Die trägen Mühlen der Bürokratie
© APA/Barbara Gindl
TeuerungTwitter-User stellten in den vergangenen Monaten diverse Preisvergleichsplattformen online – und kamen damit dem Wirtschaftsministerium zuvor, das sich bis Herbst Zeit zu lassen gedenkt.
RETAIL Redaktion 30.06.2023

Die trägen Mühlen der Bürokratie

Das ministerielle Preisvergleichsportal lässt auf sich warten – Hobbyprogrammierer zeigen, wie schnell es gehen kann.

WIEN. Nachdem Wirtschaftsminister Martin Kocher Anfang Mai nach Druck von Wifo, Opposition und dem grünen Ministerkollegen Johannes Rauch schließlich doch und dann gar hastig einen Lebensmittelgipfel veranstaltete, war der Outcome überschaubar – eine der wenigen präsentierten Resolutionen war eine in ihrer Umsetzung vage bleibende Preisdatenbank.

„So rasch wie möglich” wolle man diese präsentieren, so Kocher damals gegenüber Ö1. Doch weil noch zu prüfen sei, „wie das technisch möglich ist”, wie die Daten eingemeldet würden, und weil das alles „nicht so einfach ist”, sei ob der „technischen Herausforderungen” nicht vor Herbst damit zu rechnen.
Allein: Schon wenige Stunden nach der Vertröstung auf den Herbst präsentierte Programmierer Mario Zechner auf Twitter einen funktionsfähigen Prototypen, der später unter heisse-preise.io online ging. Es folgten weitere Vergleichsplattformen, zuletzt wurde etwa preismonitor.at, teuerungsportal.at und preisrunter.at mediale Aufmerksamkeit zuteil – die Entwicklung letzterer hat laut David Wurm, dem 21-jährigen Programmierer der Plattform, nach Eigenangaben gegenüber dem Standard lediglich eine Woche in Anspruch genommen.

BWB befragt Plattformen

Die diversen Entwickler der Plattformen seien „alle miteinander im Austausch”, gab Zechner Ende der vergangenen Woche gegenüber FM4 bekannt – und der Schluss liegt nahe, dass die Schwarmintelligenz mit ihrem Vorpreschen für mehr Transparenz gesorgt hat, als es Kochers „kleine Datenbank der wichtigsten Lebensmittel” tun wird. So stellen Zechner, Wurm und Co. gehäuft Preissteigerungen nach Rabattaktionen fest, außerdem seien die Preise gleichartiger Eigenmarkenartikel im Diskontbereich sehr oft auf den Cent genau identisch – ein Check auf heisse-preise.io bestätigt obendrein etwa identische Preissteigerungen und -senkungen für Artikel der Diskont-Marken clever (Rewe) und S-Budget (Spar).

Die Bundeswettbewerbsbehörde will die Befunde der anarchischen Vergleicher jedenfalls berücksichtigen – und verschickte jüngst Fragebögen an sieben Plattformen. (red)

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