Online? Aber sicher!
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SichtweiseWir wollen einkaufen, wann, wo und wie es uns gerade passt. Ehrlichkeit sollte dabei ein ständiger Begleiter sein. Dem ist aber (oft) nicht so.
DOSSIERS Redaktion 25.03.2022

Online? Aber sicher!

Die gute Nachricht: Der Umsatz im heimischen eCommerce steigt. Die schlechte: Betrüger werden mehr und die verursachten Schäden höher.

Schon die zunehmende Digitalisierung hat unser aller Einkaufsverhalten maßgeblich verändert. Dann kam noch Corona mit all seinen Unbillen dazu. Diese Gemengelage ließ den Online-Handel schon 2020 um 17% ansteigen, 2021 um 20% – eCommerce boomt. Laut Handelsverband und Wirtschaftsforschungsinstitut (­Wifo) werden bereits mehr als 90% der Distanzhandelsausgaben online getätigt.

„Die österreichischen Distanzhandelsausgaben werden vom eCommerce dominiert und erreichen 2021 mit 10,4 Mrd. Euro einen neuen Rekordwert. Von 9,6 Mrd. Euro Onlineumsatz entfallen bereits 2 Mrd. auf den Mobile Commerce – mit einem massiven Zuwachs von 67 Prozent”, sagt Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands.
So weit, so erfreulich, jetzt kommt das „Aber”: Mit steigendem Umsatz wächst auch das Risiko für Betrug, auch das ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.

Grund zur Vorsicht

Aus der vom Handelsverband in Kooperation mit dem Innenministerium durchgeführten Sicherheitsstudie 2021 geht hervor, dass weit mehr als die Hälfte der heimischen Onlinehändler bereits Opfer von Betrug im Netz war, ein knappes Viertel auch schon mehrmals.

Ein besonders im Vergleich zu 2020 beunruhigendes Szenario; damals waren „nur” 46% Betrügern aufgesessen, 13% mehrfach – 2021 waren es 62%, 24% mehrfach.
Kurioses Detail der Sicherheitsstudie: Ein Prozent der heimischen Onlinehändler weiß überhaupt nicht, ob sie im Rahmen ihrer Tätigkeit Opfer von Netzbetrügereien wurden.
Immerhin sind 84% an weiterführenden Informationen zum Thema „Sicherheit im Onlinehandel” interessiert.
Die Gegenüberstellung der verursachten Schadenssummen 2021 zum Jahr davor lässt selbst Hartgesottene schaudern: 2020 war die Mehrheit der Geschädigten noch im Bereich „unter 500 €” angesiedelt, 2021 ist sie erst im Bereich „unter 10.000 €” zu finden.

Häufigste Formen

Auch bei den Betrugsformen gab es eine Umstellung im „Klassement”. Mit 42% standen 2020 falsche Namens- oder Adressangaben ganz oben bei den Betrugsformen, 2021 zeigt sich perfider: Das Abstreiten des Erhalts der Ware kommt auf traurige 63%.

Zu den weiteren gängigsten Betrugsformen zählen, wieder, falsche Namens- oder Adressangaben (55%), in 50% der Fälle wird mit dem Wissen bestellt, dass die Rechnung nicht beglichen werden kann. Bei 48% hat ein Betrug im Zusammenhang mit Retouren stattgefunden. Aber auch die Angabe der Identität einer anderen Person und die Angabe gestohlener Zahlungsdaten, etwa Kreditkartendaten, kommen mit jeweils 43% häufig vor.

Nötige Schutzmaßnahmen

Immerhin haben mehr als drei Viertel der heimischen Onlinehändler konkrete Maßnahmen oder einen Mix dieser Maßnahmen zum Schutz vor Onlinebetrug in Verwendung.

Die meisten (55%) schränken ihr Risiko durch sichere Zahlungsoptionen ein und bieten z.B. keinen Kauf auf Rechnung an. 43% nutzen eine Identitätsprüfung, 36% führen eine eigene Datenbank mit kritischen Adressen, auch „Hotlist” genannt, 33% vertrauen auf eine Bonitätsprüfung, und ein Viertel hat Betrugsvermeidungssoftware im Einsatz. Etwas mehr als ein Viertel fokussiert auf die Liefer­optionen und lässt etwa keine Lieferung ins Ausland zu.

19% hat nichts dergleichen in Verwendung, ist aber an Präventionsmaßnahmen interessiert.

Alleine vs. Unterstützung

Wann sich Österreichs Onlinehändler Gedanken zur Implementierung geeigneter Maßnahmen zur Betrugsvermeidung machen? Die Mehrzahl erfreulicherweise bereits vor Erstellung ihres Onlineshops, 27% erst nachher.

Für 12% reichte ein einmaliger Betrugsfall zur Einführung von Sicherheitsmaßnahmen, 13% lernten es auf die harte Tour und mussten leider öfter Opfer von Online-Betrug werden, bevor sie sich mit dem Thema auseinandersetzten.
18% wähnen sich auf der Insel der Seligen und machen sich keine Gedanken über Präventivmaßnahmen.

Beliebte Geldflüsse

Das mag mit den angeboten Zahlungsmethoden beim Check-out zu tun haben. 64% setzen auf Vorkasse und liefern erst, wenn der Rechnungsbetrag am Konto eingegangen ist. 85% lagern überhaupt aus und vertrauen auf PayPal bei der Zahlungsabwicklung.

Des österreichischen Onlinehändlers am liebsten angebotenes Zahlungsmittel ist mit 87% die Kreditkarte. Kaum genutzt wird Instant Payment, die ­SEPA-Echtzeitüberweisung – nur ein Prozent bieten sie an. Vor ein paar Jahren als großer Wurf im Zahlungsverkehr gepriesen, kann sie sich nicht recht durchsetzen, was an den teils horrenden Kosten pro Überweisung liegen kann oder auch nur daran, dass nicht alle Banken daran teilnehmen.
Noch immer beliebt ist der Kauf auf Rechnung, 50% gewähren ihn. Und wer ihn gewährt, der kombiniert ihn zumeist mit einer Bonitätsprüfung, sei es von einem Anbieter oder von einem Payment Service Provider. 14% vertrauen ihrer Kundschaft blind und lassen eine Bonitätsprüfung bleiben.

Bist du wirklich du?

Die Bedeutung der Eindeutigkeit von Kundendaten, also die „Echtheit” der Kunden, wird im ständig wachsenden eCommerce immer größer. Ganzen 91% ist eine verlässliche Authentifizierung/Identifizierung ihrer Kunden in ihrem Online-Geschäft sehr wichtig oder wichtig. Die Identität der Onlineshopper wird auch von den meisten Händlern (70%) überprüft, entweder bei Neukunden, je nach Warenkorbhöhe oder generell, weil es das Gesetz so vorschreibt.

Bei den dazugehörigen Dienstleistern liefern sich CRIF mit 37% und der Kreditschutzverband KSV mit 35% ein Kopf-an-Kopf-Rennen.

Dein Freund und Helfer

Und wenn’s doch passieren würde? Was machen unsere Onlinehändler dann? Anzeigen oder nicht? Mehr als drei Viertel gingen sofort zur Polizei, sieben Prozent wären überraschenderweise nicht auf die Idee gekommen, den Betrug zur Anzeige zu bringen. Der Rest sieht für sich selber keine Vorteile oder nur Nachteile und lässt etwaige ­Betrüger lieber weiterhin Schaden anrichten – zum Schaden aller.

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