••• Von Alexander Haide
KI-intensive Branchen konnten ihre Produktivität fast vervierfachen. Gleichzeitig ändern sich die erforderlichen Fähigkeiten um 66% rascher als in anderen Bereichen. Aktuelle Jobdaten zeigen: Während die Gesamtzahl der Stellenanzeigen zuletzt um 11,3% geschrumpft ist, stiegen die ausgeschriebenen Jobs mit KI-Anforderungen seit dem Vorjahr um 7,5%. Arbeitnehmende mit KI-Knowhow, etwa Machine Learning oder Prompt Engineering, verdienen im Schnitt um bis zu 56% mehr. Überraschend stark ist der Zuwachs in der deutschen Landwirtschaft. Hier boomen KI-nahe Berufsfelder, insbesondere dort, wo Mensch und Maschine zusammenarbeiten Das ergab, unter anderem, der „2025 AI Jobs Barometer Report” von PwC.
Andreas Hladky ist Partner und AI-Transformation Lead bei PwC Austria und weiß, worauf es heute und in Zukunft in Sachen KI ankommt.
medianet: Weshalb war PwC in der aktuellen Studie der Bereich der KI wichtig?
Andreas Hladky: Wir sehen bei uns selbst die große Transformation durch KI. Auch unsere Kunden wollen wissen, wie man sie wo einsetzen kann. Es gibt derzeit viele Behauptungen, was KI alles können wird. Deshalb war das für uns ein wichtiges Thema.
medianet: Ohne KI werden Arbeitnehmer auf der Strecke bleiben. Kann man das verkürzt so behaupten?
Hladky: Wenn man zehn Jahre vorausblickt, dann wird sich schon vieles verändern. Bevor das Internet im Mainstream angelangt ist, war es etwas für Nerds. Damals haben Österreich und Europa den Zug verpasst und es ist Wertschöpfung verlorengegangen, was bis heute nachwirkt. Bei der KI wird es nicht anders sein.
Es wäre von Vorteil, wenn wir dieses Mal die Möglichkeiten und das Potenzial der Technik erkennen, und die Bevölkerung dabei mitnehmen. Mittelfristig wird KI in vielen Jobs ein Thema sein.
medianet: Wer hat derzeit Handlungsbedarf, Arbeitgeber oder Arbeitnehmer?
Hladky: Unternehmer sollten KI ernst nehmen, denn die vorige digitale Transformation beim Internet hat nicht so toll geklappt. Wir schieben täglich viel Geld in die USA, wenn wir WhatsApp oder Netflix nutzen und bei Amazon einkaufen. Das haben wir in Europa verpasst, denn wir waren zu skeptisch und zurückhaltend. Deshalb haben Unternehmen jetzt einen sehr großen Handlungsbedarf sich die Technologie anzuschauen, mitzulernen und sie dort einzusetzen, wo sie von Vorteil ist. ChatGPT ist jetzt noch nicht so schlau, aber wird es vielleicht in zehn Jahren sein.
Arbeitnehmer sollten sich up-to-date halten und Upskilling-Programme annehmen. Unsere Studie hat ergeben, dass man selbst effizienter wird, wenn KI eingesetzt ist. Wer KI kann, wird gebraucht werden. Heute existieren zwar noch nicht alle perfekten Tools, aber man kann sich abends mittels Online-Tutorials mit KI beschäftigen und ihre Möglichkeiten ausprobieren. Damit steigt auf jeden Fall die Kompetenz gegenüber jenen, die sich jetzt noch zurücklehnen. Mitarbeiter sollten sich entweder in der Firma oder privat weiterbilden.
medianet: Bei der Aus- und Weiterbildung sind Programme für KI aber noch spärlich, Beweise für Skills, wie etwa Zertifikate, sind auch eine Seltenheit.
Hladky: Es gibt bereits einige Zertifikate. Wir wissen aber, dass viele Menschen bereits heute ChatGPT nutzen, deshalb glaube ich, dass am Beginn die Neugier ausreicht. Viele setzen KI bereits im Job ein. Es geht darum, dass KI nicht generell ignoriert wird, wie damals das Internet. Sogar ein Tischler wird merken, dass die Erstellung einer Website mit KI bereits ganz gut funktioniert.
medianet: Wir sprechen eher von einer spielerischen Auseinandersetzung mit KI, als von einer akademischen Ausbildung?
Hladky: Genau, einfach Tools ausprobieren, die oft sowieso gratis zur Verfügung stehen. Natürlich kann nach oben skaliert werden und der Besuch eines Kurses samt der Erlangung eines Zertifikats ist möglich.
medianet: Die PwC-Studie ergab zudem, dass Menschen mit KI-Kenntnissen um bis zu 56 Prozent mehr verdienen. Wie funktioniert das ohne den Nachweis einer Ausbildung?
Hladky: Heute kann noch niemand ein Super-Profi sein, denn jeden Tag kommen neue Tools und Technologien auf den Markt. Wir leben hier in einer Pionierzeit. Deshalb ist es wichtig, sich mit den Basics zu beschäftigen. Was ist KI, wie funktioniert sie und welche Tools gibt es, die ich in meinem Job einsetzen kann? Es gibt bereits einige Spezialisierungsmöglichkeiten. Im Bereich der Bildbearbeitung gibt es die Tendenz, wie man Filme prompten könnte. Netflix zahlt solchen Spezialisten bis zu 900.000 Dollar Jahresgehalt. Dabei sind Skills nötig, die man sich vermutlich durch eine berufliche Vorerfahrung und Vorwissen, eine akademische Ausbildung, mit Kursen und durch viel Ausprobieren angeeignet hat.
KI bietet insofern Chancen, dass etwa ein Grafikdesigner, der über Vorwissen im grafischen Design verfügt, mittels KI eventuell das eigene Kompetenzfeld verbreitern und auch Werbefilme anbieten kann. Jeder muss selbst herausfinden, was KI in seinem Berufsfeld – auch als Krankenschwester oder Buchhalter – bedeuten kann. Wer hier bereits Tools sinnvoll einsetzen kann, hat am Arbeitsmarkt bessere Chancen.
medianet: Ist es nicht auch ein Risiko sich mit einer Technik zu beschäftigen, von der man noch nicht abschätzen kann, wohin sie führen wird?
Hladky: Wir sind in der Mitte einer technologischen Entwicklung die im Jahr 1958 begonnen hat und heute, mit KI, einen riesigen Sprung nach vorne erlebt. Was heute noch nicht funktioniert, wird in Zukunft funktionieren. Das ist vergleichbar mit der Entwicklung des Internets.
medianet: Sehen Sie in Sachen KI-Weiterbildung die Arbeitgeber in der Pflicht, oder das Bildungssystem?
Hladky: Arbeitgeber sehe ich in einer massiven Verpflichtung, vor allem sich selbst, den Arbeitnehmern und dem Unternehmenszweck gegenüber. Sie tun sich selbst etwas Gutes, wenn sie KI rasch verstehen. Man kann sich darauf verlassen, dass es in Zukunft bessere KI-Lösungen und Jobs geben wird, in denen KI-Kompetenz gefordert ist. Deshalb ist es kein Fehler, sich als Unternehmer, aber auch als Mitarbeiter mit KI zu beschäftigen.
