••• Von Alexander Haide
WIEN. Hallstatt im Salzkammergut, die Schlösser Lednice und Valtice in der Tschechischen Republik oder der Mont St. Michel, Chartres und der Teppich von Bayeux – sie alle eint ihr Status als kulturelles Erbe der Menschheit. Nachdem Sabine Tanner seit 2009 in ihrer Reiseleiter-Akademie Wien die Ausbildung zum Reiseleiter anbietet, kam im vergangenen Jahr ein Spezialgebiet dazu: Nun können sich Interessierte bei ihr zum Heritage-Tour-Guide und UNESCO-Welterbe-Experten ausbilden lassen. Dafür sind keine speziellen Vorkenntnisse – wie etwa ein erfolgreich absolvierter Kurs für Reiseleiter – notwendig, aber sinnvoll.
Vom Sight- zum „Life-Seeing”
„Die Akademie bildet in erster Linie ja Reiseleiter aus und seit vergangenem Jahr gibt es dieses Zusatzmodul”, erklärt Tanner, die auch Mitglied von ICOMOS Austria ist, dem österreichischen Nationalkomitee des Internationalen Rats für Denkmalpflege (International Council of Monuments and Sites). Die Teilnehmer der Kurse kommen dabei zum Teil aus dem Ausland, wie aus Italien, slawischen und arabischen Ländern und Asien, die Unterrichtssprachen sind Deutsch und Englisch.
Der im deutschsprachigen Raum übrigens einzigartige Lehrgang legt den Fokus natürlich auf die aktuellen Themen und Trends im Tourismus. Tanner: „Nachhaltigkeit, Qualitätstourismus und die Abkehr vom Overtourism sind auch in der neuen Charta für Kulturtourismus verankert. Es geht weg vom Sightseeing hin zum Life-Seeing. Dabei erlebt man, wie es den Menschen vor Ort geht, wie sie in einem kulturellen Erbe leben und damit umgehen. Natürlich ist das auch eine Kritik am Massentourismus.”
Dabei ist die Einbeziehung der lokalen Bevölkerung ein Element, das dazu beitragen soll, dass Einnahmen aus dem Tourismus bei den Menschen vor Ort und nicht in den Taschen von Reisekonzernen landen.
Schwerpunkt Österreich
„Meine ursprüngliche Motivation, diese Kurse anzubieten, war, das Wissen zu vermitteln, was kulturelles Erbe und die Idee der UNESCO überhaupt ist und dass es Absolventen danach an die Reisegäste weitergeben”, erklärt Tanner. „Das kann man etwa im Bus bei langen Fahrten wunderbar erklären.”
Wegen des Akademiestandorts in Wien stehen sehr viele österreichische Welterbestätten auf dem Programm, die Tanner mit den Auszubildenden besucht.
Darunter finden sich etwa Baden bei Wien als „Great Spa of Europe”, Graz Altstadt und Schloss Eggenberg, der Neusiedlersee mit Purbach und die ungarischen Schlösser Szecheny und Esterhazy sowie das „Erlebnis Semmering” in einer Kombination aus Bahn- und Busfahrt.
Auf dem Lehrplan steht bei Sabine Tanner unter anderem theoretisches Wissen – wie etwa die Definition des Begriffs „Welterbe” nach den Grundsätzen der UNESCO, die „Kultur des Friedens”, die „Charta von Venedig”, die „Welterbekonvention” und das Völkerrecht, der „OUV” (der „außergewöhnliche universelle Wert”) der Welterbestätten und die Managementpläne –, aber auch die aktuellen Programme der UNESCO und die neuen Tendenzen beim Nominierungsprozess.
Zur Abschlussprüfung und zur Erlangung des Diploms „Certified International Heritage Tour Guide” ist eine schriftliche Hausarbeit über eine UNESCO-Welterbestätte und deren Besonderheiten, ein Referat – und natürlich auch eine vom Prüfling abzuhaltende Führung an einer UNESCO-Stätte zu absol-vieren.