Zehn Millionen Kunden wöchentlich bei Billa
© Robert Harson
RETAIL Redaktion 18.04.2025

Zehn Millionen Kunden wöchentlich bei Billa

Alexandra Draxler-Zima und Marcel Haraszti berichten über ein ambitioniertes Rewe-Investitionsprogramm.

••• Von Christian Novacek

Wir unternehmen einiges, um die Wirtschaft anzukurbeln”, weist Rewe International-Chef Marcel Haraszti auf eine imposante Dimension hin: Zehn Mio. Kunden kaufen mindestens einmal wöchentlich bei Billa ein. Insgesamt legte die Rewe Group in Österreich mit Billa, Billa Plus, Penny, Bipa, dem Großhandel (Tankstellenshops + Adeg) sowie der Touristik eine Umsatzsteigerung um 4,8% auf 10,94 Mrd. € hin. „Im Lebensmittelhandel wurde ein Plus von 3,9 Prozent erwirtschaftet, im Drogeriefachhandel waren es 5,9 Prozent”, führt Rewe-Finanzchefin Alexandra Draxler-Zima aus.

Damit diese in Zahlen gegossene Wertschätzung erhalten bleibt, wird nun das hohe Investitionsvolumen von 1,5 Mrd. € (bis 2027) losgeeist. Leuchtturmprojekt ist das sogenannte „Projekt Alpha”, der Ausbau des ­Lagers in Wiener Neudorf (600 Mio. € in sechs Jahren), wo die Neustrukturierung des Trockensortiments im Vordergrund steht. Dabei handelt es sich um eine Maßnahme in Richtung „langfristiger Versorgungssicherheit und Resilienz der österreichischen Lieferketten”. Beachtenswert dabei: Das Projekt kommt ohne zusätzliche Flächenversiegelung aus.
„Wir werden die Logistik optimal für die Zukunft aufstellen, das bedeutet am Ende mehr Produkte und mehr Regionalität für die Vertriebslinien”, stelltHaraszti in Aussicht.

Modernisierung wichtig

Der zweite große Investitionsbaustein betrifft die Modernisierung der Geschäfte. Bereits 2024 ist über eine Milliarde Euro in die Modernisierung der Filialen geflossen – bezogen auf 4.654 Standorte, die von der Rewe in der Geschäftseinheit Handel International „bedient” werden. Damit einhergehend stieg der Gesamtumsatz im Handel international 2024 um 6,1% auf 23,82 Mrd. €.

Auf die Vertriebslinien in Österreich geblickt, ergibt sich ein differenziertes Bild. Es ist lange her, da kursierte unter alten Billa-Haudegen das Gelöbnis, es würde „niemals eine Billa-Filiale zusperren”. Diesem sturen Credo hat man abgeschworen – und das mit Entschiedenheit: „Wir schließen nicht nur Filialen, wo es aufgrund struktureller Veränderungen naheliegend ist, wir schließen auch solche, die aus unserer Sicht unrentabel wirtschaften”, beschreibt Haraszti eine insofern markante Strategie, als im heimischen Handel bis dato oftmals das ungebremste Flächenwachstum regierte. Da wurde dem Umstand, ob letztlich alles rentabel sei, oft weniger Beachtung geschenkt, als der Freude, dem Mitbewerb im Flächenpoker ordentlich Contra gegeben zu haben.
Haraszti wird deutlich: „Wir hatten vielleicht den einen oder anderen Fall, wo ein Billa durch einen Penny ersetzt wurde, aber letztlich gilt: Wenn der Cashflow negativ ist, dann schließt die Filiale!”
Unterm Strich steht das für eine Ergebnisverbesserung, die deutlich ausfallen würde – wäre da nicht das spektakuläre Urteil des OGH, der eine 70 Mio. € Strafe wegen eines Meldeversäumnisses verhängt hat. Für die Nicht-Anmeldung bei einer Standorterweiterung dünkt die Strafhöhe drakonisch, Rewe wird daher eine Individualbeschwerde beim EuGH einreichen.

Billa weiter gut unterwegs

Zurück zu Billa: Gemeinsam mit der großen Schwester Billa Plus gab es 2024 ein Wachstumsplus von 3,8% – in Anbetracht der ruppigen Rahmenbedingungen für Haraszti ein „zufriedenstellendes Ergebnis”. Maßgeblich dazu bei trägt der Erfolg der Eigenmarken, die insgesamt auf einem Niveau von 32,9% Umsatzanteil angelangt sind.

Gestützt wird dieser Anteil sogar in Zeiten der Kaufzurückhaltung von den Bio-Marken – wo zuletzt Ja! Natürlich bereits das 30-jährige Jubiläum absolviert hat und wo es „Billa Bio” geschafft hat, den Bio-Gedanken in Haushalten einzupflanzen, in denen sonst eher der Sparmeister regiert. Beide Bio-Aushängeschilder stehen für zweistelliges Wachstum.
Während der (steigende) Eigenmarkenanteil bei Billa bei 32,3% liegt, ist er naturgemäß im Diskonter Penny mit 45% stärker präsent. Näher liegt hier aber die umgekehrte Formulierung: Für einen Diskonter sind 55% Anteil an Markenartikeln eine starke Nummer.

Mehr Billa-Kaufleute

Die Rewe ist eine Genossenschaft (Haraszti: „Wir denken nachhaltig!”) und in dieser Genossenschaft ist das Bekenntnis zu Kaufleuten stark. Ergo spielen auch Adeg und Billa-Kaufleute eine tragende Rolle im Vertriebsuniversum. So soll die Zahl der Billa-Kaufleute von derzeit 23 bis Ende des Jahres auf 45 steigen – das ehrgeizige Ziel von 200 Kaufleuten in 2030 bleibt bestehen. Haraszti mildert es geschäftssinnig ab: „Wichtiger ist uns, dass wir den richtigen Kaufmann am richtigen Standort haben!” Nichtsdestotrotz sei das Privatisieren eines Standortes eine Sache, die auch flugs gehen könne.

Während sich die Billa-Kaufleute unter Beteiligung der Rewe dem System verschreiben, sind die Adeg-Kaufleute (mehr als 300 Geschäfte) jene, die in manifester Selbstständigkeit vor allem in ländlichen Gefilden die Nahversorgung hochhalten. Oft gehört ihnen die Immobilie, in der sich das Geschäft befindet, mitunter ist die dörfliche Fleischerei am Standort inkludiert.

Rückkehr der Billa-Box?

Rewe hat in Sachen Nahversorgung einige Schritte weiter gedacht. Das auch vom Mitbewerber Nah&Frisch propagierte Hybridmodell – wo zu gewissen Zeiten bei eingeschränktem Sortiment der Laden in Selbstbedienung läuft – gehört ebenso zum Repertoire wie die „Billa Box”. Letztere könnte dank geänderter Ladenöffnungszeiten eine Wiederauferstehung feiern.

Stichwort Ladenöffnungszeiten: „In Österreich wird gern gejammert, weil der Onlinehandel dem stationären so viel Umsatz raubt. Bei 72 Stunden Gesamtöffnungszeit, während das im benachbarten Ausland nahezu unbegrenzt ist – da darf sich doch niemand wundern”, kommentiert Haraszti den Status quo. Eine Änderung steht zumindest in Aussicht.

Derzeit reüssiert die Rewe Group Österreich aber nicht zuletzt auch im Onlinebusiness. Auf satte zwölf Prozent Plus (114 Mio. € mit Billa und Bipa) beläuft sich hier das Umsatzwachstum – trotz deutlicher Reduzierung des Liefer­gebietes.

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