Digitale Transportorganisation für Full Truck Loads
© LKW Walter
DOSSIERS Redaktion 21.10.2022

Digitale Transportorganisation für Full Truck Loads

LKW Walter nutzt die neue Technik des Event-Streamings zur Optimierung von internationalen Lieferketten.

Transportlogistik und effiziente Auslastung von Laderaum sind in Zeiten stotternder Lieferketten eine wichtige Lebensader für die Wirtschaft. Der europäische Marktführer im Bereich „Full Truck Loads” (Lkw-Komplettladungen) ist das österreichische Privatunternehmen LKW Walter mit mehr als 1.600 Mitarbeitern, einem Umsatz von über zwei Milliarden Euro, 8.000 Full Truck Loads und mehr als 300 Abfahrten auf über 250 Short-Sea- und Bahnrouten täglich.

LKW Walter organisiert Transporte sowohl auf der Straße als auch im Kombinierten Verkehr. Damit der Transport auf den unzähligen Strecken mit Lkw, Bahn und Schiff reibungslos abläuft, bedarf es leistungsstarker, moderner, digitaler Lösungen. Event-Streaming und Eventgetriebene Architektur führen zu einer besseren Planbarkeit und effizienteren Laderaumauslastung. Zudem kann durch eigene Softwarelösungen wie Predicitve-Transport-Visibility eine höhere Transparenz in der Supply Chain erzielt werden.

LKW Walter ist im digitalen Bereich mit sehr hohem Tempo unterwegs. Mit zahlreichen Tools bietet das Unternehmen seinen Kunden 360° digitale Lösungen an. Welche das sind und welchen Mehrwert diese liefern, erzählt uns Leo Hintersteiner, seit mehr als 30 Jahren als Informatiker tätig und seit Juni 2015 CIO der Walter Group.


medianet:
Wie manifestiert sich der Event-Gedanke und was sind Events bei LKW ­Walter?
Leo Hintersteiner: Als Event bezeichnen wir alle Punkte, an denen eine Veränderung des Systems erfolgt. Von der Auftragserfassung bis zur planmäßigen Entladung kommt es somit zu zahlreichen Events. Wird ein Auftrag über eine API-Schnittstelle oder unser Kundenportal Connect erfasst, landet dieser automatisch im System. Unser Planungs-Tool erkennt diesen Auftrag in Echtzeit als Event. Infolgedessen werden weitere Events definiert, um die Details der Fahrt zu planen. Das beginnt mit der Auswahl des richtigen Lkws. Es wird geprüft, wo sich der am besten geeignete Lkw befindet und wie dieser so effizient wie möglich eingesetzt werden kann. Anschließend erfolgt die Weiterleitung der Details für die Fahrt mittels Driver-App in Landessprache an den Lenker sowie die Belade- und Entladestelle. Jeder dieser Zwischenschritte ist ein Event. Ein Event löst das nächste aus und gibt, wie beim Fußball, den Ball weiter, bis er im Tor landet, d.h. der Kunde die Ware pünktlich in Empfang nimmt.

medianet:
Das System arbeitet bereits ab der Auftragsannahme vollautomatisch?
Hintersteiner: Ja! Die Transportbuchung erfolgt automatisch, genauso wie die Planung des Beladeorts und -zeitpunkts. Wir wissen zu jeder Zeit, wo sich ein Lkw befindet und ob er pünktlich beim Kunden ankommt oder sich verspätet. Durch die Anlage von sogenannten Geofenstern können Events ausgelöst werden. Beispielsweise, wenn ein Lkw ein bestimmtes Geofenster, wie ein Terminal, erreicht. Zusätzlich wird ständig der Status von zu erwartenden Events überprüft, ob etwa ein Lkw im Zeitplan ist oder ob das System dem Fahrer eine neue Route übermitteln muss. Unser Anspruch ist, dass alle Abläufe automatisiert erfolgen. Wenn ein Lkw sein Ziel erreicht, folgt bereits der nächste Auftrag, damit es zu keinen Wartezeiten kommt. Unser System weiß automatisch, wann ein Lkw wieder einsatzfähig ist.

