Tradition erhalten, mit Klischees brechen
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Maria Pöll
DOSSIERS Redaktion 17.05.2024

Tradition erhalten, mit Klischees brechen

Bereits seit zehn Jahren ist Maria Pöll Nah&Frisch Kauffrau in Rastenfeld. In der Waldviertler Ferienregion hält sie Nahversorgung am Leben.

RASTENFELD. Im Sommer, da kommen die Touristen. Rastenfeld liegt mitten im Ausflugsgebiet zwischen Ottensteiner und Dobrastausee. Maria Pöll kommt aus der Gegend, 2014 übernahm sie den Nah&Frisch Markt. Damals noch in einem viel zu kleinen und nicht mehr ganz zeitgemäßen Verkaufslokal. 2019 eröffnete der neue Lebensmittelmarkt, 240 Quadratmeter, er spielt alle Stück’l. Das bringt die Kauffrau durch die umsatzschwächeren Wintermonate. Denn während es den Nah&Frisch noch gibt, haben viele Wirtshäuser in der Umgebung zugesperrt. Nahversorgung – das ist weitaus mehr, als nur die Möglichkeit, Milch und Brot kaufen zu können.

Herzensangelegenheit

„Ich habe vorher über 30 Jahre in der Gastronomie gearbeitet. Dienstleistung und soziale Verantwortung sind für mich sehr wichtig”, erklärt sie. Als sich die Chance ergab, den Nah&Frisch zu übernehmen, schlug Pöll zu. „Ich bin aus der Gemeinde, über den Markt hinausgehend wollte ich auch unbedingt einen Treffpunkt haben, damit im Ort die Kommunikation erhalten bleibt. Wenn man nicht mehr miteinander spricht, steuert man auf eine furchtbare Zeit zu”, sagt sie weiter. Dem neuen Markt angeschlossen ist auch ein Café, das sich in kurzer Zeit zu einem beliebten Treffpunkt entwickelt hat. Aufgrund der steigenden Arbeitsbelastung wurde dieses Herzensprojekt vor einiger Zeit in neue Betreiberhände gegeben. Damit der Markt weiterhin funktioniert, gibt sie quasi alles.

Das Angebot ist mehr als umfangreich. „Wir beliefern die Firmen mit Jausen- und Seminarverpflegung, sperren um 6:30 Uhr auf, damit die Arbeiter, die Richtung Zwettl, Gmünd, Horn oder Krems fahren, sich schon verköstigen können”, beginnt sie aufzuzählen. Es gibt frisches Brot und Gebäck, Mehlspeisen, ein großes „aus’m Dorf”-Regal sowie ein sehr großes Bioangebot. Pöll arbeitet auch mit regionalen Produzenten zusammen, Landwirten, Direktvermarktern, Winzern und Hobbykünstlern. Doch das ist längst nicht alles. Neben Putzereiannahme kooperiert sie auch mit einer Gärtnerei, veranstaltet zweimal im Jahr einen Blumenmarkt. Darüber hinaus können sich die Urlauber am nahe gelegenen Campingplatz im Sommer mit frischem Frühstücksgebäck per Lieferung verwöhnen lassen.

Kommt’s her

Ebenso wird die Hauszustellung auch im Gemeindegebiet angeboten und das passt zu einem ihrer weiteren Gedanken: „Der Prophet zählt bei einigen im eigenen Land nicht viel. Sobald die ersten Touristen kommen, hören wir, wie toll und freundlich unser Geschäft ist. Auch von der Bevölkerung wird der Markt gerne frequentiert, wofür wir sehr dankbar sind.” Wenngleich hier noch Luft nach oben ist.

Denn das Image ist ja manchmal leider noch immer, dass der Nahversorger im Ort ein kleines, altes Geschäft ist mit überteuerten Waren, die eventuell abgelaufen sind. Das ärgert sie: „Dagegen wehre ich mich. Das ist schlichtweg falsch. Wir sind mit den großen Mitbewerbern durchaus konkurrenzfähig, bieten viele tolle Aktionen und haben ein breit gefächertes Angebot an Dienstleistung anzubieten – von der persönlichen Bedienung und Beratung durch die Kauffrau und den Mitarbeitern ganz abgesehen. Leider haben hier noch manche Menschen ein Klischee im Denken.” Pöll und ihr Team bieten an sieben Tagen die Woche ein modernes Einkaufserlebnis, einen Treffpunkt für die dörfliche Kommunikation. Nun müssen aber auch die Leute regelmäßig kommen. In der Nähe sperrte neulich ein Nahversorger zu. Nun kommen die Menschen zu ihr. Schwierig: „Man muss heutzutage mobil sein, um einen Liter Milch zu bekommen oder ein Kilo Brot. Das ist eine Thematik, die noch sehr tragend werden wird, speziell am Land.” Tradition im Bereich Dienstleistung und Verkauf schließt Innovation nicht aus. Man kann ein im Ort verankertes Unternehmen trotzdem modern und persönlich führen, mit der Aufgabe, den Gemeindebürgern einen Treffpunkt zu bieten, damit die dörfliche Kommunikation nicht ausstirbt.
Gefordert sind hier natürlich auch die Gemeinden. Denn funktionierende Nahversorgung bedeutet im ländlichen Bereich Lebensqualität; Tradition, gepaart mit Innovation, sind Eckpfeiler dafür.

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