Kaufleute, die wahren Meister des Handelns
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RETAIL Redaktion 20.05.2022

Kaufleute, die wahren Meister des Handelns

Wie ist ihr Support seitens der Großhändler, wo können sie eigene Wege gehen?

••• Von Christian Novacek

WIEN. Regionalität und Lokalität haben dem Kaufmannstum den Aufschwung verpasst: Der Nahversorger ist in. In der Sicht der Organisationen ist Selbstbewusstsein das Gebot der Stunde: „Die Spar-Kaufleute sind die besten Lebensmittelkaufleute Österreichs und sie sind die Nr. 1 am jeweiligen Standort”, sagt etwa Spar-Sprecherin Nicole Berkmann.

Auch bei Adeg und Nah&Frisch schaltet die Mentalität von Defensive auf Offensive. „Für unsere Adeg-Kaufleute ist Regionalität ein Versprechen, das sie jeden Tag ihren Lieferantinnen und Lieferanten, ihren Produzentinnen und Produzenten, aber vor allem ihren Kundinnen und Kunden geben. Sie waren schon regional, bevor es das Wort überhaupt gab”, kommentiert Adeg-Vorstand Brian Beck den Trend, der in den Genen liegt.
Und Hannes Wuchterl, Geschäftsführer von Nah&Frisch, konstatiert eine merklich gestiegene Wertschätzung in der Bevölkerung: „Immer mehr Gemeinden in Österreich wird es bewusst – einen Nahversorger im Ort zu haben, ist ein wichtiger Bestandteil einer gesunden Dorfinfrastruktur.”

Eine Frage der Organisation

Aber wie stark sind die Kaufleute wirklich? Und gibt es sie noch, echte Auffassungsunterschiede unter den Flaggen von Spar, Adeg und Nah&Frisch? Ursprünglich war es (mutmaßlich)so: Zur Spar geh ich, weil ich die besten Konditionen bekomme; zu Nah&Frisch, weil mein Laden mir gehört, und bei Adeg trifft es sich in der Mitte – mit neuer, noch nicht ganz einschätzbarer Tendenz Richtung Billa-Kaufmann, der, so Rewe-Sprecher Paul Pöttschacher, noch dieses Jahr an den Start geht und für „noch mehr individualisierte Kundennähe vor Ort” sorgt. Die Entwicklung erfolge gemeinsam mit Adeg und „als Ergänzung zu unseren Adeg-Kaufleuten”.

Flächenkaiser Spar

Den klarsten Blick auf Wohl und Wehe der Kaufleute schaffen die Strukturdaten: Per Ende 2021 gab es 692 Betriebe von Spar-Kaufleuten, wobei einige Kaufleute mehrere Märkte betreiben. Die durchschnittliche Verkaufsfläche liegt bei ca. 430 m². Marktführerschaft und Kaufmannschaft haben bei Spar den Gleichschritt drauf – auf die Frage, warum man sich für Spar entscheiden soll, sagt Berk­mann: „Weil Spar der beste Großhandels- und Systempartner ist. Dies erkennt man daran, dass die Spar-Kaufleute gemeinsam mit der Spar und den Filialen Marktführer geworden sind.”

Großen Anteil am Erfolg hat bei Spar das zur Verfügung gestellte Sortiment: Die Kaufleute haben den Zugriff auf die volle Bandbreite eines Interspar. Hinzu kommen Ausbildungen und Fortbildungen – von Fachschulungen bis zu Unternehmerlehrgängen. Berkmann: „Wir sind eine aktive Gemeinschaft und das ist auch der Erfolg der Kaufleute.”