medianet:
Wo stößt dieses ­System an seine Grenzen?
Hintersteiner: Fährt ein Lkw von Frankreich nach Deutschland gibt es eine Be- und eine Entladestelle. Das ist ein typischer Transportweg, und die Automatisierung funktioniert in diesem Umfeld sehr gut. Ist ein Transport im Kombinierten Verkehr von Nordafrika nach Norwegen unterwegs, wird es etwas komplexer. Unser Ziel ist es, alle sinnvollen Schritte zu automatisieren, um unsere Transport-Manager zu entlasten und Kapazitäten für wertschöpfende Tätigkeiten zu schaffen. Mit Event-Streaming wird unser Transportplan permanent aktuell gehalten. Wenn es Planänderungen für einen der Tausenden Lkws gibt, wird automatisch ein neuer Plan entwickelt und idealerweise direkt mittels Loads Today Driver App an den Fahrer in die Fahrer­kabine geschickt.

 

medianet: Es bleibt aber nicht nur bei Events, die gerade stattfinden?
Hintersteiner: In der Transportorganisation arbeiten wir mit zu erwartenden Events und benötigen verlässliche Prognosen. Ein sogenanntes Predictive Event ist die Estimated Time of Arrival (ETA), also die vorberechnete und wahrscheinliche Ankunftszeit. Hier treffen Machine Learning und Events zusammen. Wir wissen durch intelligente Algorithmen, wo sich ein Lkw höchstwahrscheinlich zu einem bestimmten Zeitpunkt befinden wird. Darauf basierend, entscheidet das System über die nächsten Schritte. Bei LKW Walter nutzen wir die Predictive-Transport-Visibility-Lösung unseres Technologiepartners Veroo. Über Veroo werden die IoT (Internet of Things) Daten konsolidiert, in erster Linie die GPS-Daten aus den Lkws und die ETA Berechnungen vorgenommen.

medianet:
Wann haben Sie den Gedanken des Event-Streamings für LKW Walter ins Auge gefasst?
Hintersteiner: Wir haben uns bereits im Jahr 2016 für eine agile Softwareentwicklung entschieden. So sind wir bei Confluent und BearingPoint gelandet. Mit den Neuerungen im Bereich Event-Streaming waren wir eines der ersten Unternehmen in Europa. Gemeinsam mit BearingPoint haben wir in den letzten Jahren viel aus den bisherigen Erfahrungen gelernt. Ein Paradigmenwechsel hin zum Event-Streaming bedeutet auch eine Anpassung der Arbeitsweise.

medianet:
Wie profitieren Ihre Mitarbeiter von der Automatisierung?
Hintersteiner: Wir wollen helfen, den Job in der Transportorganisation leichter und effizienter zu machen. Sich ständig wiederholende Aufgaben sollen zu einem hohen Prozentsatz von Maschinen übernommen werden. Dadurch werden unsere Mitarbeiter entlastet und können sich auf wertschöpfende Tätigkeiten, wie die Beziehungspflege zu unseren Partnern, das Lösen spezieller Anforderungen, die strategische Planung und den Ausbau der Bereiche, fokussieren. Der Mensch bleibt bei uns nach wie vor im Fokus. Das sieht man auch bei jedem Rollout eines neuen Produkts oder Systems: Alles wird sukzessive ausgerollt, das passiert nicht mit einem Big Bang.

medianet:
Spüren Sie bereits konkrete Auswirkungen?
Hintersteiner: Unsere Mitarbeiter vertrauen dem System immer mehr. Die Auslastung hat sich deutlich verbessert, und Leerfahrten wurden merklich reduziert. Damit unter­stützen wir das Wachstum unseres Unternehmens und sorgen als Premium-Anbieter für Full Truck Loads für eine funktionierende Supply Chain, begeistern unsere Partner mit einer Top-Qualität und leisten einen aktiven Beitrag zum Umweltschutz und zur Gesellschaft.

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