„Unsere Vorstellungen driften sehr weit auseinander”
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RETAIL 15.01.2016

„Unsere Vorstellungen driften sehr weit auseinander”

Pfeiffer vs. Gewerkschaft: Nachdem keine Einigung erzielt wurde, entscheidet eine Schlichtungsstelle über den Sozialplan.

••• Von Nataša Nikolic

WIEN. Es wurde in den vergangenen Tagen wieder etwas ruhiger um das Sorgenkind Zielpunkt. Die größte Pleite des vergangenen Jahres und die drittgrößte Handelspleite seit 1992 (nach Konsum und Libro) zog noch zwei weitere Unternehmen in die Insolvenz: Schirnhofer und Motlicek.

Fleischproduzent Schirnhofer eröffnete am 1. Dezember ein Sanierungsverfahren. Die Folgen: 269 Dienstnehmer sind arbeitslos, und die steirische Rindfleischmarke ­Almo gerät ins Wanken. Schirnhofer war nämlich der größte Abnehmer der 320 Almo-Bauern und erhielt 98% des Gesamtbestandes, weshalb kurzzeitig auch ein Schlachtstopp ausgerufen wurde. Wenig später, Mitte Dezember, stellt auch die Kältefirma Motlicek als unmittelbare Folge der Zielpunkt-Insolvenz einen Antrag auf Eröffnung eines Konkursverfahrens. Nach dem Wegfall seines größten Kunden geht das Wiener Unternehmen mit 26 Dienstnehmern und 1,6 Mio. € Schulden den Bach runter.

Wie geht es weiter?

Für die 2.708 Zielpunkt-Beschäftigten hieß es bis zuletzt bangen und hoffen, dass ein Mitbewerber die Filialen übernimmt. Für 112 Standorte konnte Masseverwalter Georg Freimüller jedoch keine Nachmieter finden – etwa 1.250 Mitarbeiter verlieren daher ihren Job. „Ein Großteil der Arbeitnehmer, die von den Schließungen betroffen sind, hat mittlerweile den berechtigten vorzeitigen Austritt erklärt”, sagt Klaus Schmidtbauer vom Insolvenzschutz der Arbeiterkammer Wien. „Aus persönlichen Gesprächen und Telefonaten weiß ich, dass ein Teil der Arbeitnehmer bereits eine neue Arbeitsstelle – in der Regel bei einem der Mitbewerber – angetreten hat oder dies in unmittelbarer Zukunft machen wird.” Auf den Informationsveranstaltungen sei jenen Mitarbeitern, die noch keine Jobaussichten haben, geraten worden, sich beim AMS zu melden. Wie viele davon tatsächlich Gebrauch gemacht haben, weiß Schmidtbauer aber nicht. Vonseiten der AK bzw. des Insolvenzschutzverbands soll alles reibungslos verlaufen sein – so wurden auch alle ausstehenden Löhne und Gehälter noch vor Weihnachten überwiesen.

Während die Filialmitarbeiter auf ihr Novembergehalt und Weihnachtsgeld warten mussten, wurden die Beschäftigten des Logistikzentrums im 23. Bezirk pünktlich ausbezahlt. „Die Zielpunkt Logistik wurde bereits vor Längerem in die Pfeiffer Logistik GmbH mit Sitz in Traun integriert. Aufgrund der Zielpunkt-Insolvenz und des Wegfalls des Zielpunkt-Filialbetriebs wird das Logistikzentrum in Wien im Zuge einer sogenannten Teilbetriebsschließung geschlossen”, sagt Pfeiffer-Sprecherin Martina Macho und betont, dass das Logistikzentrum nicht insolvent ist und daher alle Mitarbeiter weiterhin ihren Lohn bekommen.

Gescheiterte Verhandlungen

Die Teilbetriebsschließung macht einen Sozialplan notwendig, um Härtefälle bei den 181 von der Kündigung betroffenen Arbeitnehmern zu vermeiden. Dafür setzt sich die Gewerkschaft der Privatangestellten Druck, Journalismus, Papier (GPA djp) ein – allerdings bislang ohne eine Einigung mit Pfeiffer.

„Aktuell driften die Vorstellungen der Gewerkschaft sowie die Möglichkeiten der Pfeiffer Logistik GmbH sehr weit auseinander. Die Gewerkschaft fordert Sozialplanleistungen in der Höhe von rund 7 Mio. € – während die Pfeiffer Logistik, die heuer ein Ergebnis der Geschäftstätigkeit von minus 1,3 Mio. € aufweist, maximal 1,8 Mio. € leisten kann”, erklärt Macho ganz zur Überraschung von GPA djp-Regionalgeschäftsführer-Stv., Mario Ferrari. „Ich weiß nicht, wie man auf diese 7 Mio. € kommt”, sagt Ferrari im Gespräch mit medianet. „Das Angebot von 1,8 Mio. € liegt weit unter dem, was wir uns vorstellen. Wir haben als Verhandlungsbasis einen Vorschlag auf den Tisch gelegt, aber nie eine Zahl genannt.” Die „Verhandlungsbasis” war, wie sich im weiteren Verlauf des Interviews herausstellt, aber offenbar doch eine Zahl; welche, wollte Ferrari nicht sagen. Denn „das ist das Gesamtpaket, mit freiwilligen und gesetzlichen Abfertigungen, da geht's auch um die Arbeitsstiftung und vieles mehr. Es macht daher keinen Sinn, eine Summe zu fordern. Da müssten wir zuerst die Rahmenbedingungen abstecken.” Wie viel Pfeiffer tatsächlich zahlen muss, wird die Schlichtungsstelle klären müssen. „Es wird sicher einen Sozialplan geben. Die Schlichtungsstelle wird entscheiden, wie hoch der ausfällt und für das muss Pfeiffer auch aufkommen”, prognostiziert Ferrari, der auch vor der Pleite den Zielpunkt-Betriebsrat bei den Sozialplanverhandlungen unterstützt hat.
„Die Pfeiffer Logistik ist schlicht nicht imstande, die geforderte Summe aufzubringen. Ein Sozialplan in dieser Höhe gefährdet potenziell weitere Arbeitsplätze”, beteuert hingegen Pfeiffers Unternehmenssprecherin.

Lage der Logistik-Mitarbeiter

Während die Gewerkschaft also auf den Sozialplan wartet, sucht Erich Schönleitner bereits nach einem Nachmieter für das Logistik-Zentrum. Sofern er einen findet, der die Mitarbeiter übernimmt, wäre der Sozialplan obsolet und Pfeiffer diesbezüglich „aus dem Schneider”.

„Bei einer Weiterführung des Betriebs als Logistik-Zentrum bestünde die Möglichkeit für die betroffenen Kollegen, hier weiterzuarbeiten”, sagt der Holding-GF, dem man vorwirft, seine übereilte Expansionspolitik sei für die Zielpunkt-Insolvenz verantwortlich.
Angesprochen auf die Folgen eines möglichen Verkaufs, sagt Ferrari überrascht: „Der Umstand eines eventuellen neuen Eigentümers des Logistik-Zentrums ist uns vollkommen neu und war nie Thema. In diesem Falle wäre kein Sozialplan nötig, da alle Beschäftigten mit allen Rechten und Pflichten vom neuen Eigentümer übernommen werden müssten.”

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