Stabilität bei Nah&Frisch

Bei Nah&Frisch beliefern die Gesellschafter Kastner, Kien­nast, die UniGruppe und Wedl insgesamt 430 Geschäfte mit einer durchschnittlichen Verkaufsfläche von knapp 200 m². Diese Zahl dürfte mittlerweile stabil sein, die Spreu vom Weizen getrennt, zumal, so Wuchterl: „Im Schnitt haben unsere Kaufleute nach dem guten Jahr 2020 noch einmal um 5,7 Prozent zulegen können.” Und, in der Vorausschau auf 2022: „Wir haben die besten Kaufleute in Österreich, sie werden die Herausforderungen des Jahres 2022 am besten von allen meistern.”

Den Wesenskern seiner Kaufleute bringt Wuchterl so auf den Punkt: „Die Nah&Frisch-Kaufleute schaffen besondere Lebensqualität. Zusätzliche Lebensqualität für alle im Dorf.” Dabei sei auch klar, dass sich die Kaufleute nicht zuletzt „innerhalb der Nah&Frisch-Gemeinschaft einer besonderen Selbstständigkeit erfreuen, die es so im österreichischen Lebensmittelhandel sonst nicht mehr gibt.”

Beste Rahmenbedingungen

Adeg verbucht für sich 400 Märkte von rund rd. 280 Kaufleuten, die es (inklusive Großhandel) im Jahr 2021 auf ein Umsatzplus von 3,23% gebracht haben. Die Erfolgsformel: „Als Teil der Rewe Group sehen wir unsere Rolle als starker Großhandelspartner darin, unseren Kauffrauen und Kaufmännern Rahmenbedingungen zu bieten, die erfolgreiches und selbstständiges Wirtschaften so einfach wie möglich machen”, erläutert Beck. Er führt aus: „Jede und jeder einzelne hat so die unternehmerische Freiheit, den Markt nach individuellen Vorstellungen und angepasst an die Bedürfnisse der Region zu gestalten.”

Unikum Unimarkt

Eine Sonderrolle im heimischen Kaufleutedasein kommt Unimarkt zugute, wo ein Franchisesystem punktet: „Das soll weiter ausgebaut werden”, berichtet Andreas Haider, Eigentümer und Geschäftsführer der UniGruppe, unter Verweis auf 71 von 132 Unimärkten, die von Franchisepartnern geführt werden. Haider zuversichtlich: „Diese Zahl soll stetig erhöht werden. Franchise hält großes Potenzial für die Zukunft bereit, überhaupt im Lebensmitteleinzelhandel, weshalb wir diesen Weg aktiv weiterverfolgen werden.”

Franchise ist bei Unimarkt seit 30 Jahren eingegleist, das Know-how entsprechend. „Auch sind wir sehr stark in der Region verwurzelt, was eine große Chance für unsere Partner bietet, da diese die Möglichkeit haben, vor Ort ihre eigenen Ideen zu verwirklichen und z.B. frei über die Zusammenarbeit mit regionalen Lieferanten bzw. über die Listung von regionalen Produkten entscheiden zu können”, so Haider. Sprich: Trotz des konzeptionellen Rahmens bietet Unimarkt den Freiraum, den der Unternehmergeist sucht.

Schnittig in der Box

Innovationskraft hat die UniGruppe mit der UniBox bewiesen. Ohne Personal im Geschäft, ist die Box eine moderne Rund um die Uhr-Nahversorgungslösung, attraktiv speziell für Randzeiten bei Pendlern. Allein: Das Gesetz schiebt einen Riegel vor. „Im ländlichen Raum gestaltet sich die Versorgung aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen oft schwierig, und genau diese Lücke können wir mit der UniBox schließen”, sagt Haider. Und im bitteren Nachklang: „Gerne würden wir unseren Kundinnen und Kunden Einkaufen rund um die Uhr ermöglichen – sowie es auch bei Tankstellen möglich ist. Aufgrund der hier veralteten gesetzlichen Strukturen ist dies aber leider nicht möglich.” Was insofern nicht verständlich sei, als Tankstellen 24/7 geöffnet haben – „also Öffnungszeiten wie ein Automat, aber eine gleich große UniBox, welche die Versorgung am Land sichert, muss sich den Öffnungszeiten unterwerfen”.

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