt.” Der Diskonter Hofer lässt auf Anfragen wiederum wissen, dass man „im Bereich der Parfümerie- und Drogerieartikel eine stabile Nachfrage verzeichnet”.

Welche weiteren Entwicklungen abseits der Preissensibilität gibt es zu beobachten? Hofer stellt beispielsweise einen allgemeinen Trend zum Segment Naturkosmetik fest, wie etwa hautverträglicheren und nachhaltigeren Produkten. Hier geht man davon aus, dass sich der Absatz auch in Zukunft positiv entwickeln wird. dm berichtet zudem davon, dass es auffällig sei, dass Bioprodukte sehr stark wachsen und überdurchschnittlich nachgefragt sind. Auch bei den Deos wären demzufolge Produkte mit natürlichen Inhaltsstoffen und nachhaltigen Verpackungen besonders gefragt. Eine sehr dynamische Entwicklung sei auch im Bereich Sport und proteinreiche Ernährung zu bemerken. Hinsichtlich Ernährung bestätigt das Unternehmen sinngemäß Trends, die beim Gang durch Supermärkte auch auffallen, wie beispielsweise ein Wachstum bei Fleischersatz, Milchalternativen, Snacks, aber auch bei den klassischen Grundnahrungsprodukten. Bei den Düften sind einige Neuheiten von bereits bestehenden Marken sowie weiterhin einen Trend hin zu Body Mists und günstigen Parfums/Eau de Toilette im Preis­einstiegssegment zu erwarten. Im Männer-Regal ist zu bemerken, dass die Bartpflegeprodukte (es wird wieder mehr Drei-Tages-Bart getragen statt langer Bart) rückläufig sind und durch Gesichtspflegeprodukte kompensiert werden. Auch Intimpflege und -rasur werden künftig eine immer größere Rolle spielen.
Ein echter Megatrend, den Bipa gegenwärtig beobachtet, ist Gesichtspflegeprodukte mit Inhaltsstoffen wie Retinol, Hyaluron oder Niacinamide. Auch Sonnenschutz mit hohem Lichtschutzfaktor, besonders auch in der täglichen Anwendung im Gesicht, ist im Trend: „Weitere Trends sind einerseits im Duftbereich, hier liegt der Fokus auf hochwertigen Düften mit attraktivem Preisgefüge, andererseits verschiedene Make-up-Trends wie Brow und Lash Styling, ‚Clean-Girl Make-up' oder ‚Cold-Girl Make-up'. Außerdem beobachten wir, dass Nachhaltigkeit und natürliche Inhaltsstoffe mittlerweile zur Voraussetzung geworden sind.”

Branchenüberlegungen

Neben großen Retail-Playern gibt es aber auch viele kleinere Unternehmen aus dem Bereich Parfümerie- und Drogerie-Einzelhandel – das Bundesgremium der Wirtschaftskammer zählt über 7.800 Mitglieder; dabei wird zwischen Parfümerie- und Drogeriewarenhandel differenziert. Was berichten die Vertreter der Wirtschaftskammer? „Die Bilanz für das aktuelle Jahr in Bezug auf Parfümerie-Produkte zeigt, dass die bekannten Marken stabil geblieben sind, jedoch Rückgänge im mittleren Preissegment verzeichneten. Dies deutet darauf hin, dass Verbraucher möglicherweise vermehrt in Einsteigersortimente investieren, die kostengünstigere Alternativen bieten. Und diese Verschiebung ist in ganz Europa zu beobachten. Nischenmarken erweisen sich oft als entscheidend für den Fachhandel, der versucht, dem entgegenzuwirken”, führt Hans Martin Hittaller, Berufsgruppensprecher Parfümeriewarenhandel, aus.

Christoph Zauner, Obmann im Bereich Drogeriewarenhandel, berichtet Ähnliches: „In Zeiten, in denen Menschen sparen müssen und wollen, beobachten wir eine Verschiebung von Premium- zu Einsteigerprodukten. Gleichzeitig zeigt sich, dass das schwindende Wertgefühl des Geldes dazu führt, dass Verbraucher vermehrt in Selbstmedikationsprodukte investieren und ihr Geld in Gesundheitsprodukte lenken.”

Online vs. Offline

Die Konsumentennachfrage konzentriere sich auch in Zauners Beobachtung verstärkt auf die Herkunft von Roh- und Wirkstoffen sowie deren Produktionsorte. Auch die nachhaltige Perspektive, die sich nicht nur auf Kosmetik, sondern auch auf Nahrungsergänzungsmittel und sogar Waschmittel erstreckt, spiele eine Rolle: „In diesem Kontext verliert die Markenbekanntheit an Relevanz, während Qualität, Ursprung und Nutzen der Produkte in den Vordergrund rücken.”

Wichtig wird sein, diese Trends auch vor Ort bedienen zu können. Hittaller verweist hierbei auf die Vorteile von Aus- und Weiterbildung in seinem Bereich, denn „Kunden informieren sich zwar zu 70 Prozent im Internet über ein Parfümerieprodukt, kaufen es jedoch zu 80 Prozent im Geschäft – und das europaweit. Dank unseres dualen Ausbildungssystems ist Österreich hier sehr gut aufgestellt, diesen Weg weiter so erfolgreich gehen zu können.”

Was bringt die Zukunft?

Simpel ausgedrückt, gibt es also auch im Bereich Drogerie/Parfümerie ähnliche Entwicklungen wie in anderen Bereichen: mehr Marke, aber mehr Preissensibilität, im Großen und Ganzen ein höherer Anspruch an die Produkte selbst. Was erwartet sich die Branche nun von 2024?

Hittaller erklärt über gute Entwicklungen: „Erfreulich ist neben der Marktstabilisierung in gewissen Tourismusregionen die Zunahme von Lehrlingen in der Schwerpunktausbildung Parfümerie. Eine ermutigende Tendenz zeigt sich auch in der gesteigerten Präferenz für die Fachberatung vor Ort in Parfümerien, was auf eine verstärkte Wertschätzung dieser persönlichen Beratungsdienstleistung hinweist – und dass wir diesem Wunsch nachkommen können.”
Zauner freut sich ebenfalls: „Besonders erfreulich ist die weiterhin hohe Nachfrage nach Selbstmedikationsprodukten, die voraussichtlich auch im Jahr 2024 anhalten wird. Zudem hat die persönliche Beratung in den Drogerien einen positiven Effekt gezeigt und ist hervorzuheben, was zu einer verstärkten Kundenzufriedenheit beiträgt.”
Konkreter beschreibt Pöttschacher die Sachlage: „Für 2024 erwarten wir, dass Deocremen statt Sprays und Roll-ons zusätzlich an Beliebtheit gewinnen. Außerdem erwarten wir einen Trend bei Clean Beauty- und Refill-Produkten. Bei der Pflegeroutine erwarten wir einen Trend in Richtung Minimalismus und Einfachheit sowie Produkte für sensible Haut bzw. medizinische Hautpflege.”
Und dm? Neben preisdämpfenden Initiativen ist auch der schonende Umgang mit Ressourcen ein wichtiges Anliegen. Im Investitionsprogramm liegt etwa ein Schwerpunkt auf der Weiterentwicklung des Ladenbilds. Außerdem will man die OCR-Strategie (Optische Zeichenerkennung) konsequent weiterverfolgen – der Onlineshop wird zum verlängerten Regal.
Abschließend lässt man noch wissen: Technologien werden neue Möglichkeiten bringen, seien es neue Kassenscanner oder Roboter-Unterstützung an den Regalen. Logisch, dass KI auch in diesem Bereich eine Rolle spielen wird.

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